Im Rahmen der Präsentation der Super Record X Gravel haben wir mit Davide Campagnolo, CEO der italienischen Edelschmiede aus Vicenza gesprochen. Dabei zeigte sich der Enkel des Firmengründers Tulio Campagnolo erfrischend offen und ehrlich über die Fehler der Vergangenheit – und macht Campa-Fans gleichzeitig Hoffnung auf bald erscheinende, preiswertere Produkte.
Ich muss schonungslos ehrlich sein: Unsere Kunden und Partner haben in den letzten Jahren schlechte Erfahrungen mit uns gemacht. In der Folge sind unsere weltweiten Marktanteile wie auch in Deutschland stark zurückgegangen – Campagnolo findet als Marke zu wenig statt. Vor allem für die zunehmend jüngeren Generationen spielen wir kaum eine Rolle, auch weil wir sehr teure Produkte wie die elektronische 12-fach Super Record im Portfolio hatten, die aus verschiedenen Gründen nicht so gut verkauft hat wie erhofft.
Mit der 12-fach Super Record haben wir den Daumenschalthebel abgeschafft und das Konzept "ein Hebel, eine Aktion" verworfen. Das war im Nachhinein betrachtet der falsche Weg. Der Daumenhebel war beliebt und ein Erkennungsmerkmal von Campagnolo. Das hat die Erwartungen unserer Fans nicht erfüllt. Das Produkt war zwar technisch gut, aber auch sehr teuer. Dieses Feedback haben wir sowohl von Kunden, als auch von den Profiteams erhalten.
"Die Abkehr vom Daumenhebel an der Super Record 12-fach war im Nachhinein betrachtet der falsche Weg."
Davide Campagnolo, CEO von Campagnolo
Als ich die Firma von meinem Vater vor 1,5 Jahren übernommen habe, haben wir alle in den Spiegel geschaut und gesagt: Wir müssen uns verbessern. Vor allem müssen wieder mehr Kompletträder mit Gruppen von Campagnolo im Markt angeboten werden. Denn über 90 Prozent der Kunden kaufen fertig aufgebaute Bikes à la carte – hier müssen wir stattfinden. Aber dazu müssen wir das Vertrauen der Industrie durch bessere Produkte zurückgewinnen.
Wir müssen uns vom Luxus verabschieden. Performance ist stattdessen das Keyword. Wir sind vielleicht nicht mehr relevant, das ist aber auch eine Chance. Mit einem tiefgehenden Line-Up wollen wir wieder relevant werden, damit die Menschen uns wieder bei der Wahl ihrer Gruppe in Erwägung ziehen. Diese Rückgewinnung des Vertrauens ist jedoch ein langer Prozess, das geht nicht über Nacht.
"Wir wollen langfristig das Vertrauen der Industrie und der Kunden durch bessere Produkte zurückgewinnen – weniger Luxus, mehr Perfomance."
Davide Campagnolo, CEO von Campagnolo
Unser Entwicklungsziel war ganz klar: neue Funktionen. Eine davon ist das 13. Ritzel, womit wir speziell für die Straße unter den drei großen Herstellern der Vorreiter sind. Die Gruppen sind alle Wireless, außerdem sind wir zu unserer alten Philosophie "ein Hebel, eine Aktion" zurückgekehrt und haben die Komponenten einfacher gehalten, verwenden weniger unterschiedliche Materialien. So konnten wir den Preis gegenüber der 12-fach-Gruppe reduzieren. Und mit der jüngsten Erweiterung auf die Super Record X Gravel setzen wir auf einen stark wachsenden Markt und investieren so in die Zukunft.
Durch den Abstieg des Team Cofidis sind wir 2026 nicht in der WorldTour vertreten. Das wäre aber wichtig für uns, vor allem für die Produktentwicklung durch das Fahrerfeedback, aber auch die Sichtbarkeit der Marke in den größten Rennen der Welt. Auch hier haben wir in den vergangenen Jahren keinen guten Job gemacht, weshalb die großen Teams mittlerweile von unseren Mitbewerbern ausgerüstet werden. Letztlich ist das Sponsoring aber auch eine Kostenfrage. Ob es nächstes Jahr doch noch irgendwie klappt, weiß ich derzeit noch nicht.
Unsere Mitbewerber haben hier einen sehr guten Job gemacht, vor allem Sram. Meiner Meinung nach brauchen wir drei Produktlevel für elektronische Gruppen. Die oberste Liga wird die Super Record sein. Zudem planen wir ein zweites Level, etwa auf Niveau einer Shimano Ultegra. Aber auch darunter wollen wir eine elektronische Gruppe anbieten. Noch günstiger werden wir aber keine elektronische Gruppe führen. Wir sehen elektronisches Schalten von der Mittelklasse aufwärts, aber nicht auf Einstiegslevel.
"Wir planen ein Line-up mit drei Leveln an elektronischen Gruppen – die Super Record 13-fach steht dabei an der Spitze."
Davide Campagnolo, CEO von Campagnolo
Wäre ich Journalist, würde ich die Frage auch stellen (lacht). Aber ich kann dazu momentan noch nicht mehr sagen als: "Viele Produkte werden in den nächsten Monaten kommen."





