Wo früher scharf geschossen wurde, schießen heute die Rennradfahrer auf den Passstraßen Richtung Tal. Das in einem Hochtal gelegene Örtchen Andermatt war einst Teil wichtiger Handelsrouten. Später wurde das Dorf zu einem bedeutenden Militärstützpunkt. Doch mittlerweile wird Andermatt touristisch immer interessanter. Ganz besonders, wenn man auf eindrucksvolle Alpenrunden mit dem Rennrad abfährt.
Wo liegt Andermatt?
Der Ort Andermatt liegt im Urserntal im Schweizer Kanton Uri. Bis zur Eröffnung des Gotthardtunnels im Jahr 1882 spielten Handel und Tourismus eine wichtige Rolle. Später war Andermatt vor allem militärisch relevant. Erst seit Anfang des 21. Jahrhunderts erlebt der Tourismus unter dem Projekt Andermatt Swiss Alps einen neuen Aufschwung.
Wann ist die beste Rennradzeit in Andermatt?
Abhängig von den Witterungsbedingungen öffnen die Alpenpässe in der Regel ab Mitte Mai bis Anfang Juni und werden Ende Oktober geschlossen. Speziell im Frühjahr und Herbst sollten Radsportler sich vor der Passfahrt über Straßenzustand und Wetter auf dem Pässe-Portal des Touring Club Schweiz informieren.
4 Rennrad-Touren-Tipps im Andermatt
Jeden Tag ein anderer Traumpass. Oder zwei. Oder drei. Kaum ein Ort auf der Welt bietet eine solche Dichte epischerRennrad-Anstiege. Acht dieser Herausforderungen hat ROADBIKE in diesen vier Strecken zusammengefasst.
1. Göscheneralpsee
Zum Aufwärmen einmal hoch zum See: Nach der Abfahrt bis Göschenen wartet der wunderschöne Anstieg über die rund zehn Kilometer lange Sackgasse zum Göscheneralpsee. Nach einer Kaffeepause im Berggasthaus geht es auf gleicher Strecke zurück.
2. Furka, Nufenen, Gotthard: Dreipässe-Klassiker
Die laut Fotograf und Radsportler Alain Rumpf (siehe Interview unten) "Nummer-eins-Rennradrunde in den Alpen" gilt als echter Klassiker der Region. Die anspruchsvolle Strecke führt über die drei auf mehr als 2000 Metern Höhe gelegenen Pässe Furka, Nufenen und Gotthard, inklusive der Tremolastraße.
3. Oberalp, Lukmanier, Gotthard
Die Runde über den östlichen Abschnitt des Alpenbrevets führt zunächst über Oberalppass und Lukmanierpass. Nach einer richtig langen Abfahrt ins Tessin wartet der mehr als 40 Kilometer lange Anstieg entlang des Flusses Tessin Richtung Gotthard.
4. Susten, Grimsel, Furka: Dreipässe-Herausforderung
Die Fahrt über die drei Hochgebirgspässe bietet viele Höhenmeter, aber auch viele Höhepunkte der Schweizer Alpen. Wer es sich mit über 5000 Höhenmetern richtig einschenken will, biegt vor dem Furkapass Richtung Nufenen und Gotthard ab.
3 Radsport-Hotels in Andermatt
The Chedi Andermatt: Viel nobler geht es nicht. Das Luxushotel ist eines der Prestigeobjekte von Andermatt Swiss Alps. Neben komfortablen Zimmern bietet das Haus einen großen Wellnessbereich und erstklassige Restaurants.
Sust Lodge: Das auf Radfahrer ausgelegte Hotel findet sich in Hospental am Fuße von Gotthard und Furka. Neben charmantenZimmern zu moderaten Preisen gibt es hier etwa einen eigenen Radkeller nebst Waschstation für das "Rennvelo".
The River House: Das nachhaltig ausgerichtete Boutique-Hotel liegt mitten in Andermatt. Die hübschen Wohlfühlzimmer zeigen vielHolz, geheizt wird per Geothermie. Und in der Hotelbar Di Alt Aopthek gibt es nicht nur großartige Cocktails, sondern auch leckere Fusion-Küche.

Die alte, mit Pflastersteinen besetzte Straße von Airolo auf den Gotthardpass ist in jeder Hinsicht ein radsportlicher Höhepunkt. In 24 Kehren überwindet die 1832 fertiggestellte und 1951 rekonstruierte Straße rund 300 Höhenmeter.
Essen und Trinken in Andermatt
Bergrestaurant Gütsch: Im Gütsch wartet Haute Cuisine im doppelten Wortsinn. Denn das Bergrestaurant liegt nicht nur auf 2340 Metern Höhe. Chefkoch Markus Neff verwöhnt den Gaumen auch mit ausgezeichneter Küche.
Restaurant Spycher: Egal ob auf der Terrasse oder an der Bar: In dem Restaurant mitten in Andermatt werden leckere Pizzen und regionale Spezialitäten serviert.
Café Toutoune Nach der Tour locken im Toutoune vorzüglicher Cappuccino und hausgemachte Kuchen mit neuer Energie.
Insidertipp: Die Bratwurst auf dem Gotthardpass: Als "letzte Bratwurst vor der Abfahrt" hat die Einkehr am Grill oben auf dem Gotthardpass für Andermatt-Experten Alain Rumpf fast schon Tradition. "Bevor es runter Richtung Andermatt geht, gönne ich mir hier noch eine Stärkung. Das gehört für mich einfach dazu", sagt er.
Andermatt: Anreise
Bahn: Von Frankfurt/Main geht es in etwa sechs Stunden über Basel SBB und Göschenen nach Andermatt, das letzte Stück mit der Matterhorn Gotthard Bahn.
Auto: Von Frankfurt/Main geht es über die A5 bis Basel und weiter über die A2 nach Göschenen, von dort dann über Gotthardstraße und Teufelsbrücke weiter nach Andermatt. Die Gesamtfahrzeit für die rund 500 Kilometer beträgt etwa fünf Stunden, in der Schweiz wird eine Vignette fällig.

Der Name Andermatt stammt vom rätoromanischen "an der Matte, an der Wiese".
Tipps vom Experten: Interview mit Alain Rumpf
Alain Rumpf ist Fotograf und Radsportler aus der Schweiz. ROADBIKE hat mit ihm über die Faszination Andermatt gesprochen. Ihr findet ihn als @aswisswithapulse auf Instagram.
Oh ja! Ich war hier als Teenager eine Woche lang auf einem Radcamp für Kinder. Da bin ich zum Beispiel zum ersten Mal mit demRennrad auf den Nufenenpass gefahren. Ich habe gleich gespürt, dass dies eine besondere Welt ist.
Nein, in meiner Kindheit war Andermatt kein Urlaubsziel, sondern ein Militärstützpunkt. Erst mit der Reform der Schweizer Armee änderte sich das. Touristisch wird der Ort erst seit etwa 20 Jahren entwickelt. Damals verliebte sich ein wohlhabender Ägypter in die Region, der mit seiner Firma weltweit touristische Projekte realisiert. Erhatte die Vision von dem Andermatt Swiss Alps Resort auf dem ehemaligen Militärgelände. Dabei hat man irgendwann auch erkannt, dass die Radsportler eine interessante Zielgruppe sind.
Die Lage. Der Ort liegt an einem der historisch wichtigsten Wege durch die Alpen und ist aus allen Richtungen entsprechend gut zu erreichen. Auch entspringen der Rhein Richtung Norden und die Rhone Richtung Süden in der Nähe. Und dann hast du hier einfach diese großartige Bergwelt. Einige der schönsten Passstraßen der Alpen lassen sich von Andermatt aus mit dem Rennrad erreichen. Es gibt nicht viele Orte, von denen aus du praktisch jeden Tag einen anderen, grandiosen Pass erobern kannst. Es ist ein Pässe-Paradies.
Definitiv. Als Radsportler und Fotograf. Ein Höhepunkt war das Alpenbrevet, das ich 2013 absolviert habe. Damals startete es noch in Meiringen und führte auf 270 Kilometern über die großen Pässe der Region – und durch Andermatt. Mittlerweile ist Andermatt sogar Start- und Zielort des Alpenbrevets. Generell muss ich sagen: Ich habe in meinem Leben als Radsportler schon viel gesehen. Aber Rennrad fahren rund um Andermatt ist eine der tollsten Sachen, die du machen kannst. Eigentlich sitze ich mittlerweile ja lieber auf dem Gravelbike. Aber wenn ich hier unterwegs bin, merke ich wieder, wie viel Spaß mir das Rennradfahren macht.
Nein, leider nicht. Das muss ich dringend mal nachholen. Ich habe aber schon oft gehört, dass es toll sein soll. Es gibt zum Beispiel mit dem Octopus Gravel seit einigen Jahren ein eigenes Event. Das muss ich mal ausprobieren. Allerdings sprechen wir hier natürlich von alpinem Graveln. Sprich: Es wird steil und auch mal technisch anspruchsvoller.
Ganz oben auf der Liste steht die Tour über Furka-, Nufenen- und Gotthardpass. Das ist für mich die Nummer-eins-Rennradrunde in den Alpen. Besser geht es einfach nicht! Auf 100 Kilometern fährst du über diese drei grandiosen Pässe und sammelst dabei 3000 Höhenmeter. Sowohl sportlich als auch landschaftlich ist das eine unglaubliche Erfahrung.
Du fährst ab Andermatt erst durchs Tal, dann tief in den Berg rein, schließlich steil Richtung Passhöhe ins Hochgebirge. Du lässt die Baumgrenze hinter dir, blickst auf die Gletscher. Dazu kommt ganz viel Geschichte am Furkapass. Etwa die berühmte Verfolgungsjagd aus dem James-Bond-Klassiker "Goldfinger". Damals führte übrigens noch eine Gravel-Straße zur Passhöhe. Und das auch im Film zu sehende Hotel Belvedere ist der wohl "most instagrammable Spot" für Radsportler in den Alpen. Hier kann man sehr schöne Fotos machen. Doch Vorsicht: In der Realität ist die Erfahrung eher ernüchternd. Da siehst du einfach einen großen Parkplatz voller Autos, viel Verkehr und ein kurz vor dem Verfall stehendes Gebäude.
ür mich ist das unbestritten der Gotthardpass über die Tremola. Mit ihren vielen Kehren und kaum Verkehr ist diese Straße für mich sowohl als Radsportler als auch als Fotograf toll. Ganz zu schweigen von dem Kopfsteinpflaster, das diesen Anstieg so besonders macht. Und wir sprechen hier von einigen Kilometern schönem, sanftem Schweizer Kopfsteinpflaster. Das ist nicht so eine Qual wie bei Paris–Roubaix. Die Tremola würde ich allerdings nur bergauf fahren. Bergab macht das wirklich keinen Spaß. Ganz wichtig: Wenn du hier fährst, dann fahr nicht für Strava. Fahr für den Moment. Und vielleicht noch für die Fotos.
Die Anstiege hier sind lang, aber es wird nie supersteil. Es braucht also keine außergewöhnliche Übersetzung. Aber bergtauglich sollte das Rad natürlich sein. Speziell für die Tremola würde ich zudem etwa 28 Millimeter breite Reifen empfehlen.