Aerodynamische Laufräder erfreuen sich großer Beliebtheit – nicht zuletzt aufgrund der sexy Optik von Hochprofilfelgen. Da oft Carbonfelgen zum Einsatz kommen, um das Gewicht zu drücken, sind Aero-Laufräder nicht selten aber auch recht teuer – Preise über 1000 Euro sind eher die Regel als die Ausnahme, nach oben ist wie immer keine Grenze. Laufradhersteller DT Swiss verspricht nun "Aerodynamik für alle" – und bringt eine neue Kollektion an Aero-Laufrädern mit Aluminiumfelgen auf den Markt. Kostenpunkt: maximal 599 Euro.

Insgesamt vier Laufradsätze mit den neuen Aero-Felgen aus Aluminium bietet DT Swiss ab sofort an, im Bild die E 1800 Spline 30 mit 22 Millimeter Maulweite, die 429 Euro kosten.
Insgesamt vier Laufradsätze sind ab sofort erhältlich, deren Alu-Felgen DT Swiss in Kooperation mit den Aerodynamik-Experten von Swiss Side entwickelt hat. Neben den aerodynamisch optimierten Felgenprofilen mit 30 Millimeter hohem UV-Profil (oben bauchig, unten etwas spitzer zulaufend), sollen innen liegende Nippel und Messerspeichen Luftverwirbelungen reduzieren.

Die Aerodynamik-Experten von Swiss Side, mit denen DT Swiss seit Jahren bei der aerodynamischen Entwicklung von Produkten - bislang den Carbon-Laufrädern - zusammenarbeitet, waren auch bei den Aluminium-Felgen mit an Bord.
Die vier Modelle basieren auf zwei neuen Aero-Felgen aus Aluminium, die jeweils auch separat für Individual-Aufbauten erhältlich sind: die A 510-Felge mit 20 Millimetern Maulweite für Straßen-Laufräder und die E 550-Felge mit 22 Millimetern Maulweite für Endurance-, Cross- oder Gravel-Laufräder. Beide Felgen sind für je 44,90 Euro/Stück zu haben.
Die mit diesen Felgen aufgebauten Laufräder im Überblick:
- AR 1600 Spline 30 mit 20 mm Maulweite, DT Swiss 350-Nabe neuester Generation, ASTM-Klasse 1 ("nur" Straße), maximales Systemgewicht 110 kg, Gewicht: 1703 g (Herstellerangabe)/ 1765 g (ROADBIKE-Messung), Preis: 599 Euro
- A 1800 Spline 30 mit 20 mm Maulweite, DT Swiss 370-Nabe neuester Generation, ASTM-Klasse 1 ("nur" Straße), maximales Systemgewicht 110 kg, Gewicht: 1766 g (Herstellerangabe), Preis: 429 Euro
- ER 1600 Spline 30 mit 22 mm Maulweite, DT Swiss 350-Nabe neuester Generation, ASTM-Klasse 2 (Straße und unbefestigter Untergrund, leichte Sprünge bis 15 cm), maximales Systemgewicht 130 kg, Gewicht: 1803 g (Herstellerangabe), Preis: 599 Euro
- E 1800 Spline 30 mit 22 mm Maulweite, DT Swiss 370-Nabe neuester Generation, ASTM-Klasse 2 (Straße und unbefestigter Untergrund, leichte Sprünge bis 15 cm), maximales Systemgewicht 130 kg, Gewicht: 1837 g (Herstellerangabe), Preis: 429 Euro

Die günstigeren Modelle A 1800 und E 1800 kommen mit der DT Swiss 370-Nabe.
Erster Test: DT Swiss AR 1600 Spline 30
Im ersten Praxistest über knapp fünfhundert Kilometer zeigen die AR 1600 Spline 30 das Dilemma, das Aero-Laufräder mit Aluminiumfelgen systembedingt mit sich bringen: Den attraktiven Preis erkauft man sich mit Abstrichen beim Gewicht – und dieses zahlt stärker unmittelbar spürbar auf das Fahrerlebnis ein als aerodynamische Gewinne.
Doch der Reihe nach. Die AR 1600 Spline 30 sind zunächst einmal grundsolide Laufräder für viele zehntausende Kilometer. Die erst Anfang diesen Jahres runderneuerten 350-Naben machen potenziell ohne mit der Wimper zu zucken eine Weltumrundung mit – einfache, werkzeugfreie Wartung, 36-Zähne-Zahnscheibenfreilauf, blitzschnell getauschter Freilauf, bewährte, lang- und leichtlaufende Lager. Sprich: eine sehr gute Basis für haltbare Laufräder. Gleiches gilt für die je 24 aero comp II Straightpull-Speichen sowie die in der Felge versteckten ProLock-Speichennippel, mit denen die AR 1600 aufgebaut sind.

Die DT Swiss AR 1600 Spline 30 eingebaut im Specialized Allez Sprint von ROADBIKE-Redakteur Moritz Pfeiffer.
Apropos aufgebaut: Der Aufbau des Test-Laufradsatzes ist einwandfrei ohne Seiten- und Höhenschlag, die Laufräder stehen mittig zentriert. Die Speichenspannung ist hoch, die Seitensteifigkeit ebenfalls, entsprechend präzise ist die Lenkung. Dank der "nur" 30 Millimeter hohen Felgen ist Seitenwind, auch in Böen, überhaupt kein Problem: Anders als so manche Aero-Laufräder, bei denen Wind große Unruhe ins Fahrwerk bringt, ziehen die AR 1600 Spline 30 gänzlich unbeirrt ihre Bahn, auch im Renntempo sowie bei Abfahrten mit Geschwindigkeiten jenseits der 60 km/h bleibt das Vorderrad jederzeit stabil, die Lenkung vorhersehbar, die Fahrsicherheit hoch. Wer hohe Aero-Laufräder bislang vor allem wegen der mitunter unangenehmen Nebeneffekte hoher Carbonfelgen gemieden hat, findet angesichts der hohen Fahrsicherheit womöglich in den AR 1600 Spline 30 die perfekten Begleiter.
Wie angedeutet ist das Gewicht die größte Bürde, die das Set trägt. Zum Vergleich: Beim Test von Alu-Laufradsätzen in ROADBIKE 09/23 riss "nur" ein Kandidat knapp die 1700-Gramm-Marke, alle anderen, obwohl mitunter sogar mit höherer Felge ausgestattet, blieben darunter und erreichten teilweise sogar Set-Gewichte um 1500 Gramm. Auch Carbon-Laufräder wiegen natürlich in der Regel weniger – allerdings zum höheren Preis.

In den AR 1600- bzw. ER 1600-Modellen drehen sich bewährte DT Swiss 350-Naben.
Bergauf, aber auch bei Antritten ist es aber nun mal deutlich stärker spürbar, wenn sich Mehrgewicht an der rotierenden Masse der Laufräder versteckt, als wenn etwa der Rahmen oder die Anbauteile etwas mehr wiegen. So ist es auch bei den AR 1600 Spline 30: Sie rollen gut, halten das Tempo und lenken, wie beschrieben, sicher und präzise – allein bei Beschleunigungen und Kletterpartien bremst das Gewicht etwas. Dessen sollte man sich bewusst sein, auch wenn man sich mit der Zeit an alles gewöhnt und/oder nicht ständig zwischen verschiedenen Laufradsätzen hin und herwechselt.
Bleibt die Frage, ob die neuen Aero-Laufräder von DT Swiss tatsächlich schneller machen. In Ermangelung eines eigenen Windkanaltests mit just diesem Produkt können wir das, Stand heute, nicht seriös beurteilen. DT Swiss nimmt für sich in Anspruch, mit den AR 1600 Spline 30 schneller zu sein als Konkurrenzprodukte (15,2 Watt), nennt allerdings keine weiteren Messwerte.

Was Windkanal-Messwerte angeht, hält sich DT Swiss zurück und verweist "nur" darauf, dass die AR 1600 Spline 30 mit ihren 15,2 Watt aerodynamischer sein sollen als Konkurrenzprodukte (deren Werte DT nicht nennt). Wie sich unterschiedliche Maulweiten und Reifenbreiten auf die Aero-Performance im Windkanal auswirken, zeigt dieses Schaubild.
Um den Impact von Aero-Laufrädern dennoch einzuordnen: In früheren Windkanaltests von ROADBIKE war eine 21-mm-Felge bei 45 km/h fünf Watt langsamer als eine 40-mm-Felge beziehungsweise elf Watt langsamer als ein 62-mm-Aero-Laufrad (vergleiche ROADBIKE 07/20). Wohlwissend, dass es sich nur um eine grobe Orientierung handelt, dürfte die 30-mm-Alu-Felge der neuen AR 1600 Spline 30 dementsprechend gegenüber einer flachen Standard-Felge zwischen zwei und vier Watt Ersparnis bringen, aber um die sieben Watt langsamer sein als ein reinrassiges Aero-Laufrad. Zur Orientierung: Sieben Watt bedeuten auf einer 100 Kilometer langen Strecke mit 1500 Höhenmeter bei 200 Watt Durchschnittsleistung einen Zeitunterschied von 56 Sekunden.
Lange Rede, kurzer Sinn: Da Aero-Laufräder mit hohen Carbonfelgen zwar leichter und aerodynamischer, oft aber auch deutlich teurer sind, verschieben die preislich attraktiven AR 1600 Spline 30 den Faktor investierter-Euro-pro-gesparte-Watt in die richtige Richtung. Insgesamt bieten sie einen guten Kompromiss aus bestmöglicher Aerodynamik, vertretbarem Gewicht und attraktivem Preis-Leistungs-Verhältnis und sind auch losgelöst vom Aero-Aspekt sehr gut gebaute, solide Laufräder. Den größten Impact in punkto Aerodynamik machen jedoch grundsätzlich nicht die Laufräder, sondern andere Faktoren. Und wem es in erster Linie um maximalen Fahrspaß geht, sollte in punkto Laufräder womöglich eher in Richtung niedriges Gewicht schielen.

Die DT AR 1600 Spline 30 bieten einen guten Kompromiss aus bestmöglicher Aerodynamik, vertretbarem Gewicht und attraktivem Preis-Leistungs-Verhältnis und sind auch losgelöst vom Aero-Aspekt sehr gut gebaute, solide Laufräder.