Specialized Roubaix SL8 Comp im Test

Endurance-Renner mit Front-Federung
Specialized Roubaix SL8 Comp im Test

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Veröffentlicht am 28.04.2024
Specialized Roubaix SL8 Expert
Foto: Bjoern Haenssler

Kurz und knapp

  • Endurance-Rennrad mit Future-Shock 3.2 (20-mm-Frontfederung unter dem Vorbau)
  • 40 mm Reifenfreiheit
  • Fokus auf Laufruhe und Geradeauslauf
  • 9,1 kg Komplettradgewicht in Rahmengröße 58 cm
  • 4800 Euro mit Shimano 105 Di2-Gruppe
Specialized Roubaix SL8 Expert
Bjoern Haenssler

Weiterentwicklung einer Ikone

Das Roubaix von Specialized schreibt sich auf die Fahne, eines der allerersten Komfort- bzw. Langstreckenrennräder – neudeutsch: Endurancebikes – gewesen zu sein. Unbestritten hat das Roubaix die Rennradwelt beeinflusst – und ganz nebenbei große Siege errungen, unter anderem bei Paris-Roubaix mit einem gewissen Herrn Peter Sagan. Im September 2023 stellten die US-Amerikaner eine neue Version des Roubaix' vor, das die Kennung SL8 trägt – analog zum ebenfalls unlängst überarbeiteten Wettkampfrennrad Tarmac.

Specialized Roubaix SL8 Expert
Bjoern Haenssler

Neun Ausstattungsvarianten des Roubaix SL8 bietet Specialized derzeit in Europa an: zu Preisen von 2800 bis 14 000 Euro. Dass es einer solventen Klientel vorbehalten ist, die sündhaft teuren S-Works-Modelle zu fahren, ist unbestritten. Wir wollten hingegen wissen, was eine noch am ehesten für eine breite Masse bezahlbare Version so drauf hat – und haben das Specialized Roubaix SL8 Comp für 4800 Euro zum Labor- und Praxistest eingeladen.

Specialized Roubaix SL8 Expert
Bjoern Haenssler

Labor- und Praxistest Roubaix SL8 Comp

Schon beim ersten Betrachten des Roubaix SL8 Comp fällt auf, dass die Hersteller mittlerweile sehr unterschiedlich interpretieren, was genau Endurance eigentlich ist. Bei manchen Marken bedeutet Endurance vor allem eine entspanntere Sitzposition und womöglich noch das ein oder andere Komfort-Feature (wie etwa bei Canyons sportlich orientiertem Endurace), andere Anbieter versuchen sich am perfekten Allrounder mit ausgewogener Fahrerhaltung und Lenkung, mittlerer Reifenfreiheit und Montagepunkten für Schutzblechen und Packtaschen (stellvertretend sei etwa das neue Focus Paralane genannt). Specialized zählt zu jenen Marken, die am Endurance-Rennrad maximalen Dämpfungskomfort und eine gewisse Geländegängigkeit in den Mittelpunkt stellen – dank eines aktiven Federelements und üppiger Reifenfreiheit.

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Herzstück auch des getesteten Roubaix SL8 Comp ist die mittlerweile dritte Generation der Frontfederung Future Shock. Dabei handelt es sich um ein zwischen Oberkante Steuerrohr und Unterkante Vorbau sitzendes aktives Federelement, das die gesamte Einheit aus Vorbau und Lenker um 20 Millimeter nach unten einfedern lässt.

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In der Praxis funktioniert das wunderbar: Schläge und Stöße des Untergrunds werden effektiv abgeschwächt, Handgelenke, Arme, Nacken-Schulterbereich und Rücken werden entlastet und ermüden langsamer. Dass "nur" die mittlere von drei Futureshock-Varianten beim Roubaix SL8 Comp verbaut ist, verschmerzt man. Die Version 3.2, die am getesteten Modell eingebaut ist, dämpft hydraulisch, durch einen Austausch der Federn ließe sich die Federungsstärke noch feiner auf das eigene Gewicht oder die gewählten Strecken abstimmen. Dass man nicht – wie bei der Top-Version 3.3 – während der Fahrt die Federungsstärke per Drehknopf an der Vorbauabdeckung anpassen kann? Geschenkt! (Version 3.1 ist auch individuell einstellbar, federt aber nicht hydraulisch)

Specialized Roubaix SL8 Expert
Bjoern Haenssler

Doch auch am Heck liefert das Roubaix auf dem ROADBIKE-Prüfstand mit 141 N/mm einen Top-Komfortwert – ganz ohne aktive Federung. Möglich wird dies durch eine neue Sattelklemmung, die 65 Millimeter tiefer im Rahmen sitzt und dadurch der D-Shape-Sattelstütze mehr Hebelweg zum Flexen bietet.

Diese Komfortmaßnahmen zahlen sich aus: Das Roubaix fährt sich sehr geschmeidig – mit klarem Fokus auf Laufruhe und Geradeauslauf. Auf glatt asphaltierten Straßen werden manche vielleicht etwas Fahrdynamik vermissen, auf drittklassigen Pisten oder auf Schotter sorgen der breite Lenker, lange Kettenstreben und langer Radstand hingegen für Sicherheit und Kontrolle.

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Kein Zufall, denn wie bereits angedeutet bietet das Roubauix mehr Gravel-Potenzial als manch anderes Endurance-Rennrad: Schon die werkseitig montierten 32-mm-Pneus bauen auffällig breit, machen gelegentliche Schotterausflüge klaglos mit und bewährten sich im ROADBIKE-Dauereinsatz auf unzähligen Kilometern Waldautobahn.

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Das Roubaix SL8 bietet aber satte 40 Millimeter Reifenfreiheit. Diese ermöglichen, entsprechend bereift, problemlos auch längere Gravel-Touren. Montagepunkte für drei Flaschenhalter, eine Oberrohrtasche und Schutzbleche qualifizieren das Roubaix zum Ganzjahresrad und Begleiter auf Bikepacking- und Abenteuertrips.

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Größter Kritikpunkt: das eher hohe Gewicht von über neun Kilogramm in Rahmengröße 58. Besonders die klassisch eingespeichten Laufräder mit Specialized-Naben und DT Swiss G540-Aluminiumfelgen nehmen dem Roubaix mit ihren 3551 Gramm Setgewicht (mit montierten Reifen, Bremsscheiben und Kassette) viel an Fahrdynamik und Beschleunigungskraft.

Tadellos arbeitet Shimanos 105 Di2, die mit Kompaktkurbel und 11-36er Kassette auch an steilsten Alpenpässen flüssiges Pedalieren ermöglicht. Bergab verzögern die hydraulischen Scheibenbremsen mit 160-mm-Bremsscheiben vorn wie hinten verlässlich.

Fazit

Das Specialized Roubaix SL8 Comp ist ein technisch eigenständiges, sehr vielseitiges Endurance-Rennrad, das im ROADBIKE-Labor hervorragende Komfortwerte liefert. Mit üppiger Reifenfreiheit bietet es mehr Gravelpotenzial als manch anderer Vertreter dieser Gattung. Das hohe Gewicht von Komplettrad und Laufrädern reduziert den Fahrspaß etwas, passt aber zum eher laufruhigen statt heißblütigen Charakter. 4800 Euro sind ein strammer Preis für das Gesamtpaket, was bei einer eher hochpreisigen Marke wie Specialized aber nicht überraschen sollte.

Specialized Roubaix SL8 Expert
Bjoern Haenssler