Unter dem Motto "a new era of speed" stellt Canyon zwei neue Rennradhelm-Modelle vor: den Canyon Disruptr CFR und den Canyon Sringr CFR. CFR steht dabei für Canyon Factory Racing – das High-End-Segment von Canyon, auch bei Rädern. Die jetzt vorgestellten Helme richten sich vor allem an die Rennradfraktion, auch wenn sie natürlich auch auf dem MTB oder Urbanbike genutzt werden können.
Sensation: Canyon-Helme ohne klassischen Riemen!
Der Disruptr CFR und der Stingr CFR setzten laut Canyon einen neuen Standard für Helm-Performance und Schutz. Das Besondere bei beiden Modellen sind aber nicht ihre Aerodynamik oder ihr Gewicht. Auf den ersten Blick sehen sie nämlich nahezu unspektakulär und normal aus. Das Besondere ist: der Kinngurt. Die klassische Befestigung mit Riemen, der am Ohr ein Dreieck bildet und dann unter dem Kinn hindurchläuft, ist hier nicht zu finden. Stattdessen gibt es nur noch einen Kunststoffgurt vor dem Ohr. Dieser lässt sich nicht öffnen, sondern muss zum Aufsetzen und Absetzen des Helms hochgeklappt werden. Die Technik nennt sich HighBar-Technologie. Wir haben uns angeschaut, was dahintersteckt.
Erklärt: Das ist das HighBar-System!
HighBar ist ein Helmsicherungssystem der gleichnamigen Firma HighBar aus Kalifornien. Statt mit den klassischen Dreiecksriemen, die unter dem Kinn geschlossen werden, arbeitet HighBar mit nur einem starren "Arm", der von der Schläfe unter dem Kinn hindurchläuft. Zum Aus- und Anziehen muss der Arm hochgeklappt werden. Das Klappgelenk sitzt in etwa da, wo das normale Y des Gurtsystems auch seinen Drehpunkt hätte. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt dieses Video:
Die Idee hinter HighBar: Während sich fast alle Technologien seit dem Beginn des Radsports gewandelt und verbessert hätten, seien die Riemen und Schnallen der Helme praktisch unverändert geblieben. Der neue Klappriemen soll jetzt sicherer und benutzerfreundlicher sein und die Aerodynamik verändern. Manko für die Style-Polizei: Wie es aussieht, ist es nicht mehr möglich, die Brille über dem Riemen zu tragen.
Für HighBar ist Canyon der erste große Hersteller, der die Technologie nutzt. Erklärtes Ziel ist aber natürlich, weitere Hersteller zu überzeugen. Es wird sich zeigen, ob sich das System durchsetzt und uns möglicherweise in Zukunft auch bei Helmen anderer Marken begegnet – ähnlich wie es der Fall ist beim MIPS-System zur Reduzierung von Rotationskräften bei einem Sturz, das mittlerweile viele Helmhersteller einsetzen.

Beim Aufsetzen des Helms steht der Bügel noch nach vorne, später zieht man ihn nach unten - fertig.
Canyon HighBar: Erster Eindruck aus der Praxis
In der Praxis kann das neue System durchaus überzeugen: Bügel runterklappen, Weite per Drehrad justieren, fertig. Eng anliegen muss der Bügel nicht, etwas Luft darf bleiben. Das macht das Tragen tatsächlich sehr angenehm und vergleichsweise luftig – wenn das recht starre System zur Kopfform passt.

ROADBIKE-Redakteur Felix Krakow (mit orangenem Trikot mit dem neuen Canyon Aeroad und dem neuen Canyon Disruptr CFR-Helm.
Das war bei den meisten Testern der Fall, bei einem drückten die "Riemen" minimal am Kiefer. Transport und Aufbewahrung des Helms gestalten sich etwas raumgreifender als üblich, da sich das starre Haltesystem nur teilweise einklappen lässt. Der generelle Tragekomfort wurde für beide Helmvarianten (Aero und Road) von allen Testern gelobt, das Gewicht liegt im oberen Mittelfeld. Die Belüftung geht am Aero-Modell in Ordnung und ist bei der Straßenvariante top.

Gegebenefalls ein Problem für die Style-Polizei: Beim HighBar-Helmbügel müssen die Brillenbügel unten durchgefädelt werden...
Das Thema Sicherheit wird ebenfalls großgeschrieben. Das bekannte MIPS-System ist ebenso an Bord wie Reflektoren auf der Rückseite. Ein optionales Helmlämpchen verbessert die Sichtbarkeit zusätzlich.
Fazit: ein innovatives Konzept mit Top-Komfort und -Belüftung, das jedoch zur Kopfform passen muss. Ein kleines Manko beim Transport ist die etwas größere Sperrigkeit aufgrund des Helmbügels. Und: Ein Schnäppchen ist der 300-Euro-Helm sicher nicht.

Kann ROADBIKE-Redakteur Felix Krakow gut: in die Landschaft schauen und über das eigene Schicksal (oder die schlechte Radform) sinnieren...
Disruptr CFR und Stingr CFR: Die neuen Helme im Detail
Jetzt aber ein genauerer Blick auf die Helme an sich. Der Disruptr setzt eher den Fokus auf Thermodynamik, während der Stingr auf Aerodynamik setzt.
Disruptr CFR

"With the innovative HighBar System, we get next level comfort compared to a standard strap." Das sagt MTB-Profi Thomas Griot über das neue System.
- Ventilationsdesign, das signifikant besser kühlen soll als das anderer Helme
- Aerodynamisch optimiertes Design
- Reflektierende Oberfläche an der Helmrückseite
- Integrierte Öffnung für ein magnetisches Canyon-Licht
- Gewicht in Größe M laut ROADBIKE-Messung: 277 Gramm
Stingr CFR

"I really like how aerodynamic the helmet is along with advanced safety features of HighBar and MIPS", meint Canyon-Fahrerin Carolin Schiff.
- Aerodynamisch optimiertes Design
- Einsparung laut Hersteller von 10-12 Watt bei 60-70 km/h
- Getestet und entwickelt mit Profi-Athleten, z.B. Carolin Schiff
- Gewicht in Größe M gemäß ROADBIKE-Messung: 288 Gramm
Preislich liegen beide Helme bei sportlichen 299,95 Euro. Ab wann es die Modelle zu kaufen gibt, ist noch nicht bekannt.
Bereits Diskussionen um das HighBar System
Die ersten Bilder von Profis, die mit Canyons HighBar-Helmen gesichtet wurden, entstanden schon im Februar 2024. Beim Gravelrennen X Santa Vall in Spanien war etwa die Deutsche Meisterin Carolin Schiff mit dem Klappgurt unterwegs. Auch Cross-Country-Profi Luca Schwarzbauer fährt schon die ganze Saison mit dem Helm. In Foren und auf Social Media wird derweil schon fleißig über das neue System diskutiert:
- "Ich frage mich wie der Helm hält. Ohne Riemen hinter dem Ohr kann der Helm eigentlich ungehindert nach vorne ins Gesicht rutschen", zweifelt ein User den Halt und die Sicherheit des Helms an.
- Ein anderer hinterfragt den grundsätzlichen Ansatz der HighBar-Technologie, das auch zu mehr Komfort beim Auf- und Absetzen des Helms beitragen soll: "Da wurde meines Erachtens ein Problem gelöst, welches in der Breite nicht existiert."
- Es gibt aber ach positive Stimmen: "Zusammen mit schattenoptimierten Lüftungslöchern wäre das tatsächlich ein Produkt, mit dem ich mich anfreunden könnte."
- Die Optik hingegen stößt in der Community überwiegend auf Stirnrunzeln: "Der Verlauf des Mono-Riemens sieht aber wirklich bei jedem Fahrer auf den Fotos bescheiden aus."