Keine neue Top-Gruppe Red und auch nicht der längst überfällige Nachfolger der (noch) mechanischen Einstiegsgruppe Apex – stattdessen präsentierte Sram etwas überraschend mit der neuen Force-Gruppe ein Upgrade der Nummer zwei im hauseigenen Rennrad- und Gravel-Line-up.
Als wichtigste Änderungen nennen die Amerikaner: verbesserte Ergonomie, optimierte Schaltpräzision, markantere Optik und ein klares Bekenntnis zum Leistungsmesser – alle verfügbaren Varianten der Kurbelgarnitur – ob 1- oder 2-fach – sind optional mit Powermeter liefer- oder nachrüstbar. Übrigens: Den Zusatz eTap streicht Sram ab sofort bei neuen Elektro-Gruppen.

Der Umwerfer im Fokus
Die für Rennradfahrer spannendste Frage: Wie gut funktioniert der neue Umwerfer – in der Vergangenheit häufig kritisiert (ROADBIKE Ausgabe 03/23) – im Zusammenspiel mit der ebenfalls neuen 2-fach-Direct-Mount-Kurbel? An der werden die beiden aus einem Stück gefertigten Kettenblätter (ggf. mit integriertem Leistungsmesser) nicht per Spider befestigt, sondern direkt auf die mit dem Kurbelarm verbundene Welle gesteckt. Die Abstufungen entsprechen den mit Einführung der AXS-Gruppen etablierten Kombinationen: 50/37, 48/35 oder 46/33.
Dan Stefiuk, Product Manager Road bei Sram, verspricht für die neue Gruppe :"The best front shifting ever seen in Force", also die bis dato beste Umwerferperformance in der Force-Geschichte. Das reduzierte Gewicht (je nach Konfiguration rund 100 Gramm Ersparnis zum Vorgänger) nennt er als weiteren wichtigen Vorteil des Systems. Um eine möglichst akkurate Erstmontage sicherzustellen, liefert Sram den Umwerfer zudem mit einer neuen Montagehilfe aus, die bei der exakten Ausrichtung des Bauteils wertvolle Dienste leisten soll.

Nachteil der One-Piece-Kettenblatt-Kombi: Bei Verschleiß müssen beide Blätter (ggf. mitsamt dem integrierten Leistungsmesser) getauscht werden. Der Ersatzteilpreis dafür fällt mit 443 Euro zwar eher moderat aus, besonders nachhaltig ist das aber nicht.
Erfreulich dagegen: Für die Powermeter-Upgrades ruft Sram sehr faire Preise auf, die UVPs für die übrigen Komponenten bleiben im Vergleich zur alten Force-Gruppe ebenfalls stabil. Alle Preise und Gewichte findet ihr in der Tabelle, die ein Rennrad-typisches Set-up zeigt.
Force AXS 2023 | Gewicht | Preis |
Kurbel 2 x 48/35 Powermeter | 76 g | 42 Euro |
Brems-/Schalthebel inkl. Bremse und Leitung (Paar) | 812 g | 510 Euro |
Schaltwerk 36 Z/Akku | 303/24 g | 360/63 Euro |
Umwerfer/Akku | 159/24 g | 222/63 Euro |
Kassette 10–33 | 272 g | 200 Euro |
Kette | 277 g | 60 Euro |
Bremsscheiben 160 mm (Paar) | 321 g | 120 Euro |
Komplettgruppe | 3020 g | 2557 € (inkl Ladegerät 52 Euro) |
Darüber hinaus bietet Sram für die neue Force AXS eine Vielzahl an Kurbelvarianten mit 1- und 2-fach-Kettenblättern an. Auch hier gibt’s optional immer eine Variante mit Leistungsmesser. Die bei Gravelbikern beliebte "Wide"-Variante mit 43/30-Abstufung und breiterer Kettenlinie für mehr Reifenfreiheit verzichtet allerdings auf das einteilige Kettenblatt-Duo. Die beiden Blätter werden hier weiterhin mit vier Schrauben an einem Kurbelstern mit 94er-Lochkreis befestigt.

An die Gravel-Community richten sich auch die speziell für den Offroad-Einsatz optimierten XPLR-Komponenten. Das XPLR-Schaltwerk beispielsweise ist auf das Zusammenspiel mit den größeren XPLR-Kassetten (10-36 und 10-44) und einem 1-fach-Ketztenblatt angepasst. Die Kombination einer 1-by-Kurbel mit MTB-Kassetten ist Sram-typisch ebenfalls weiterhin möglich. In einem solchen "Mullet"-Set-up lassen sich dann MTB-AXS-Kassetten mit einer Abstufung bis 10-50 nutzen.

Optisch auffälliger, ergonomisch gefälliger
Neben der auffällig gestalteten Kurbelgarnitur, die wohl nicht zufällig näher an die Red heranrückt, fallen die schlankeren, ergonomisch verbesserten Brems-/Schalthebel ins Auge – und die dezente Glitter-Optik aller Bauteile mit kleinen, in allen Regenbogenfarben schillernden Akzenten. Passend dazu gibt es optional Kassette und Kette im Rainbow-Finish, die bunte Kassette ist allerdings nur in den Abstufungen 10-28 und 10-33 lieferbar und kostet mit 401 Euro rund doppelt so viel wie das Standardmodell.

Bremshebel und Kurbelarme sind wie gehabt aus Carbon, die Griffweite der Hebel ist einstellbar, eine separate Anpassung des Druckpunkts gibt’s dagegen in der aktuellen Generation nicht mehr.
Optisch schlanker präsentieren sich auch Schaltwerk und Umwerfer – trotz der unveränderten Akkus im bekannten Format. Wer mehrere dieser Akkus parallel laden möchte, kann das künftig im neuen 4-fach-Ladegerät, das ab sofort für 145 Euro zu haben ist. Sind nicht alle vier Ladeanschlüsse belegt, fungiert der Mehrfach-Charger sogar als Schnellladegerät.

Die Gruppe arbeitet weiterhin komplett drahtlos – gesteuert wird sie per Funk. Die neu gestalteten Schalttasten lassen sich wie gewohnt individuell per Smartphone-App programmieren, die Form der neuen Force-Lenkerarmaturen erinnert nun stärker an die jüngeren Geschwister der Rival-Gruppe. Der Umwerfer schaltet bei Bedarf automatisiert (sequentielles Schalten). Unter den Abdeckungen der Schalthebel sitzen die bekannten CR-2032-Knopfzellen, die laut Sram "bis zu zwei Jahre" halten sollen.

Neu ist, dass sich nun bis zu sechs Zusatzschalttasten ("Wireless Blips") drahtlos mit der Gruppe koppeln lassen – etwa am Ober-/Unterlenker oder an einem Zeitfahraufsatz. Mehr erlaubt keine andere Gruppe – und auch kein Mitbewerber-Produkt.

Alles bestens im Praxistest
Der erste Eindruck nach ausführlichen Testfahrten im Rahmen der Präsentation: Die neue Force kann was und gibt sich im Praxistest keine Blöße: Die Lenkerarmaturen liegen bestens in der Hand, die Schalttasten sind gut erreichbar, Schaltbefehle werden prompt umgesetzt. Schnell, geschmeidig und im besten Sinne unauffällig wechselt die Kette zwischen den Blättern, der neue Umwerfer erledigte seinen Job auf den Testrunden zur vollsten Zufriedenheit!

Ein ausführlicher Dauertest wird zeigen, ob sich der gute erste Eindruck im Alltag bestätigt. Bislang gab es jedenfalls nix zu meckern. Auch die Bremsen zeigten sich im Zusammenspiel mit 160-mm-Scheiben kräftig zupackend und gut dosierbar. 140er-Discs sind optional ebenfalls lieferbar, Sram empfiehlt die kleineren Scheiben aber nur für erfahrene Piloten und den Wettkampfeinsatz, nicht für die Straßennutzung /den Alltag.
Ältere Sram-Neuheiten:
Neu für 2020: Sram Force Etap AXS Wide mit Bergübersetzung
Force goes Gravel! Für alle Schotterfans bietet Sram seit 2020 eine neue Entwicklungsstufe der kabellosen Force-Etap-AXS-Schaltung an: Die neue Gruppe kommt mit voll hochgebirgstauglicher Übersetzung und mehr Reifenfreiheit am Hinterrad.

Seit einem Jahr ist die elektronische Force-Gruppe auf dem Markt (siehe unten) und an vielen Gravelbikes zu finden. Wer vorn "zweifach" fahren wollte, musste allerdings mit Einschränkungen bei der Reifenbreite leben, denn der Akku des Umwerfers limitierte die Breite des Hinterreifens; schon mit 40-mm-Gravelreifen konnte es eng werden. Die neue Force Etap AXS Wide bietet jetzt Platz für bis zu 45 mm breite Reifen in 28 Zoll. Kleinere 650B-Pneus dürfen sogar satte 2,1 Zoll (52 mm) breit bauen.

Mehr Reifenfreiheit und größerer Q-Faktor
Um den Umwerfer weiter nach außen zu bekommen, mussten allerdings auch das Kettenblatt und der Kurbelarm etwas zur Seite rücken. Und damit keine Schlagseite entsteht, wandert auch der linke Kurbelarm etwas weiter nach außen: 2,5 mm auf jeder Seite ergeben einen um 5 mm breiteren Q-Faktor.

Mit den neuen AXS-Gruppen hatte sich Sram schon von klassischen Kettenblattgrößen wie 52/36 und 50/34 verabschiedet. Stattdessen wurden 48/35 (semikompakt) und 46/33 (kompakt) als neue Kombinationen eingeführt. Die neue Force AXS Wide kommt nun mit einem großen 43er-Kettenblatt und einem kleinen Blatt mit 30 Zähnen. Zusammen mit dem 36er-Ritzel reicht das, um auch 20-Prozent-Rampen zu bezwingen.

Erfreulich: Die neuen Komponenten sind mit den bisherigen Force-AXS-Teilen grundsätzlich kompatibel: Wer hinten einen "Rettungsring" benötigt, muss nur Kassette und Schaltwerk austauschen. Wer eine Bergkurbel sucht, nimmt nur den neuen Wide-Umwerfer samt passender Kurbel. Allerdings funktionieren Kurbel und Umwerfer nur zusammen. Und wer die neue 10–36-Kassette möchte, braucht auch das neue Schaltwerk. Damit lassen sich aber auch die bereits bisher lieferbaren 10–33- und 10–28-Kassetten schalten, nur die 10–26-Kassette ist zu klein.

Erster Test der neuen Sram Force Etap AXS Wide
In der Praxis kann die neue "breite" Force voll überzeugen. Auch in steilsten Trails bergauf lässt es sich dank der kleinen Übersetzung noch rund pedalieren. Und die Zweifach- kurbel hilft, große Gangsprünge zu vermeiden. So findet jeder die für ihn passende Trittfrequenz. Auch die Reifenfreiheit ist ordentlich. Schwalbes 40 mm breite G-One Bite haben am Testrad noch ordentlich "Luft" zum Umwerfer-Akku. Der breitere Q-Faktor mag für sehr "Knieempfindliche" etwas Umgewöhnung oder eine Cleat-Anpassung bedeuten, den Testern fiel es aber nicht unangenehm auf.
April 2019: Sram stellt die Force Etap AXS vor
Gerade mal zwei Monate nach der Vorstellung der neuen 12-fach-Gruppe Red Etap AXS legt Sram nach – und bringt erstmals eine elektronische Force auf den Markt. Die übernimmt nahezu alle technischen Lösungen der Red, schaltet kabellos, hat 12 Gänge am Hinterrad und kopiert das neue Übersetzungskonzept von Sram mit kleineren Kettenblättern und 10er-Ritzel, ist aber dank teils anderer Materialen und abweichender Details günstiger. Eine klare Kampfansage an Shimanos Ultegra Di2, die im Bereich der gehobenen Mittelklasse bislang das Monopol an elektronischen Schaltgruppen innehat.
Sram Force Etap AXS: Identische Technologie, günstigere Materialien
Schaltwerk und Umwerfer der neuen Force arbeiten mit den gleichen Motoren und der gleichen Elektronik wie die Red-Pendants, die Hebel bieten dieselbe Ergonomie und Schalttastengröße, allerdings lässt sich bei der Force pro Seite nur ein zusätzlicher Schaltknopf anschließen – hier muss man sich also entscheiden, ob man auch vom Oberlenker oder, zum Beispiel beim Sprinten, im Unterlenker schalten können möchte. Bei der Red geht dank zwei Anschlüssen pro Seite beides. Von der Red übernimmt die Force unverändert oder nur mit marginalen Abweichungen die optisch auffällige Kette, den Flüssigkeitsdämpfer im Schaltwerk, der die Kette straffen und ihre Effizienz erhöhen soll, und das leichte Dub-Innenlager.
Antrieb mit optionaler Leistungsmessung

Die 2-fach-Kurbeln bietet Sram "nur" mit den Kombinationen 48/35 und 46/33 an, die "Profi-Übersetzung" 50/37 bleibt der Red vorbehalten. Alle Kurbeloptionen – ob als 1-fach-, 2-fach- oder 1-fach-Aero-Modell – sind auf Wunsch auch mit Leistungsmessung erhältlich, die Wattwerte werden für beide Beine separat erfasst. Sram verspricht mindestens 200 Stunden Laufzeit dank CR2032-Knopfzellenbatterie, die selbständig und ohne Werkzeug gewechselt werden kann.
Im Gegensatz zum Red-Powermeter bilden Kurbeln und Kettenblätter bei der Force keine Einheit. Vorteil: Beim Verschleiß der Kettenblätter muss nicht das komplette System ausgetauscht werden; Nachteil: 100 statt 36 Gramm Mehrgewicht. Endverbraucher können – im Gegensatz zur Red – vorerst allerdings keine fertige Force-Leistungsmesskurbel ordern, sondern müssen die "normale" Kurbel kaufen (435 Euro) und den separaten Spider mit Powermeter nachrüsten (599 Euro).
Die Kassette mit den auffällig-schwarzen Ritzeln kommt am Stück, ist allerdings nicht – wie bei der Red – aus einem Block gefräst. Verfügbar sind die Abstufungen 10–26, 10–28 und 10–33.
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Erster Fahreindruck

Sehr gut ist der erste Fahreindruck: Wie bei der Red gehen die elektronischen Schaltvorgänge sehr schnell vonstatten – nach subjektivem Eindruck liegen sie auf Augenhöhe mit den kabelgebundenen Systemen Di2 von Shimano und EPS von Campagnolo. Das Übersetzungsspektrum ist breit und entwickelt sich besonders bei den großen Gängen harmonisch dank enger Abstufung, Gangwechsel erfolgen auch unter Last stets geschmeidig. Die Scheibenbremse gibt sich kraftvoll und gut dosierbar. Alternativ gibt es die Force Etap übrigens auch für Felgenbremsen, deren Bremskörper überarbeitet wurde und nun auch Platz für breitere Reifen bis 28 mm lässt.
Manchen Fahrer mag angesichts der kleinen Kettenblätter die Sorge umtreiben, dass bei hohem Tempo die Gänge fehlen. Diese ist nach RB-Eindruck unbegründet: Dank des kleinen 10er-Ritzels am Hinterrad ist das zur Verfügung stehende Gangspektrum sogar größer als bei den bisher bekannten Antriebs-Kombinationen. Allerdings fährt man tatsächlich häufiger als bisher auf dem großen Kettenblatt.
Per App konfigurierbar
Wie bei der Red AXS lässt sich auch für die Force per App programmieren, welche Schalttaste welche Funktion übernehmen soll. Darüber hinaus können optional verschiedene Schaltmodi aktiviert werden. Im "Compensating"-Modus signalisiert der Fahrer per Tastenklick "nur", dass leichter oder schwerer getreten werden soll, und die Schaltung entscheidet aufgrund der Frequenz und Gangwahl selbständig, ob für den gewünschten Schaltschritt hinten am Ritzelpaket geschaltet wird oder ein Kettenblattwechsel mit Ausgleichsschritten am Hinterrad effizienter ist. Im "Sequential"-Modus betätigt der Fahrer den Umwerfer selbst, passt die Trittfrequenz dann aber durch selbständiges Schalten an der Kassette an. Wie viele Ritzel als Ausgleich geschaltet werden können, legt der Fahrer vorher in der App fest.
Nach den ersten Testfahrten fällt das RB-Urteil positiv aus: Ähnlich wie bei Shimanos Di2 sind diese Hilfestellungen der elektronischen Schaltung eine durchaus sinnvolle Option und nicht nur für "Spielkinder" interessant. Die Schaltvorgänge gelingen sauber und geschmeidig, sind allerdings leicht zeitversetzt: Gleichzeitiges Schalten vorne und hinten vermeidet die Schaltung, was sinnvoll ist, aber eine kurze Sekunde des "Leerlaufs" bedeutet.
Gewichte, Preise und Verfügbarkeit

Grundsätzlich gilt: Die Force setzt auf etwas einfachere Materialien, wie z. B. günstigere Carbon-Fasern bei der Kurbel, Stahl statt Aluminium am Umwerferkäfig und massive statt hohle Nieten bei der Kette. In der Summe bedeutet das: höheres Gewicht, dafür günstigerer Preis. Rund 300 Gramm wiegt die Force nach RB-Messung mehr, kostet aber 1000 Euro weniger.
Die neue Gruppe ist ab sofort an Kompletträdern und auch separat erhältlich, wobei es Hebel, Schaltwerk, Umwerfer und Bremsen vorerst nur als Set gibt. Und die ROADBIKE bereits zur Verfügung stehende Testgruppe wird in den kommenden Monaten von verschiedenen Fahrern auf Herz und Nieren getestet.
*RB-Messung mit 172,5mm-Leistungsmesskurbel 48/35, Kassette 10-28, BB30-Dub-Innenlager und Akkus; alle anderen Gewichtsangaben in der Tabelle sind Herstellerangaben.









