Elektronik am Mountainbike – braucht man das wirklich? Ehrlich gesagt: Nein. Aber es gibt Dinge, die mit einer mechanischen MTB-Schaltung nicht möglich wären. Lesen Sie hier, was MountainBIKE-Redakteur Chris Pauls von der neuen Shimano XTR Di2 hält und ob die Edelschaltung den harten Dauertest-Alltag meistern konnte.
Shimano XTR Di2 im Dauertest – der Überblick
Fahrer: Chris Pauls, 35 Jahre, MountainBIKE-Redakteur
Aktueller Stand: 1589 km und 32743 Hm
Reparatur und Tuning:
- 0 km: Montage der 2 x 11-Shimano-XTR-Gruppe
- 223 km: Demontage des linken Schalthebels, der zum Ansteuern des Umwerfers dient(e)
- 820 km: Im Display und per Pieps-Signal kündigt die XTR an, dass der Akku bald leer ist. Die Steuerung schaltet den Umwerfer, aus Stromspargründen, während der Tour ab
- 860 km: Batterie ist leer. System wird geladen
- 1205 km: Durch kurzzeitigen Laufradwechsel muss die Schaltung neu justiert werden. Hierbei fällt auf, dass sich ohne den linken Schalthebel der Umwerfer nicht justieren lässt
- 1495 km: Montage des elektrischen Fox-Dämpfers iRD, der mit dem XTR-Display und -Akku kombiniert wird
Tops und Flops bislang:
- Positiv: Super schnelles Schalten und übersichtliche Ganganzeige
- Positiv: Vollautomatisches Schalten am Umwerfer
- Negativ: Übersetzungsbandbreite nicht für jedermann
- Negativ: Mit über 2000 Euro sehr teuer
Montage
Wie montiert man eine elektronische Schaltung am Bike? Flexible Kabel, Akku, Schalter, Display usw., alles wird per Plug and Play verbunden. Die Wahl der Kabellängen sollten Biker jedoch schon vor der Montage bedenken, denn Kürzen ist nicht möglich. Vorteil der Kabel: Sie lassen sich leicht durch den Rahmen fädeln.
Eine kleine Panne gab's dann doch: Der Akku der Dauertestgruppe war mit einer alten Firmware versehen. Somit herrschte erst mal Funkstille. Über den PC ließ sich die Firmware jedoch spielend aktualisieren. Jetzt noch die Feinjustage per Schalthebel, und los geht‘s ...





Praxis
Ziep, ziep, ziiiiep – der Sound der Shimano XTR Di2 macht Lust aufs Schalten! Das Betätigen des Schalthebels fühlt sich dennoch nicht nach Digital und Elektronik an. Denn Shimano hat die Hebel mit einem Klickmechanismus versehen. Pfiffig: Hält man den Schalter gedrückt, schaltet die XTR Di2 durch bis zum letzten Gang. Ob vor dem Anstieg oder nach dem Berg, der Gangwechsel selbst mehrerer Gänge geschieht rasend schnell – das hilft ungemein, um Sekunden im Rennen herauszukitzeln.
Nach kurzer Eingewöhnungszeit hat man sich auch an die Ergonomie der Hebel gewöhnt. Tester Chris Pauls demontierte den linken Hebel, denn: Die Shimano XTR Di2 kommt mit einer Automatik, die, grob gesagt, den Umwerfer selbständig steuert, sobald die Gänge am Schaltwerk nicht mehr ausreichen. Ob auf steilen Trails in der Toskana, am Gardasee oder in heimischen Gefilden, die XTR legte die Gangwechsel auch unter Schwerstbedingungen tadellos hin.
Da Pauls für sein 29er eine 26/36er-Kurbel wählte, waren manche der steilen Trails mit der 11-fach/11-40er-Kassette sehr kräftezehrend. Die erste Akkuladung hielt rund 900 km. Seit Neuestem fährt Pauls jedoch mit elektronischem Fox-Dämpfer, der ebenfalls den XTR-Akku anzapft. Die verkürzte Akkulaufzeit ist aber angesichts der Vorteile hinnehmbar.
Übersetzung
1-fach, 2-fach und 3-fach – all das ist mit der Shimano XTR Di2 möglich. Die Wahl der idealen Übersetzung ist aber vor allem eine Frage des bevorzugten Einsatzbereichs.
Während Mountainbiker mit einer Einfach-Kurbel Gewicht sparen durchs Weglassen weiterer Kettenblätter, des Umwerfers und des Schalthebels und zudem weniger Kettenklemmer hervorrufen, ermöglichen Zwei- und Dreifach-Kurbeln eine größere Übersetzungsbandbreite. Da die Kassette der Shimano XTR Di2 aktuell nur mit 11-40er-Ritzeln erhältlich ist, muss man dem Großteil der Biker von einer Einfach-XTR-Lösung abraten. Erst bei Zweifach bietet die XTR eine passable Abstufung.
Erhältlich sind Kurbeln mit 34/24, 36/26 und 38/28. Die gängigste Kurbel ist sicherlich die 36/26er-Variante, die aber, wie der Praxistest mit einem 29er-Bike zeigte, in steilem Gelände und auf ebener Strecke an ihre Grenzen kommt.
Für den Durchschnittsfahrer ist eine solche Bandbreite zwar noch fahrbar, im Zweifelsfall fehlen aber Reserven beim Uphill oder im Speed. Dies schmerzt gerade die gewichtsbewusste Race-Fraktion, die im Anstieg zu viele Körner lässt und in der Ebene nicht schnell genug fahren kann. Die 2-fach-Varianten sind aktuell die bessere Wahl.
Dreifach-Kurbeln könnten dank der Elektronik eine Renaissance erleben. Warum? Shimanos sogenanntes Synchronized-Shifting erlaubt es, den Umwerfer ganz aus der Gedankenwelt zu streichen. Das System erkennt automatisch, wann es an der Zeit ist, auf ein kleineres oder größeres Kettenblatt zu schalten, und schaltet sogar am Schaltwerk gegen, um zu große Gangsprünge zu vermeiden. Dem Fahrer steht somit die unschlagbar große Bandbreite der Dreifach-XTR-Kurbel mit 40/30/22er-Kettenblättern und elf Gängen am Heck zur Verfügung.
Gewichte im Vergleich

Setup
Über eine intuitiv bedienbare Software lässt sich die Di2 am Windows-PC auf die eigenen Bedürfnisse anpassen. Das untere Bild zeigt die Programmierung der Synchronized-Shifting-Funktion. So ist etwa einstellbar, bei welchem Gangsprung der Umwerfer automatisch schaltet und um wie viele Gänge (bis zu 3) das Schaltwerk gegenschaltet.
Die E-Tube-Software erlaubt es, die Schaltgeschwindigkeit in drei Stufen einzustellen, und liest die genaue Anzahl der Gangwechsel aus. Die Voreinstellungen ab Werk dürften den meisten Fahrern gefallen.


Elektronisches Fahrwerk
Fox bietet in Kombination mit der Di2 die elektronische Verstellung des Fahrwerks iRD an. Über Stellmotoren an Dämpfer und/oder auch in der Gabel kann der Fahrer vom Lenker aus das Fahrwerk anpassen. Die Motoren zapfen den Akku der XTR an und speisen auch das Display. Es zeigt, ob sich das Fahrwerk gerade im Uphill- (straff), im Trail- (teils offen) oder im Downhill-Modus (offen) befindet. Die Akkulaufzeit nimmt aber deutlich ab.


Fazit
Die elektronische Shimano XTR Di2 macht mit ihrer Schaltautomatik das Schalten schneller, leichter und effektiver. Schmutz kann der Elektronik nichts anhaben, die Bedienkräfte sind gering. Der Akku hält ca. 1000 Kilometer. Doch der hohe Preis schreckt ab.