Bei modernen Fully-Geometrien ist es nicht einfach, die passende Größe zu finden. So hilft die früher nützliche Sitzrohrlänge höchstens bei einem Hardtail. Stattdessen tauchen neue Begriffe wie "Reach" oder "Stack" auf – zwei Maße, die eigentlich aus dem Downhill-Sport stammen und vor allem bei bergablastigen Bikes wichtig sind. MOUNTAINBIKE erklärt, warum:
Reach

Reach (auf Deutsch: Reichweite) und Stack (Höhe) sind Begriffe, die seit einigen Jahren zur Passformanalyse angegeben werden und seitdem stetig an Bedeutung gewinnen. Sie stammen aus dem Downhill-Bereich, um die da ausschlaggebende "Stehposition" zu beurteilen. So bezeichnet der Reach, wie stark/ wenig der Fahrer nach vorne gestreckt ist, wenn er (speziell bergab) im Pedal steht. Der Reach ist abhängig von der Länge des vorderen Rahmendreiecks ab dem Tretlager. Je länger der Reach ist, desto tempofester fährt sich das Bike, desto besser ist der Fahrer ins Rad integriert. Der Trend geht zu sehr langen Reach-Werten: um 440 mm bei Größe-M-Bikes, um 460 mm bei Größe-L Bikes. Einige Hersteller liegen weitere 1–2 cm darüber. Für weniger versierte Bikerfährt sich ein so langes Bike aber meist viel zu sperrig.
Stack

Der Stack zeigt, wie hoch die Front in Relation zum Tretlager ist. Je größer der Wert, desto aufrechter steht man im Bike. Es gilt wie bei der Steuerrohrlänge, dass sich der Stack mittels Spacer/Lenker erhöhen lässt. Obacht: Durch das schräg stehende Steuerrohr verringert sich dann der Reach. Wer also aufrecht und lang im Bike stehen will, braucht hohe
Reach- und Stack-Werte.
Lenkwinkel

Der Lenkwinkel sagt extrem viel über das Handling eines Bikes aus. Je flacher er ist, desto laufruhiger/spurtreuer ist das Bike, je steiler, desto wendiger/agiler. In den letzten Jahren sind die Lenkwinkel über alle Kategorien hinweg viel flacher geworden. Agilität versuchen die Hersteller stattdessen über ein kurzes Heck sowie über in Relation zu früher sehr kurze Vorbauten zu generieren. Teils wird auch mit dem Versatz ("Offset") der Gabel experimentiert. Dabei gilt: Je mehr Versatz, desto weniger Nachlauf, desto mehr Agilität.
Kettenstrebenlänge

Die Kettenstrebe ist nicht für die Passform eines Bikes entscheidend, aber sehr wohl für das Handling. Kurze Streben machen das Bike wendig, agil, drehfreudig. Lange Streben sorgen für mehr Laufruhe – und dafür, dass das Vorderrad im Uphill später steigt. Der Trend geht jedoch, auch durch den vermehrten Wegfall des Umwerfers, zu kurzen Streben.
Steuerrohrlänge

Die Länge des Steuerrohrs beeinflusst maßgeblich den "Stack" , also die Höhe der Front. Je höher, desto aufrechter
sitzt/steht der Biker, je niedriger, desto gedrungener. Grundsätzlich wächst die Steuerrohrlänge mit der Bike-Größe mit. Bikes in Größe S haben meist eine Steuerrohrlänge von unter 100 mm, bei XL-Bikes sind es schon mal 150 mm und mehr.
Oberrohrlänge
Die "effektive", horizontal gemessene Oberrohrlänge sagt aus, ob der Fahrer gestreckt oder eher gedrungen auf dem Bike sitzt(!). Enduro-typisch ist eine zentrale, nicht zu gestreckte Sitzposition. CC-Racer bevorzugen lange Oberrohre.
Sitzrohrlänge

Früher war die Sitzrohrlänge die maßgebliche Größe. Anders gesagt: Bikes wurden nach der Sitzrohrlänge gekauf,so wie es im Rennradsegment teils noch üblich ist. Beim MTB hat der Wert nahezu völlig an Bedeutung verloren, die Sitzhöhe wird primär durch die Sattelstütze eingestellt – auch der Siegeszug langhubiger Vario-Sattelstützen hat die Sitzrohrlänge unwichtig gemacht. In der Regel versuchen die meisten Hersteller, das Sitzrohr nun möglichst kurz zu zeichnen, um den Schwerpunkt niedrig und die Steifgkeit hoch zu bekommen. Dennoch gilt natürlich: Mit wachsender Rahmengröße wächst auch das Sitzrohr mit.
Tretlagerhöhe

Die Tretlagerhöhe ist nicht für die Passform, aber fürs Handling wichtig. Ein tiefes Tretlager senkt den Schwerpunkt, stellt den Fahrer besser ins Bike, bringt so Agilität und Laufruhe. Aber: Je tiefer, desto größer ist die Gefahr, mit dem Pedal auf Steinen oder Wurzeln aufzusetzen. Generell gilt: Je mehr Federweg das Bike hat, desto höher muss das Tretlager sein , damit es nicht bereits beim Einfedern aufsetzt.
Sitzwinkel

Anders als der Lenkwinkel beeinflusst der Sitzwinkel die Passform des Bikes stark. Dabei gilt: Je steiler der effektive siehe Messmethode) Sitzwinkel steht, desto weiter rückt der Fahrer nach vorne. Ein flacher Sitzwinkel bringt hingegen mehr Gewicht aufs Hinterrad. Galten einst 73° als ergonomisch ideal, haben sich die Sitzwinkel inzwischen über alle Kategorien und Bike-Größen hinweg bei 74–75° am Fully eingependelt. Dies erlaubt es in der Regel optimal, den Druck "von oben" aufs Pedal zu bekommen und ergibt auch im steilen Uphill eine ausbalancierte Sitzposition. Einige Hersteller gehen sogar noch weiter und stellen den Winkel auf 76° und steiler – speziell in der Ebene fühlt sich das aber sehr ungewohnt, teils auch unangenehm an.
Radstand
Lenkwinkel, Oberrohr- und Kettenstreben-länge beeinflussen den Rad-stand primär. Auch hier gilt: je länger, desto laufruhiger. Je kürzer, desto wendiger.