Trailguide: Thüringer Wald - Die besten MTB-Touren

Trailguide: Thüringer Wald
MTB-Touren im Thüringer Wald

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Zuletzt aktualisiert am 29.09.2020

Infocenter – Thüringer Wald

Der Thüringer Wald ist eines der besten Reviere der Republik

MTB-Touren im Thüringer Wald
Adrian Greiter

Lage & Charakter: Der Thüringer Wald ist mit 1000 km² eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands. Die Wartburg-Stadt Eisenach liegt im Westen des Thüringer Waldes, bietet Aktivurlaubern perfekte Bedingungen in attraktiver Naturlandschaft. Oberhof thront auf dem Kamm des Thüringer Waldes und damit am Rennsteig. Der bekannte Wintersportort wird 2023 die Biathlon- und Rodel-Weltmeisterschaften ausrichten, mausert sich aber auch immer mehr zum Ganzjahresdomizil – und zum Top-Spot für Biker.

Anreise: Eisenach erreicht man aus Westen und Osten über die A 4. Aus dem Nordwesten über die A 7, von Nordosten via A 9. Aus Süden führen die A 71 und A 73 in den Thüringer Wald. Super: Eisenachs ICE-Bahnhof bietet durch die neue Verbindung München– Berlin ideale Zuganbindung. Oberhof erreicht man dann via Bahnhof Zella-Mehlis per Bus. Auch super: In allen DB-Nahverkehrszügen in Thüringen ist die Fahrradmitnahme im Rahmen vorhandener Kapazitäten kostenfrei!

Klima & beste Reisezeit: Durch seine Lage quer zur Hauptwindrichtung Südwest wirkt der Thüringer Wald als Wetterscheide. Dabei erhält die Südwestseite deutlich höhere Niederschläge als die kontinental geprägte Nordostseite. Die Durchschnittstemperaturen bewegen sich zwischen –4° Celsius (Januar) und 20° Celsius (August). Dementsprechend liegt die beste Reise- und Bikezeit zwischen März und Oktober.

Bikeparks: Bikepark Oberhof, bikepark-oberhof.de Bikearena Steinach, thueringen-alpin.de/bikepark

Übernachtung & Einkehr: In Eisenach empfiehlt sich: Hostel & Pension Alte Brauerei. Low-Budget-Tipp in Oberhof ist das Ferienzentrum Oberhof (info@ferienzentrum-oberhof.de); das mittlere Preissegment bedient das Berghotel Oberhof exzellent (berghotel-oberhof.de). Camping ist möglich in Oberhof am Lütschesee (oberhofcamping. de) oder in Eisenach am Altenberger See (www.campingpark-eisenach.de). Tipp am Rennsteig ist das Gasthaus Waldfrieden, wo auch Touren angeboten werden (info@ waldfrieden-frauenwald.de). Im Café Waldschlösschen in Friedrichroda ist der Inhaber/Konditor selbst leidenschaftlicher Biker – dazu Pension und Bikeverleih, cafewaldschloesschen.de

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Adrian Greiter

Bikeshops & Guiding: Radstube (Shop, Guiding, Fahrtechnik), Alex Teschner, rad-stube.de TBA Thüringer Bike Abenteuer, Dirk Messing, info@tba-bike.de

Abseits des Bikes

  • Das Lutherhaus: Im wohl ältesten Fachwerkhaus Thüringens soll Martin Luther den prägendsten Teil seiner Schulzeit bei der Familie Cotta verbracht haben. Das liebevoll gestaltete Museum zeigt sein Leben als Schüler, Reformator und Bibelübersetzer.
  • Ab in die Schlucht! Die für Biker gesperrten Drachen- und Landgrafenschluchten sind ein geologisches Naturdenkmal und ein einzigartiges Biotop mit seltenen Gewächsen wie der Teufelskralle und dem Zahnwurz.
  • Tafeln wie zu Luthers Zeiten: Immer wieder bieten Restaurants Schmaus bei Musik und Gaukelei wie im späten Mittelalter an. Kerzen, meterlange Fleischspieße, höfischer Tanz und Tischreden lassen Sie emotional in längst vergangene Zeiten eintauchen.
  • Die Automobile Welt Eisenach präsentiert eine mit liebevollem Engagement gepflegte Ausstellung über 120 Jahre Autobaugeschichte in Eisenach – da wo einst der berühmte Wartburg vom Band rollte. Abwechslungsreiche Trails mit spektakulären Ausblicken wie hier am Großen Hörselberg lassen keine Wünsche offen.
  • GPS-Download der vier Touren: mountainbike-magazin.de/thueringen2020

4 MOUNTAINBIKE-Touren

Eisenacher Genuss

Rund um die Wartburg

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Adrian Greiter

Bike & Boot

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Adrian Greiter

Inselsberger Gipfeltour

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Adrian Greiter

Kontrapunkte

Wer ander’n eine Bratwurst brät, hat ein Bratwurstbratgerät!" Der Mann hinterm Grill der Wurstbude ist ein vorlauter Witzbold, aber seine echten Thüringer schmecken großartig. Und auch wenn das nicht unbedingt etwas mit sportlergerechter Ernährung zu tun hat, gebe ich offen zu: Darauf habe ich mich mit am meisten gefreut, als wir aufbrachen, um den Thüringer Wald mit unseren Bikes zu erkunden. Eine Region voller Kontrapunkte, voller Vielstimmigkeit. Nicht nur, weil in Eisenach Johann Sebastian Bach geboren wurde, sondern auch weil hier eines der Markenzeichen der DDR vom Band lief: der Wartburg – mehr als 1,6 Millionen Mal gebaut und neben dem Trabi der einstige Volkswagen Ostdeutschlands.

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Adrian Greiter

Seinen Namen hat das Auto von der Wartburg, Eisenachs Wahrzeichen, das über der Stadt thront und seit 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Ein geschichtsträchtiger Ort, an dem unter anderem ein gewisser Martin Luther das Neue Testament ins Deutsche übersetzte. Deutlich jünger (und ehrlicherweise bislang auch deutlich weniger bedeutend) ist die Geschichte des Mountainbikens hier, die wir uns von einem Urgestein des deutschen Bikesports näher bringen lassen wollen: Alexander Teschner, kurz "Teschi" genannt, ehemals Enduro- und Slopestyle-Profi, betreibt nach einem kurzen Intermezzo in Bayern heute in Eisenach einen Bikeshop und eine Fahrtechnikschule – und hat sich Zeit genommen, um mich mit Bratwürsten sowie Geschichte zu füttern und mir die schönsten Trails seiner Heimat zu zeigen.

Faszinierende Ausblicke

"Sollen wir besser den direkten Weg nehmen?", fragt Teschi, nachdem wir von seinem Shop aus erst mal ein paar Meter auf leicht ansteigendem Forstweg dahingleiten. "Na klar", antworte ich voller Enthusiasmus – und vorbei ist es mit dem lockeren Einrollen. Der Trail ist steil, anspruchsvoll und fordernd, aber immer griffig, wenn es felsig wird. Kurz, steil und heftig ist auch die erste Abfahrt – die gleich mal die Sicht auf die gegenüberliegende Wartburg freigibt. Der Blick fasziniert. Die freiliegenden Felsen aber auch, die uns zum Spielen vor historischer Kulisse einladen. Teschi tanzt abwechselnd auf dem Vorder- und Hinterrad um die Kurven, nutzt jeden steil abfallenden Felsen als Sprung. Okay, die Abfahrt ist schon mal extrem spaßig, so kann’s weitergehen. Macht es auch. Ein stetiger Wechsel von Anstiegen und Abfahrten auf mal leichten, mal anspruchsvollen Trails führt uns rund um die Burg, wobei wir uns die Zeit nehmen, immer wieder stehen zu bleiben und die verschiedenen beeindruckenden Perspektiven in uns aufzusaugen.

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Adrian Greiter

Allzu viel Zeit lässt mir Teschi aber nicht, schließlich ist das Revier riesig, und es gibt hier noch jede Menge auf Stollenreifen zu erkunden. Der Thüringer Wald ist mit gut 1000 Quadratkilometern Fläche eines der größten Waldgebiete Deutschlands. Die höchste Erhebung? Der Große Beerberg mit 982 Metern – kein alpiner Riese, aber auch kein Zwerg. Mehr als 100 000 Wanderer überqueren das Gebiet jedes Jahr auf dem Rennsteig, der 170 km lange Kammweg gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Wanderwegen Deutschlands. Und auch die mittlerweile angelegte MTBRoute erfreut sich immer größerer Beliebtheit.

Ein legales Vergnügen

Wir wollen allerdings zunächst mal die Trails im weiteren Umfeld von Eisenach erkunden. Tag zwei bringt uns etwas weiter weg von der Wartburg in die umliegenden Berge. Der Inselsberg ist einer davon und mit 916 m der vierthöchste im Thüringer Wald. "Heute sind die Abfahrten länger als gestern, aber trotzdem teilweise anspruchsvoll", kündigt Teschi an. Der Weg nach oben beginnt abwechslungsreich und führt uns über breite Wege und kurze Trail-Abschnitte. Oben auf dem Gipfelplateau, das sich gewölbt über rund 700 Meter erstreckt, eröffnet sich eine fantastische Fernsicht. Allerdings müssen wir auch wieder runter – übers Inselloch, das auf der Nordseite liegt und mit etwa 300 Metern Höhenunterschied den steilsten Geländeabschnitt im westlichen Thüringer Wald darstellt. Umgehend wird es steil und stufig, bevor wir, wie an einem Strich gezogen, über eine Wiese fahren. Der Weg, zunächst flach, wird etwas steiler und taucht dann in den tiefen Wald ein. Dort geht es, durchzogen von Wurzeln, in wenigen Kurven, also eher schnurstracks, ins Tal.

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Adrian Greiter

Das Beste aber: Mountainbiker fahren hier sogar legal. Teschi erklärt, dass – abgesehen von ein paar, den Wanderern vorbehaltenen Schluchtstrecken – fast alle Wege zum Radfahren erlaubt sind. Allerdings legte die hiesige Forstbehörde Wert darauf, dass die Benutzung aller Wege auf eigene Gefahr geschehe und keine Haftung des jeweiligen Waldbesitzers erfolge – gut so! Probleme? Haben wir hier keine. Die Wanderer, die wir treffen, begegnen uns so freundlich wie wir ihnen, es scheint, als würde hier ein Miteinander in friedlicher Koexistenz gepflegt.

Pittoreske pur

Teschi führt mich weiter auf den Großen Hörselberg. Zuerst auf einer kleinen Asphaltstraße, dann immer steiler auf Schotter, bevor wir bei einem Ausflugslokal den Gipfel erreichen. Eine Abbruchkante markiert deutlich das Ende der Auffahrt, und es öffnet sich ein grandioser Blick über die umliegenden Dörfer und Wälder. Im Talgrund fährt gerade ein Zug vorbei. Die gesamte Landschaft wirkt auf mich irgendwie wie eine überdimensionale Modelleisenbahn.

Die schon tief stehende Sonne lässt den nun folgenden Kammtrail in besonderem Licht erscheinen. Der Weg ist durchzogen von kleinen Kieselsteinen und großen Felsplatten und verspricht riesigen Abfahrtsspaß. Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, zwischendurch anzuhalten, um Fotos zu schießen. Aber wir sind völlig im Flow und rauschen durch bis runter zur Straße am Ende des Trails. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Wir müssen noch mal nach oben, um nach Eisenach zurückzugelangen. Aber auch das lohnt sich! Wieder am Gipfel angekommen, geht es in die andere Richtung: Viele Spitzkehren und anspruchsvolle Steilpassagen auf Felsplatten erwarten uns. Allerdings auch einige Gegenanstiege, weshalb wir später als geplant zurückkommen.

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Adrian Greiter

Dass wir es am nächsten Tag etwas ruhiger angehen lassen, kommt mir deshalb gar nicht so ungelegen. Wir nehmen erst mal ein paar angelegte Trails unter die Stollen. Richtig entspannt geht es weiter durch den tiefen Wald und über kupiertes Gelände nur wenige Höhenmeter hinauf, bevor es wieder in schöne Schmalspurwege bergab geht. Die Mittagspause verbringen wir direkt in der Innenstadt von Eisenach: Teschi führt uns vorbei am Luther-Haus – einem der ältesten erhaltenen Fachwerkhäuser Thüringens, in dem Martin Luther während seiner Schulzeit wohnte – und am Geburtshaus von Johann Sebastian Bach, das heute ein Museum beherbergt.

Keine Bratwürste!

Wir essen in einem typisch Thüringer Restaurant. "Keine Würste", mahnt Teschi zunächst zu meiner Enttäuschung: "Wir haben auch noch andere traditionelle Gerichte!" Es gibt Thüringer Kartoffelklöße – so wie es sich hier gehört mit Blaukraut und Rinderroulade. Meine Enttäuschung schlägt in Begeisterung um. Allerdings ziehen mich die Klöße bei den anschließenden Anstiegen mächtig nach unten. Zum Glück haben wir nicht mehr so viele Höhenmeter vor uns, weil wir entlang des Rennsteigs biken wollen. Und außerdem überrascht mich Teschi: mit einer Bootsfahrt!

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Adrian Greiter

Schiff ahoi!

Meine Begeisterung schlägt in Enttäuschung um, als ich den Untersatz sehe: ein 2 x 1-Meter "großes" Packraft-Boot. "Und wie soll ich damit und mit meinem Bike zum Startpunkt des Rennsteigs kommen?", frage ich ungläubig. Teschi nimmt mir die Sorgen: Unsere Bikes werden geshuttled. Zunächst fühlt es sich auf unseren Schlauchbooten zwar ein wenig schaukelig an, aber dann macht es riesig Spaß, mit den Booten die mit nur sanfter Strömung dahinmäandernde Hörsel hinabzufahren. In Hörschel, wo die Hörsel in die Werra mündet und sich das Tor zum Rennsteig befindet, wartet schon Matthias mit unseren Bikes auf uns. So tauschen wir Schlauchgegen Carbon-Gefährt und kurbeln völlig entschleunigt über die Hohe Sonne nach Eisenach.

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Adrian Greiter

Zum Abschluss des Trips in den Thüringer Wald führt mich Teschi nach Oberhof – eigentlich als Wintersportmekka berühmt, neben der neuen Bobbahn befindet sich aber auch ein Bikepark. Dieser ist zwar noch recht übersichtlich, aber die drei rund 900 Meter langen Abfahrten und der Pumptrack sind vorbildlich gepflegt, der Sessellift neu. Und vier weitere Strecken werden derzeit von einer professionellen Firma in den Hang gezaubert. Adrian Seeber, Produktmanager der Aktivregion Rennsteig im Thüringer Wald, erklärt uns die Vision dahinter: "Wir wollen in den kommenden Jahren der größte Bikepark in Mitteldeutschland werden."

Anlieger, Wellen, Sprünge

Zuerst geht es für uns zum Einrollen auf den "Wies’n Trail": Gleich zu Beginn wartet ein mächtige großer Sprung auf uns. Es gibt zwar auch einen Chicken Way – was für Teschi aber keine Option ist. Stylisch zieht er einen fetten Whip weit hinunter in die Landezone. Weiter geht es in großen Kehren über den Wiesenhang, den im Winter die Skifahrer und Snowboarder unsicher machen. Danach tauchen wir in den "T-Wood Trail" ab. Auf knapp einem Kilometer erwarten uns jede Menge Anlieger, Tables, Wellen und Doubles. Diese flowige Bahn ist bisher das Herzstück des Bikeparks und sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene bestens geeignet. Mein Versuch, hinter Teschi zu bleiben, scheitert allerdings kläglich! Ich sehe den ehemaligen Pro nur noch auf den langgezogenen Passagen, wenn er bei Sprüngen kräftig abzieht und hoch in der Luft steht. Auch der "Fallbach Trail", der weitestgehend im Wald verläuft, ist gespickt mit jeder Menge Jumps und technischen Passagen im natürlichen, wurzeldurchsetzten Gelände.

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Adrian Greiter

"Aber jetzt zum Abschied noch ’ne Wurst", schlage ich Teschi vor. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht mehr, ob es meine achte oder neunte ist, seit ich hier bin. Ist aber auch egal. Der vorlaute Bratwurstbratgerätbediener erklärt nämlich: "Ist der Mensch auch noch so klein, es geht immer noch ne Bratwurst rein.