Aero-Renner liegen im Trend. Entsprechend hat der Schweizer Hersteller BMC sein in die Jahre gekommenes Modell Timemachine einer radikalen Verjüngungskur unterzogen. Erklärte Entwicklungsziele: Top-Aerodynamik bei hohen Steifigkeiten, geringem Gewicht und großem Komfort.
Herausgekommen ist die neue Timemachine Road, die zunächst nur als Scheibenbrems-Version erhältlich ist. Aerodynamisch optimierte Rohrformen, vollständig im Rahmen verlaufende Kabel und Leitungen, Hochprofilfelgen – BMC zieht alle Register, um den Luftwiderstand zu reduzieren.
Ganzheitliche Lösungen
Auffälligster Kniff der Entwickler und größter Hingucker am Rad: das breiter werdende Unterrohr mit integrierten Flaschen(-haltern) und Werkzeugkästchen über dem Tretlager. Was das soll? BMC betont, dass ihre Rennräder für die Praxis gemacht sind und nicht bloß unter sterilen Begingungen im Labor gute Werte liefern sollen. Im Klartext heißt das: Da man in der Praxis nun mal mit Trinkflaschen fährt und Ersatzschlauch und Werkzeug mit sich führt, müssen diese aus aerodynamischer Sicht bestmöglich integriert werden. Denn die strömungsgünstigste Rahmenform nützt nichts, wenn frei im Wind stehende Trinkflaschen und -halter Luftverwirbelungen produzieren oder ein Satteltäschchen hin und her schwingt. Das ungewöhnliche Unterrohr, das integrierte Trinksystem aus Flasche und Halter und die Werkzeugbox überm Tretlager brechen zwar mit optischen Sehgewohnheiten, in der Summe soll die Kombi aber deutlich aerodynamischer sein als herkömmliche Lösungen.
Ebenfalls aerodynamisch optimiert wurde das ICS-Cockpit, das zwar aussieht wie aus einem Guss, aber aus zwei Teilen besteht und dadurch individuell an Anatomien und Bedürfnisse anpassbar bleibt. Der Oberlenker ist abgeflacht, Kabel und Leitungen verlaufen vollintegriert im Inneren. Weitere Watt sollen die Aero-Sattelstütze sowie die Abdeckungen der Scheibenbremssättel an Gabel und Hinterbau sparen.
Aero-Vorteil und Zielgruppe
Auf die Frage, wie viel schneller das Rad denn nun genau mache, antwortet man bei BMC entwaffnend ehrlich: "Es kommt drauf an, welcher Fahrertyp drauf sitzt." Bei den Messungen während der Entwicklung sparte ein großer Testfahrer im Windkanal, auf Bahn und Straße 12 Watt bei 40 km/h, ein kleiner Fahrer nur halb soviel. Bei Radprofis kann dies über Sieg oder Niederlage entscheiden. Folgerichtig kündigte BMC an, das die Schweizer Profis Stefan Küng und Michael Schär die erste Woche der diesjährigen Tour de France auf der neuen Timemachine Road fahren sollen.
Als Zielgruppe für den neuen Aero-Renner sieht BMC aber nicht nur die eigenen Rennfahrer, sondern grundsätzlich alle ambitionierten Rennradfahrer, die gerne schnell unterwegs sind, auch mal bei Wettkämpfen starten und schon mit der Wahl des Materials ein Statement abgeben wollen.
Erster Fahreindruck

Grau ist aber alle Theorie, entscheidend ist auf der Straße: RoadBIKE hatte Gelegenheit, die Timemachine Road ausgiebig zu testen – auf ihren heimischen Straßen in der Schweiz, mit kurzen, knackigen Anstiegen, einem Alpen-Pass samt schneller, kurviger Abfahrt sowie vielen flachen Kilometern entlang Schweizer Seen, wo die Timemachine dauerhaft auf hohem Tempo gehalten wurde. Was fiel auf? Auch nach mehreren Stunden im Sattel gefällt der hohe Komfort, das Handling ist agil, die Geometrie nicht zu aggressiv (diese orientiert sich übrigens an BMCs Race-Bike Teammachine). Auffällig ist der Flex des Lenkers, der sich auch beim Ziehen im Stand deutlich sichtbar bewegt.
Sehr positiv war der Eindruck im Flachen: Das Rad will nach vorne, entspanntes Dahinrollen ist ihm fremd. Und ob es nun an überlegener Aerodynamik lag oder der gut funktionierenden Gruppe: Am Ende des Tages stand trotz zahlreicher Höhenmeter eine beeindruckende Durchschnittsgeschwindigkeit auf dem Tacho – bei ausgesprochen hohem Spaß-Faktor.
Einziger Wermutstropfen war das Fahrverhalten bei sehr hohen Geschwindigkeiten, etwa bei der erwähnten Pass-Abfahrt. Hier zeigte sich eine enorme Unruhe, die wohl nicht zuletzt auf die immerhin 62 Millimeter hohen Felgen zurückzuführen ist. Labortests des Rahmensets auf den RoadBIKE-Prüfständen werden zeigen, wie es um die Steifigkeiten bestellt ist und inwiefern die von BMC kommunizierten Gewichte (Rahmen 940 g in Gr. 54, Gabel 410 g) den Tatsachen entsprechen.
Ausstattung, Preise und Verfügbarkeit

Stolz sind die Preise, die BMC aufruft: Für das Rahmen-Set werden 4199 Euro fällig, das grau-rote Topmodell Timemachine 01 Road One mit Dura-Ace Di2 und DT Swiss-ARC-1100-Laufrädern kostet stolze 11 999 Euro. Zwei weitere Ausstattungsvarianten sind verfügbar: die rote Timemachine 02 Road Two mit Sram eTap (9999 Euro) und die weiße Timemachine 03 Road Three mit Ultegra Di2 (7999 Euro). Der Verkauf soll übrigens ab sofort starten.