Ein elektrische Exoskelett im Radsport-Einsatz? Das Hypershell X Ultra im Test

Wird so jedes Rad zum E-Bike?
Das Hypershell-X-Ultra-Exoskelett im Test

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ArtikeldatumVeröffentlicht am 18.12.2025
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Jedes Bio-Bike im Handumdrehen zu einem E-Bike machen? Wählbare, kraftvolle Unterstützung bei weniger als drei Kilogramm zusätzlichem Körpergewicht? Auch wenn die chinesische Firma Hypershell E-Bikes nicht direkt den Kampf ansagt, wirkt die Technologie wie ein spannendes Konzept für den elektrifizierten Radsport. Ziel ist es, die körperliche Ermüdung zu reduzieren und mehr Leistung bereitzustellen. Hypershell bietet mit seinen Exoskeletten verschiedene Modelle für Outdoorsportler an. Der Einsatzbereich dieser neuartigen, derzeit noch eher als Nischentechnologie einzustufenden Systeme reicht vom Wandern bis hin zum Radsport.

Exoskelette sind vielen bereits aus Action- oder Science-Fiction-Filmen bekannt. Dabei handelt es sich um außen am Körper getragene Strukturen und Assistenzsysteme, die die körperliche Leistungsfähigkeit unterstützen. Sprünge über ganze Gebäude, wie sie in manchen Hollywood-Produktionen gezeigt werden, bleiben selbstverständlich reine Fantasie. Dennoch können solche Systeme im realen Einsatz eine spürbare Unterstützung bieten. Bei Mountainbikern und vielen anderen Outdoorsportlern sind insbesondere die Oberschenkelmuskeln stark belastet. Entsprechend wurde das Modell X Ultra für den Bereich zwischen Hüfte und Knie konzipiert und unterstützt die Schenkelmuskulatur mithilfe von zwei Motoren.

Kurz & knapp: Hypershell X Ultra

  • Elektrisches Exoskelett zur Unterstützung der Beinmuskulatur
  • M-One-Ultra-Exoskelett-Motorsystem mit 1.000 Watt
  • Vier Betriebsmodi: Transparent, Eco, Hyper, Fitness
  • Zwölf Einsatzmodi: Radfahren+, Laufen+, Düne, Schnee, Treppe abwärts, Abfahrt, Schotter, Berg, Power Walking, Bergauf, Treppe aufwärts, Gehen
  • Zwei Akkus inklusive
  • Geschwindigkeitsunterstützung bis 25 km/h
  • Preis: 1.999 Euro
  • Gewicht: 2.597 Gramm (inklusive eines Akkus)

Einrichtung und Bedienung: App, Knopf und Automatik

Das Hypershell X Ultra wird in einem eigenen Koffer geliefert. Zum Lieferumfang gehören zwei Akkus, ein USB-C-Kabel, eine Anleitung sowie eine Garantiekarte. Die Anleitung ist leicht verständlich, dennoch ist für den Betrieb des Exoskeletts eine App erforderlich. Diese führt den Nutzer bei der Kopplung von App und Exoskelett Schritt für Schritt durch den Prozess und erklärt die Bedienung mithilfe kurzer Videos.

Die Unterstützungsstufen lassen sich entweder direkt über die App oder am Exoskelett selbst auswählen. Letzteres erfordert allerdings etwas Eingewöhnung: Am Motor des rechten Beins befindet sich nur ein einzelner Druckknopf. Entsprechend muss man sich unterschiedliche Druckfolgen aneignen und merken, um den gewünschten Modus und die passende Unterstützung zu aktivieren. Praktisch ist jedoch, dass das Exoskelett automatisch erkennt, welcher sportspezifische Modus gerade sinnvoll ist, sodass der Knopf nicht permanent genutzt werden muss.

Das Anlegen des Systems gelingt intuitiv. Hüftweite und Befestigungsschlaufen an den Beinen lassen sich individuell anpassen, wodurch das Hypershell X Ultra sehr bequem sitzt. Die Einheitsgröße reichte im Test zumindest für alle Tester aus. 2.000 Euro für das Topmodell des Exoskeletts sind kein Schnäppchen, bewegen sich jedoch auf dem Niveau des aktuellen Marktes. Das günstigere, aber auch etwas leistungsschwächere Modell X Go ist bereits ab 999 Euro erhältlich.

Transparent- und Fitness-Modus: Mitrollen oder gezielt trainieren

Wird das Exoskelett über einen kurzen, gefolgt von einem langen Tastendruck aktiviert, startet das Hypershell X Ultra im Transparent-Modus. Die LEDs neben dem Druckknopf leuchten dabei blau. In diesem Modus sind die beiden M-One-Ultra-Motoren inaktiv, es erfolgt keinerlei Unterstützung der Bewegung. Überraschend ist, wie unauffällig sich die Konstruktion dennoch mitbewegt: Selbst beim Radfahren mit leerem Akku störte das Exoskelett kaum.

Wer das Hypershell X Ultra nicht nur zur Entlastung, sondern gezielt zum Training einsetzen möchte, kann in der App den Fitness-Modus aktivieren. In diesem Modus erschweren die Motoren die Beinbewegung – abhängig von der gewählten Prozentstufe. Die Bewegungen fühlen sich deutlich schwerer und langsamer an, fast so, als würde man Bleischuhe tragen. Auf diese Weise lassen sich selbst alltägliche Bewegungen effektiv in ein Training verwandeln.

Eco- und Hyper-Modus: Von dezent bis überraschend kraftvoll

Die wohl interessantesten Modi sind Eco und Hyper. Dabei bewegt das Skelett die Beine nach Erkennung der Bewegung im individuellen Geh- oder Pedalierrhythmus mit und überträgt mithilfe der am Oberschenkel befestigten Carbonstäbe eine Kraft auf das Bein. Im Eco-Modus ist die Kraft noch fein, aber dennoch sogar in der geringsten Unterstützungsstufe spürbar. Über den Knopf kann man die Unterstützung durch einen Dreifachklick oder einen Doppelklick senken beziehungsweise steigern. Die maximale Stufe, Hyper-Modus und vierte Unterstützungsstufe, unterstützt äußerst kraftvoll. Hier fühlt sich das Exoskelett wirklich unnatürlich an, so kraftvoll werden die Beine bewegt. Außerdem erfordert es etwas Kraft, das Pedalieren wieder zu beenden, da das Hypershell den bisherigen Rhythmus fortführen möchte und einen Augenblick Reaktionszeit benötigt, um die Unterstützung zu beenden.

Akkuleistung im Test: Mehr Reichweite als erwartet

Im Test fällt die Akkuleistung – gemessen an der kompakten Größe des aufgesteckten Akkus – überraschend positiv aus. Die 13 Kilometer über verschiedene Trails inklusive 300 Höhenmetern Anstieg auf dem Weg in die Redaktion absolvierte das Hypershell X Ultra selbst in der höchsten Unterstützungsstufe mühelos. Bei der Ankunft waren noch 60 Prozent Akkukapazität vorhanden.

Doch auch ein leerer Akku ist kein Grund zur Sorge. Die Akkus passen problemlos in einen Hip-Bag oder Rucksack und lassen sich schnell und unkompliziert tauschen. Geladen wird entweder per USB-C-Anschluss direkt am Exoskelett oder über einen Ladehub für bis zu vier Akkus. Letzterer gehört allerdings nicht zum Lieferumfang und schlägt mit 69 Euro zusätzlich zu Buche.

Fahreindruck auf dem MTB – lohnt sich das wirklich?

Das erste Testfazit lässt sich auf einen Satz reduzieren: "Wow, das ist ungewohnt – aber irgendwie macht es Spaß." Beim Abwärtspedalieren werden die Beine spürbar auf die Pedale gedrückt, beim Hochziehen hebt das Exoskelett sie aktiv an. Touren fühlen sich dadurch tatsächlich entspannter an – ein klassisches Bio-Bike fährt sich plötzlich ähnlich wie ein Light-Assist-Rad im Tour-Modus.

Diese Einschätzung macht allerdings auch deutlich: Die versprochenen 1.000 Watt Spitzenleistung der Motoren fühlen sich nicht mit der Leistungsentfaltung eines Avinox-Motorsystems an aktuellen E-MTBs vergleichbar an. Für den oft zitierten Uphill-Flow reicht die Unterstützung nicht aus. Hinzu kommt, dass das System stets einen gewissen Vorlauf benötigt und nicht unmittelbar einsetzt.

Auf langen Anstiegen über Schotterwege erweist sich das Hypershell X Ultra als echte Hilfe. In technischen, verblockten Uphill-Passagen hingegen ist der Vorteil kaum spürbar – im Gegenteil: Es kann sogar ein leichtes Unsicherheitsgefühl entstehen, da nicht immer klar ist, wann und wie stark das System unterstützt. Nach dem Ende längerer Pedalierphasen ist zudem etwas Kraft nötig, um gegenzuhalten, damit das Exoskelett die Beine nicht weiter in Bewegung hält. Anfangs wirkt das störend, im Dauereinsatz gewöhnt man sich jedoch schnell daran.

Im Downhill präsentiert sich das System überraschend unauffällig. Es gibt keine ungewollten Bewegungsimpulse und auch das zusätzliche Gewicht fällt kaum ins Gewicht. Lediglich sehr aktive Fahrer könnten einen leichten Widerstand verspüren, wenn sie die Hüfte vor Kurven stark eindrehen. Auch daran lässt sich jedoch rasch gewöhnen.

Ersetzen Exoskelette irgendwann das E-MTB?

Kurz gesagt: Nein, voraussichtlich nicht. Auch wenn Exoskelette bei langen Tretpassagen durchaus unterstützen können, haben sie einen entscheidenden Nachteil. Die Kraft wird weiterhin direkt aus den Beinen auf die Kette übertragen. Zwar gibt es einen gewissen Nachlauf, der der Sensorverzögerung geschuldet ist, dieser bewegt jedoch zwangsläufig auch das Pedal nach unten. In ungünstigen Momenten kann das dazu führen, dass man unsicher auf dem Pedal steht.

Beim E-MTB verhält sich das anders: Hier bewegt der Nachlauf des Motors lediglich das Kettenblatt, während die Kurbeln waagerecht bleiben können. Das sorgt dafür, dass man auf dem Trail mehr Kontrolle behält.

Auch optisch müssten Exoskelette noch einen deutlichen Schritt machen – oder wir Mountainbikende unser Stilbewusstsein grundlegend anpassen. Besonders stylisch ist das Hypershell X Ultra derzeit nicht. Einen klaren Vorteil gegenüber dem E-MTB hat das Konzept jedoch: Man kann sein geliebtes Bio-Bike weiterfahren und muss trotzdem nicht auf Motorunterstützung verzichten.

 sanfte Unterstützung

 weniger Ermüdung

 leistet Unterstützung an jedem Bike, ohne großes Zusatzgewicht

 Keine Entlastung der Gelenke

 benötigt Gegendruck, um die Unterstützung zu überwinden

 gewöhnungsbedürftige Optik

Fazit