Das Projekt
Eine Saison lang trainiert Redakteur Moritz Pfeiffer angeleitet vom Radlabor streng nach Plan: 5–10 Stunden pro Woche im Familien- und Berufsalltag. Leistungsexplosion oder Stimmungskiller? Die Ziele: Eschborn–Frankfurt und der Granfondo La Stelvio Santini. Ein Selbstversuch zum Mitmachen.
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Der Fahrplan
Zuckerbrot und Peitsche – so könnte man den ersten Block des Trainingsplans bezeichnen, den das Radlabor für mich entwickelt hat. Neben ruhigen Grundlageneinheiten gibt es nämlich früh im Jahr schon ordentlich eins auf die Zwölf – bei sogenannten HIIT-Einheiten (Hochintensives Intervalltraining). "Die Leistungsdiagnostik hat gezeigt, dass deine Grundlagenausdauer gut ausgeprägt ist, die Laktattoleranz hingegen ausbaufähig", erklärt mir Radlabor-Coach Michi Ecklmaier, "das sehen wir sehr oft bei Hobbyfahrerinnen und -fahrern. Dann in den Wintermonaten und zu Beginn des Frühlings immer weiter Grundlage zu trainieren, bringt wenig – stattdessen verbessern wir mit hochintensiven Einheiten gezielt die maximale Sauerstoffaufnahme und die Laktataufnahme. Ziel: mehr Watt treten zu können und erst später in den ‚roten Bereich‘ zu kommen. Später, in der Aufbauphase, konzentrieren wir uns dann auf Ausdauer, Bergtraining, langes Fahren an der Schwelle – also was es für die Teilnahme an einem Radmarathon braucht."
Wer mittrainieren möchte, orientiert sich am besten an den Tipps im Interview, dem Beispiel zur Trainingsperiodisierung sowie den in der Folge vorgestellten HIIT-Einheiten.

Gerade in der Frühphase des Trainings sind die Einheiten draußen in der Regel entspannte Fahrten im Grundlagen-Tempo - intensive Trainingsreize werden auf der Rolle gesetzt.
Die Trainingsperiodisierung
Wer sich einen Trainingsplan schreiben möchte, rechnet vom angestrebten Jahreshöhepunkt rückwärts. Das hier gezeigte Beispiel für einen Radmarathon in den Bergen kann als Orientierung dienen. Dabei ist der Anteil hochintensiver Einheiten in der Grundlagenphase am höchsten, die Aufbauphase konzentriert sich auf die wettkampfspezifischen Anforderungen beim Radmarathon. Wer auf ein Rennen hinarbeitet, trainiert hingegen auch in der Aufbauphase intensiver.

Beispiel für eine Trainingsperiodisierung mit Trainingsziel Radmarathon.
Das Experteninterview: "Nur Grundlage bringt einen nicht weiter."
Sportwissenschaftler Michael "Michi" Ecklmaier ist Trainer beim Radlabor in München, coacht Redakteur Moritz Pfeiffer und bietet im Interview allen Interessierten Hilfe zur Selbsthilfe.
ROADBIKE: Was muss man beachten, wenn man schon früh im Jahr hochintensiv trainiert?
Ecklmaier: Dass eine Aktivierungsphase von zwei bis drei Wochen mit ruhigen Grundlageneinheiten stattgefunden hat. Auf keinen Fall sollte man aus einer Winterpause kommend sofort mit hochintensivem Training einsteigen. Rennradneulingen rate ich, seltener und reduziert hochintensiv zu trainieren – und erst nach einer Sporttauglichkeitsuntersuchung und Trainingszonenbestimmung.
Überfordert hochintensives Training früh im Jahr nicht?
Nicht, wenn die Grundlage da ist und ausreichend regeneriert wird. Sich nach intensiven Einheiten vollständig zu erholen, ist der Schlüssel für den Formaufbau. Wichtig: Pro Woche nicht mehr als zwei hochintensive Tage einplanen – und nicht direkt hintereinander. Auf einer Intensitätsskala von eins bis zehn sollten die HIIT-Einheiten eine Acht sein.

Sportwissenschaftler und Radlabor-Coach Michael "Michi" Ecklmaier (r.) trainiert ROADBIKE-Redakteur Moritz Pfeiffer für die Artikelserie "Training nach Plan".
Wie plant man die restlichen Einheiten der Woche?
Nach hochintensivem Training wirken KB-Einheiten Wunder – selbst wenn es nur 30 oder 45 Minuten lockeres Pedalieren ist, hilft das bei der Regeneration. Darüber hinaus empfehle ich eine längere Grundlagenausfahrt von zwei bis vier Stunden und mindestens einen kompletten Ruhetag. Für Berufstätige mit Familie sind das ordentliche, aber gut machbare Umfänge.
Wie starr sollte man sich an einen Trainingsplan halten?
Training ist immer eine Gratwanderung zwischen Langzeitplanung und Flexibilität im Alltag. Grundsätzlich gilt: lieber klug und flexibel reagieren, statt sich sklavisch an den Plan zu halten – dann rutscht man nur ins Übertraining oder wird krank. Man sollte sich immer fragen: Wie habe ich die letzte intensive Einheiten verkraftet, bin ich schon bereit für das jeweils anstehende Tagesprogramm? Schaffe ich auch alle privaten/beruflichen Verpflichtungen? Der Schlüssel dafür ist ein gutes Körpergefühl: in sich hineinhorchen, ehrlich mit sich sein, akzeptieren, wenn man etwas nicht schafft. Schleppe ich mich zur Arbeit, habe keine Lust auf Sport und falle abends früh ins Bett, ist es höchste Zeit rauszunehmen.
Der Trainingsalltag – Erfahrungen
Gecoacht zu werden, wie es das Radlabor für Hobbysportlerinnen und -sportler anbietet, bedeutet: viel mit dem Trainer kommunizieren, Einblicke gewähren in Beruf und Privatleben, Trainingsfeedback geben. Je nach Zeitbudget, Körpergefühl und Wetter passt Coach Michi Ecklmaier meine Pläne kurzfristig an. In der Regel planen wir 14 Tage im Voraus. Michi stellt dann entsprechende Workouts in einer Online-Plattform mit Namen Atleta bereit – fahre ich diese auf der Rolle, kann ich dort bereits eine Zwift-Datei herunterladen. Meine Workouts werden automatisch vom Garmin-Radcomputer auf Atleta hochgeladen, wo Michi sie auswerten kann.
Nach den ersten Wochen muss ich sagen: Gezielt zu trainieren, verändert den Charakter jeder Ausfahrt, macht mir aber viel Spaß. Grundlageneinheiten absolviere ich draußen – beim Pendeln zur Arbeit oder beim Vereinstraining –, die harten Einheiten abends auf der Rolle, sobald die Kinder im Bett sind. Das hochintensive Intervalltraining ist für meinen "Dieselmotor" ungewohnt, die Regeneration danach hochwillkommen und bitter nötig. Ungewohnt ist auch, jenseits des HIIT-Trainings sehr viel langsamer zu fahren als üblich, bewusst rauszunehmen. Insgesamt bemerke ich, dass ich auch im Alltag oft an das Training denke, sehr fokussiert und motiviert bin, weniger in den Tag hineinlebe. Ob sich die Hingabe auch in Formzuwachs ausdrücken wird? Das werden die nächsten Wochen zeigen!
Beispiel für eine Trainingswoche in dieser Trainingsphase
- Montags: Ruhetag oder Ausgleichssport/Stabi-Übungen
- Dienstags: 1,5 bis 2,5 Stunden ruhiges Grundlagentraining (zum Beispiel mit dem Rad zur Arbeit fahren, ggf. mit kleiner Schleife auf dem Heimweg)
- Mittwochs: 1 Stunde gezieltes HIT-Workout auf der Rolle (für Eltern zum Beispiel abends, wenn die Kinder im Bett sind)
- Donnerstags: Ruhetag
- Freitags: 1 Stunde ruhiges Grundlagentraining oder "nur" lockeres Pedalieren im KB-Bereich. Alternativ/ergänzend Ausgleichssport/Stabi-Übungen
- Samstags: 2 bis 3 Stunden ruhiges Grundlagentraining
- Sonntags: 1 Stunde gezieltes HIT-Workout auf der Rolle
Die Workouts der Phase 2

Autsch! Diese hochintensiven Intervalle mit unvollständiger Erholung treiben den Puls hoch und trainieren die maximale Sauerstoffaufnahme. Wichtig: Auf eine ausreichende Kohlenhydratzufuhr während und nach der Session achten und von der Anstrengung sehr gut erholen, bevor wieder (intensiv) trainiert wird. Tipp: Auf jeweils 30-sekündige Intervalle abkürzen, wenn die Belastung zu hoch ist.
Wichtiges Trainingswissen und Erklärungen von Abkürzungen und Fachbegriffen findet Ihr in unserem Lexikon Trainingswissen.

Auch diese Einheit verfolgt – wie die 40/20-Intervalle – das Ziel, die maximale Sauerstoffaufnahme und die Laktatschwelle zu verbessern, allerdings mit etwas geringerer Intensität, dafür längerem Intervall. Auch hier gilt, während und nach der Einheit ausreichend Kohlenhydrate zuzuführen. Zwischen den beiden Einheiten sollten mindestens zwei Tage (aktive) Erholung liegen.
Das Bikefitting
"Ziel eines Bikefittings ist es, komfortabel und schmerzfrei auf dem Rad zu sitzen", erklärt Radlabor-Experte Michi Ecklmaier, "die Position, in der man sich am wohlsten fühlt, ist meist auch die beste in puncto Kraftübertragung und Aerodynamik." Das Bikefitting ist mein erstes – obwohl ich schon seit 26 Jahren Rennrad fahre. Wie viel Optimierungspotenzial auch bei mir "altem Hasen" bestand, hat mich überrascht.
Das Rad
Für das Projekt "Trainieren nach Plan" wird das neue Focus Izalco Max mein fahrbarer Untersatz sein – ein aerodynamisches Allround-Rennrad, das sowohl bei den Renneinsätzen als auch beim Radmarathon eine gute Wahl sein dürfte. Oder anders gesagt: Wenn ich die gesetzten Trainingsziele nicht erreiche, wird es nicht am Material gelegen haben...

Das Rad von Redakteur Moritz Pfeiffer während des Projekts "Trainieren nach Plan": das neue Focus Izalco Max 8.9
- Hersteller: Focus
- Modell: Izalco Max 8.9
- Rahmen: Carbon
- Gruppe: Shimano 105 Di2
- Übersetzung: 50/34-Kurbel, 11-30er-Kassette
- Laufräder: Novatec R4
- Gewicht: 8,2 kg (in Größe XL)
- Preis: 4799 Euro
Die Originalausstattung wird an drei Punkten verändert. Erstens montiert Redakteur Moritz Pfeiffer beim Radmarathon La Stelvio Santini Shimanos 11-36-Kassette – gut investierte 99,95 Euro, um am steilen Passo del Mortirolo und am Passo dello Stelvio dank hoher Trittfrequenz Kräfte sparen zu können.
Zweitens wurde für optimale Steuerung ein Powermeter nachgerüstet, da Focus das Izalco Max 8.9 werkseitig ohne Leistungsmessung ausliefert. Eine attraktive Lösung dafür: der Factory Install von Stages. Dafür wird die vorhandene Kurbel an Stages eingeschickt, die im Werk in Boulder/Colorado einen Powermeter nachrüsten. Der Prozess dauerte fünf Wochen, die Kurbel liefert seither verlässliche Daten und ermöglicht wattbasiertes Training sowie Pacing im Wettkampf. Kostenpunkt: faire 299 Euro.

Stages Factory Install: An die vorhandene Kurbel wird nachträglich durch Stages ein Powermeter installiert. Für 299 Euro eine der günstigsten Möglichkeiten, wenn man mit Wattmessung trainieren möchte - und die eigene Kurbel ca. fünf Wochen entbehren kann.
Drittens wurde der Sattel – das vielleicht individuellste Anbauteil eines Rennrads – getauscht. Laut Satteldruckmessung passt Ergons SR Comp Men besonders gut zum Redakteurshintern. Der 276-Gramm-Sattel kommt mit TiNox-Streben und kostet 99,95 Euro – mit Carbon-Sitzschale bzw. mit Carbon-Sitzschale und Carbon-Streben spart man Gewicht, zahlt aber 30 bzw. 100 Euro mehr.

Ergons Straßensattel SR gibt´s für Männer und Frauen in verschiedenen Ausführungen zu Preisen zwischen 99 und 199 Euro. Redakteur Moritz Pfeiffer sitzt gut auf der günstigsten Version SR Comp Men.