Von alpin nach mediterran: Auf den Spuren der Römer
Schon Goethe, Dürer und Kaiserin Sissi reisten ihrer Zeit auf der Via Claudia Augusta, um die mediterranen Vorzüge des Südens zu genießen. Heute kannst du diese kulturreiche Strecke mit dem Fahrrad befahren und – unseren Vorfahren gleich – auf Tuchfühlung mit Land und Leuten gehen. Vom ungeschliffenen Vinschgau gesäumt von Gletschern, Burgen und Schlössern durch weitläufiges Obst- und Weinanbaugebiet in den lieblicheren Teil Südtirols. In Meran angekommen, flanierst du auf den mit Palmen gesäumten Promenaden. Weiter dann in Bozen tauchst du beim Aperitif auf dem Waltherplatz in die heitere Lebensart der Stadt ein. In Salurn an der Grenze zum Trentino schließlich erahnst du, wie die Bewohner der Haderburg über die Salurner Klause wachten – der historischen Kulturgrenze zwischen Nord und Süd.
Etappe Reschen – Schlanders
Gleich nach dem Start im oberen Vinschgau empfehlen wir die Variante am Ostufer des Reschensees, auf der du ganz nah an den Kirchturm im See herankommst. Der Anblick ist skurril, der Grund für das entstandene Postkartenmotiv auch: Die romanische Kirche wurde mitsamt des Dorfes Graun für das Anlegen eines Stausees überflutet. Nach dem Reschensee und vorbei am kleineren Haidersee musst du dein Lenkrad gut festhalten, das es großteils nur noch bergab geht. Danach radelst du – mit Blick auf den Ortler, den höchsten Berg Südtirols (3.905 m) – durch Burgeis bis nach Glurns, der kleinsten Stadt Südtirols. Wenn du durch die Prader Sand fährst, kann es dir passieren, dass du dich aufgrund der kargen Landschaft in den Wilden Westen versetzt fühlst. Danach streifst du das Dörfchen Laas, wo seit Jahrhunderten der reinste Marmor Europas abgebaut und in die ganze Welt verkauft wird.
🎡 Unser Ausflugstipp: Führt von Glurns zu Fuß auf den mystischen Tartscher Bühel, ein spannender Aussichtsspunkt auf Mals und Glurns und seine vollständig erhaltene Stadtmauer aus dem Mittelalter.
💡 Gut zu wissen: An einem Tag im September gehört die Straße auf das Stilfserjoch inmitten des Nationalparks allein den Radfahrern.
Etappe Schlanders – Meran
Durch Feld und Wald, Obstgärten und urbanes Gebiet: Obwohl die landschaftlich abwechslungsreiche Route stetig abwärts verläuft, musst du meist gegen den Vinschger Wind antreten. Im heißen Sommer verschafft dieser eine feine Abkühlung und begünstigt das Reifen der Vinschger Marillen. Entlang der Strecke gibt es neben kulturellen Besonderheiten auch Entspannung im Thermalwasser in der Therme Naturns. Eine gemütliche Raststation am Goldrainer See. Und schlussendlich der Übergang von einer von Bergen geprägten Landschaft in eine mediterranere – die zum Flanieren zwischen Palmen und Zypressen einlädt und den Blick nach Süden richtet.
🎡 Unser Ausflugstipp: Erfrischung und reine Luft gibt es beim Partschinser Wasserfall, ein beeindruckendes Naturschauspiel. Erreichbar mit dem Linienbus 265.
💡 Gut zu wissen: Im Vinschgau und in der Gegend um Meran wurden früher "Waale” zur Bewässerung der bewirtschafteten Wiesen und Felder angelegt. Heute sind die eben verlaufenden Waalwege durch Wälder, Apfelwiesen und Weinreben beliebte Spazierwege, wie beispielsweise in Algund und Marling.
Etappe Meran – Bozen
Zwischen der einen und der anderen Stadt liegen nicht nur viele Apfelbäume, sondern auch Dörfer, die es zu besuchen lohnt: Lana mit seinem belebten Zentrum, Tisens und Prissian auf einer sonnigen Anhöhe oder Gargazon mit seinem Naturbad. Große Anstrengung verlangt die Strecke entlang der Etsch nicht – sie verläuft stets leicht abwärts. Wähle diese Etappe am besten als Ausgangspunkt für die Erkundung der Umgebung abseits der Hauptroute und entdecke alte Waalwege, Aussichtsberge bis hin zu kulturellen Sehenswürdigkeiten beim Wandern. Nimm dir außerdem ausreichend Zeit für den kulinarischen Genuss vom Terlaner Spargel und dem heimischen Wein.
🎡 Unser Ausflugstipp: Wenn dich Schlösser und Burgen interessieren, bist du hier gut aufgehoben: Ab Andrian empfiehlt sich die Burgenwanderung zu Schloss Korb, Burg Hocheppan und der Burgruine Boymont.
Radroute Tschierv (CH)
Auf dieser landschaftlich idyllischen Tour am Fuße des Nationalpark Stilfserjoch entlang des Rambachs im Münstertal offenbart sich neben der ursprünglichen Natur ein großer Kulturreichtum – am Ende überwindest du hier sogar die italienisch-schweizerische Staatsgrenze. Einen besonderen Anblick bietet dir das Dorf Taufers im Münstertal, von wo du auf die Ruinen der beiden Schlösser Rotund und Reichenberg schaust. Die Burg Rotund auf 1.500 m Meereshöhe zählt zu den höchstgelegenen Burgen Tirols.
🎡 Unser Ausflugstipp: Wer am Ausgangspunkt Mals wieder angekommen ist und noch weiterradeln möchte, kann über die Etschradroute "Via Claudia Augusta” entweder nach Meran oder zum Reschenpass fahren.
💡 Gut zu wissen: Die Route ist wenig befahren. Wenn du in Laatsch vorbeikommst, probiere unbedingt ein Brot mit Vinschger Palabirnen. Diese uralte Birnensorte ist als Presidio Slow Food anerkannt und geschützt.
Radroute Passeiertal
Zu Beginn der Route in dieses idyllische Tal teilst du den Weg noch mit Fußgängern – nämlich im Zentrum von Meran. Schon bald verlässt du auf Serpentinen die Stadt und gelangst zum Fluss Passer, an dessen Ufer entlang sich der Radweg bis nach St. Leonhard zieht, dem Geburtsort des Freiheitskämpfers Andreas Hofer. Diese etwa 20 km lange Strecke eignet sich aufgrund seiner geringen Steigung gut für einen Familienausflug. Erst zum Ende hin – von St. Martin bis St. Leonhard – wird es etwas steiler. Noch in St. Martin führt eine Rundtour durchs Dorf an allen sehenswerten historischen Gebäuden wie den "Schildhöfen" vorbei. Neben einem Spielplatz kommst du auf dieser Tour direkt zur Talstation der Hirzer Seilbahn, die dich in Minutenschnelle in die Höhe befördert.
🎡 Unser Ausflugstipp: Um ein beeindruckendes Naturdenkmal zu bestaunen, fährst du von St. Leonhard noch weiter zur Passerschlucht. Ein Weg am Flussufer macht sichtbar, wie die Kraft des Wassers die Landschaft geformt hat.
Radroute Überetsch – Montiggler Seen
Unweit der Stadt Bozen liegen in einem malerischen Mischwald die zwei Montiggler Seen – zwei natürliche Badeseen. Über einen asphaltierten Radweg fährst du am Fluss Etsch entlang stadtauswärts. Ab Frangart schlängelt sich die Strecke durch Weinhänge leicht aufwärts nach Eppan. Von dort kannst du nochmal nach Bozen zurückblicken und dich langsam vom bebauten Gebiet verabschieden. Denn nun geht es auf verkehrsarmen Straßen und einem gut ausgebauten Radweg rein in die Natur: zu zwei glitzernden Seen umgeben von Schilf, Laub- und Nadelbäumen. Such dir ein Plätzchen zum Verweilen. Beobachte die Natur. Und erkunde die vielen stillen Wege, die weitläufig durch den Wald führen.
💡 Gut zu wissen: Badesachen und Handtuch nicht vergessen, denn ein Sprung ins Wasser kühlt nach der Radtour nicht nur herrlich ab, sondern schüttet reichlich Endorphine aus. Besonderheit: Der Zutritt zu den Seen ist zu jeder Jahreszeit gestattet! Am Großen Montiggler See steht ein schlossartiger Bau aus dem 19. Jahrhundert – das Seeschlössl. Es kann von außen betrachtet werden.
Radroute Fleimstalbahn (Auer – San Lugano)
Über 100 Jahre alt ist der Weg, der dich von der Etschradroute durch ein malerisches Wein- und Obstanbaugebiet und den Naturpark Trudner Horn auf eine aussichtsreiche Anhöhe führt. Von der Fleimstalbahn als Nachschublinie während des Ersten Weltkriegs ist noch die stillgelegte Bahntrasse übrig, die heute eine landschaftlich spektakuläre und einfach zu bewältigende Radtour ist. Immer wieder bietet diese kurvenreiche Strecke mit gemächlicher Steigung panoramareiche Ausblicke auf das vom Wein- und Apfelanbau dominierte Südtiroler Unterland. Außerdem durchquerst du die besten Lagen von Blauburgunder und der autochthonen Sorte Lagrein. Sobald du in Castelfeder ankommst, wirst du aufgrund der Schönheit des Ortes verstehen, warum die Menschen in vorchristlicher Zeit hier den Sitz der Götter vermutet haben. Die letzten Kilometer vor San Lugano, die Ortschaft am gleichnamigen Pass kurz vor der Grenze zum Trentino, führen durch architektonisch beeindruckende Tunnels.
🎡 Unser Ausflugstipp: Von San Lugano bergaufwärts weiterfahren bis nach Truden, ein kleines Dörfchen mit Naturparkhaus. Wer mit dem MTB unterwegs ist, kommt über Forstwege noch weiter hinauf auf die Almen in höheren Lagen. Sowie über Altrei nach Molina (TN) oder entlang der alten Fleimstalbahn-Trasse weiter nach Predazzo.