Tour de France-Etappensieg 2015, ein epischer Kampf ums Bergtrikot 2022, viele Siege und gute Platzierungen, selbstlose Helferdienste – Simon Geschke ist einer der beliebtesten Rennradprofis der vergangenen Jahre gewesen. Mit seiner nahbaren und sympathischen Art hat der Wahl-Freiburger viele Fans gewonnen – und bleibt dem Radsport auch nach seinem Karriereende erhalten. Zum Beispiel als Markenbotschafter von One-K-Wheel oder Q36.5, als Investor beim Bikehotel Freiburg, wo man Höhentraining absolvieren kann, bei Radsportevents wie dem Jan Ullrich Cycling Festival – oder beim ROADBIKE Camp in Freiburg.
ROADBIKE Camp mit Simon Geschke in Freiburg
Das Mixed Camp mit Ex-Radprofi und Publikumsliebling Simon Geschke ist dabei ganz neu im Programm von ROADBIKE. Vom 28. Mai bis 1. Juni 2025 radeln wir durch Schwarzwald, Kaiserstuhl und Markgräflerland. Simon Geschke wird während des gesamten Camps mit Expertise, Rat und Tat dabei sein.
Das Camp in Freiburg ist dabei für Simon ein Heimspiel: Der gebürtige Berliner wohnt seit 2012 im deutschen Rennradmekka zwischen Kaiserstuhl und Schwarzwald und wird uns über seine Lieblingstrainingsstrecken führen – viele Geheimtipps inklusive. Das Camp über das verlängerte Christi Himmelfahrts-Wochenende ist dabei perfekt für eine kleine, aber feine Auszeit vom Alltag mit einem ganz besonderen Rennraderlebnis.

Simon Geschke am Schauinsland - unten im Tal seine Wahlheimat Freiburg. Geschke wurde 1986 in Berlin geboren und war von 2009 bis 2024 Radprofi. Seine größten Erfolge: Etappensiege Tour de France 2015 und Critérium International 2011, GP Aargau 2014. Geschke ernährt sich vegan und steht auf Gitarrenmusik.
Neben den Radtouren wird es auch moderierte Gespräche geben, in denen Simon offen über seine Erfahrungen aus dem Profisport spricht und bei denen du direkt von Simons Expertise profitieren kannst. Im Mittelpunkt des Camps stehen Erlebnis, Spaß und auch Entspannung – durch die Topographie und die Streckenlänge ist der sportliche Anspruch aber etwas höher: Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen in der Lage sein, 100 – 150km und ca. 2.000 Höhenmetern bei einem Schnitt von ca. 20 – 25km/h gut zu bewältigen. Diese Umfänge werden im Schwarzwald-Camp an drei aufeinander folgenden Tagen gefahren. Natürlich fahren wir in Kleingruppen mit unseren sympathischen, professionellen Guides. Die Touren werden dabei so oder ähnlich aussehen (finale Route witterungs- und gruppenabhängig):
- Kaiserstuhl, ca. 100 km mit ca. 900 Höhenmetern
- Schwarzwald Tour, ca. 120 km mit ca. 2.000 Höhenmetern
- Belchen & Wiedener Eck, ca. 130 km mit ca. 2.600 Höhenmetern
Weitere Informationen und Buchung:
- 28. Mai bis 1. Juni 2025: ROADBIKE Camp Mixed mit Simon Geschke, Freiburg
Interview mit Simon Geschke zum Karrierende
Das Interview haben wir ursprünglich Mitte Oktober 2024 geführt und als Podcast veröffentlicht. Gedruckt erschien es in RB 01-02/25.
Simon Geschke: Mein Abschied beim Münsterlandgiro war ein total schöner Tag. Viele Freunde, Kollegen und Wegbegleiter waren da, gutes Wetter, tolle Stimmung – ein würdiger Abschluss. Seither ist die Zeit verflogen. Normalerweise hätte ich zwei bis vier Wochen Urlaub gemacht, ohne Sport zu treiben. Um dann wieder in die Saisonvorbereitung einzusteigen. Stattdessen war ich zu Hause in Freiburg und nach zwei Wochen schon wieder ganz entspannt mit dem Mountainbike unterwegs. Ein neues Gefühl, aber gut!
Die Rennen selbst werden mir gar nicht so fehlen. Nicht wegen der Anstrengung, sondern weil ich immer das Sturzrisiko im Hinterkopf hatte – und entsprechend die Hand an der Bremse. Ich bin ja auch einige Male gestürzt: Schlüsselbeinbrüche, Rippen, Ellenbogen... Das Training bei schlechtem Wetter werde ich nicht vermissen. Und die ständige Müdigkeit, auch an Ruhetagen. Fehlen wird mir hingegen die Nähe zu den Fans. Die Stimmung im Radsport ist schon einmalig! Wenn man Alpe d’Huez hochfährt, ist das eine einzige Partyzone. Auch das viele Reisen werde ich vermissen. Das Kennenlernen verschiedener Länder, Menschen und Kulturen habe ich immer als Privileg empfunden. Und auch die berufliche Sicherheit war immer groß, ich wusste immer, was ich im nächsten Jahr mache, und konnte auch sicher sein, einen neuen Vertrag zu erhalten.
Ehrlich gesagt hätte ich auch schon ein Jahr früher aufhören können. Aber im Winter 2023 habe ich gesagt, ich möchte gerne noch die Tour Down Under, Strade Bianche und den Giro d’Italia fahren. Und das Team hat mir das ermöglicht, sogar die Tour de France kam noch dazu. Das alles habe ich sehr bewusst genossen. Nostalgie kam aber auch keine auf. Im September gab’s noch so eine Aktion, wo ich dachte, jetzt ist dann auch gut: Nach dem Rennen in Hamburg sollte es sofort nach Italien weitergehen, zu den Herbstklassikern. Ich wollte zwischendurch aber gerne noch zu Hause bei meiner schwangeren Frau vorbeischauen. Allerdings wurde mein Flug storniert, einen anderen gab es nicht. Im Nachtzug habe ich dann zwischen den Sitzen gelegen, aber natürlich kaum geschlafen. Total fertig war ich ein paar Stunden zu Hause und musste dann weiter nach Italien. Solche Späße brauche ich nicht mehr.

Bei schlechtem Wetter trainieren zu müssen, wird Simon Geschke nach eigener Aussage nicht vermissen.
Über meinen Vater, der war Bahnsprinter. Ich bin zunächst Mountainbike gefahren, das erste Straßenrennen tatsächlich erst mit 15 Jahren. Die Konkurrenz war groß, aber ich wollte unbedingt Straßenprofi werden – motiviert auch durch Jan Ullrichs Tour-de-France-Sieg 1997. Klar habe ich auch vom Gelben Trikot geträumt. Aber man merkt mit der Zeit, was möglich ist. Und die Ziele werden realistischer.
Lang und anstrengend. Vor allem die Abi-Zeit war schwierig: lernen und sehr viel Training, nach dem alten Prinzip "viel hilft viel". In der U23 habe ich dann voll auf den Sport gesetzt. Geld kam rein über die Rennen und über einen Supermarktjob an der Kasse. Meine Theorie war: im Sitzen arbeiten, denn die Beine tun ja weh. Aber nach ein paar Stunden war ich immer so müde, dass ich falsch rausgegeben habe. Einfacher wurde es, als ich in die Sportfördergruppe der Bundeswehr kam. 2009 wurde ich dann tatsächlich Profi. Rückblickend würde ich vermutlich einiges anders machen.
In puncto Trainingsmethodik und Ernährung hat sich total viel getan. Da denke ich schon: Hättest du das früher gewusst, dann wärst du auch früher schon schnell gefahren. Ich habe aber auch mit 25, 26 manches nachgeholt, worauf ich während der Junioren- und U23-Zeit verzichtet habe: mit Freunden unterwegs sein, in Discotheken gehen. Das war auch wichtig, um die Balance zu halten, und ich will das gar nicht missen. Ich würde auch nicht sagen, dass ich unprofessionell war. Aber doch, dass ich im Verlauf meiner Karriere immer professioneller geworden bin. Auch deshalb konnte ich so lange auf hohem Niveau fahren und Ergebnisse in einem Alter einfahren, wo man normalerweise sagt, da ist man über den Zenit hinaus. Die heutigen Jungprofis trainieren viel früher viel professioneller, ernähren sich bewusst – ich glaube aber auch nicht, dass die bis 38 fahren.
Da wusste ich gar nicht, wo oben und unten war. Meine erste Rundfahrt der höchsten Kategorie und dann gleich die Tour! Mein damaliges Team Skil-Shimano war eine kleine Pro-Conti-Mannschaft. Wir haben erst zur Tour 2009 einen eigenen Bus bekommen, bis dahin hatten wir nur einen Camper. Weil wir einen kleinen Kader hatten, aber neun Tour-Starter brauchten, stand ich auf einmal neben Lance Armstrong...! Ich bin die Tour auch zu Ende gefahren und war natürlich total stolz, aber im Rückblick war das viel zu früh.
Alles wird natürlich überstrahlt von meinem Tour-de-France-Etappensieg 2015. Davon habe ich mit Sicherheit geträumt. Aber ich hätte nicht fest damit gerechnet, denn ob man Erfolg hat, hängt im Radsport von so vielen Faktoren ab: Form, Material, Rennverlauf. Und natürlich auch davon, ob das Team einem überhaupt die Freiheiten geben kann. Aber nicht nur Siege zählen. Ich bin auch stolz auf einige Platzierungen: Top-10-Plätze beim Amstel Gold Race und Flèche Wallone, auch bei Lüttich–Bastogne–Lüttich hätte das 2020 fast geklappt, leider hatte ich da – ganz bitter – einen Platten. Und im fortgeschrittenen Radsportalter bin ich noch mal Gesamtdritter bei der Tour Down Under und bei der Tour de Romandie geworden. Sehr schön waren aber auch Erfolge als Helfer: Es war zum Beispiel toll, mit Tom Dumoulin 2017 den Giro zu gewinnen, und 2018 ist er Zweiter bei der Tour de France geworden. Die Teamchefs haben, denke ich, an mir geschätzt, dass ich an guten Tagen selbst vorne mitfahren konnte, aber auch nie ein Problem damit hatte, für andere zu arbeiten. Für mich ist es ganz selbstverständlich ein Teil des Sports, dass für den gefahren wird, der an dem Tag der Stärkste ist. Deshalb habe ich immer neue Verträge bekommen und wurde auch zu den großen Rennen mitgenommen. Ich bin stolz darauf, dass ich immer ein guter Helfer war.

Simon Geschke ist ab sofort unter anderem Markenbotschafter von One-K Wheels sowie des Bekleidungsherstellers Q36.5.
Ich hatte es schon am Tag davor probiert, dann gleich noch mal – das war schon ein bisschen die Brechstange. Daran geglaubt habe ich wirklich erst 50 Meter vor dem Ziel. Für meine Bekanntheit war das unglaublich – selbst Radsportfans war ich bis dahin noch gar nicht unbedingt ein Begriff. Allerdings ging mit der öffentlichen Bekanntheit auch die Erwartungshaltung einher, dass man ab sofort jedes Jahr so was schafft, und das ist natürlich schwer.
Vom Bekanntheitsgrad war das fast noch krasser als 2015. Woran das liegt, weiß ich nicht. Vielleicht weil der Radsport in der Zeit noch beliebter geworden ist oder weil man über mehrere Tage bei einem Kampf David gegen Goliath mitfiebern konnte. Ich hätte die Popularität aber sehr gerne eingetauscht für den Sieg in der Bergwertung! Bei der letzten Bergetappe hätte ich am ersten Berg nur Dritter werden müssen. Aber ich habe nach ewigem Gespringe ein 50-Meter-Loch zur entscheidenden Gruppe nicht zugekriegt. Das war mein schlimmster Tag auf dem Rad! Klar war es toll, stellvertretend für Vingegaard das Trikot nach Paris zu fahren, aber es wurmt mich immer noch.
Das wichtigste Ereignis für meine Frau und mich wird erst mal die Geburt unseres Kindes Ende November. Beruflich habe ich noch keine konkreten Vorstellungen. Ich will mir bewusst Zeit lassen, bin für vieles offen. Ich würde aber gerne im Sport bleiben – da habe ich die größte Expertise. Ein Projekt, das schon läuft, ist das Bikehotel Freiburg. Dort wurden mit Kapital von mir in sechs Zimmer Anlagen eingebaut, mit denen man Höhentraining simulieren kann: mit Sauerstoffgehalt entsprechend 1000 bis 6000 Metern über Null. Man kann im Schwarzwald trainieren und in der simulierten Höhe schlafen oder auf der Rolle trainieren. Für ambitionierte Amateure, Maratonisti und Profis eine tolle Möglichkeit, sich richtig fit zu machen!

Geschke hat in das Bikehotel Freiburg investiert, wo Profis, Amateure und ambitionierte Hobbysportler nun die Vorteile von Höhentraining nutzen können.
Darauf freue ich mich auch schon sehr! Die Nähe zu den Fans, zur Rennrad-Community hat mir ja immer viel Spaß gemacht – auch wenn die Camp-Teilnehmenden vermutlich keine Hardcore-Simon-Geschke-Fans sein werden. Wir fahren ohne Leistungsdruck im Schwarzwald oder Kaiserstuhl, verbringen Zeit miteinander, tauschen uns aus. Für mich ist es auch ein schönes Trainingsziel, denn Fünf-bis-sechs-Stunden-Touren werde ich wohl nicht mehr so oft fahren wie früher... Und ich will mich ja auch nicht blamieren! Der Spaß steht ganz klar im Vordergrund – bei den Camps, aber auch bei mir persönlich in Zukunft.

Simon Geschke an der Holzschlägermatte - ungefähr drei Kilometer unterhalb des Gipfels von Freiburgs Hausberg Schauinsland.