Den bequemsten Sattel aller Zeiten bauen – nicht weniger hat sich Specialized mit dem neuen Mirror-Sattel vorgenommen. Anders als bei herkömmlichen Sätteln besteht die Sitzfläche nicht aus Schaumstoff. Stattdessen wird ein flüssiges Polymer zu einer Wabenstruktur "gedruckt", wie auch beim Fizik Antares Versus Evo 00 Adaptive, der Anfang 2020 auf dem Markt kam.
Dank des 3D-Drucks soll es möglich sein, die Druckverteilung auf dem Sattels ganz genau zu bestimmen. Denn anders als bei Schaumstoff, der überall den selben Widerstand bietet, lässt sich das 3D-Material so struktureieren, dass die Oberfläche an verschiedenen Stellen unterschiedlich hart ist. Laut Specialized ist es so gelungen die Belastung der Sitzknochen besser über den Sattel zu verteilen und Druckspitzen zu vermeiden.

Der Sattel kommt mit einem extra leichten Carbon-Gestell mit Ovalen Sattelstreben. Der S-Works Power Mirror bringt in der breiten 155-mm-Version 194 Gramm auf die Waage.
Der S-Works Power Mirror im Test
ROADBIKE hat den Sattel in beiden verfügbaren Breiten, 155 mm und 143 mm, getestet. Die breite Version kam auf dem Rennrad zum Einsatz, der schmalerer Sattel wurde auf einem Gravelbike getestet. Beim ersten "Platznehmen" wirkt der Sattel sehr weich, was nicht unbedingt Rennrad-Traditionalisten anspricht – die schwören eher auf die härteren Sachen. Das Sitzgefühl ist aber trotzdem nicht schwammig. Die auf Fingerdruck nachgebenden Satteloberfläche ist an den Stellen hart genug, an denen mehr Unterstützung gebraucht wird.
Die Oberfläche gibt ordentlich Halt und verhindert ein Hin- und Herrutschen auch bei unrhythmischem Treten. Vor allem bei steilen Anstiegen mit dem Gravelbike saß man auch bei hoher Trittfrequenz im kleinen Gang sicher auf dem Sattel.

Auf kurzen bis mittleren Rennrad-Touren überzeugte der Power Mirror mit angenehmem Sattelgefühl: nichts drückte, keine Taubheitsgefühle, der Sattel war im positiven Sinne "unauffällig". Auf dem Gravelbike viel das Urteil sogar noch etwas besser aus. Unebenheiten bei schlechten Straßenverhältnissen oder auf Schotter schluckte der Sattel sehr gut weg, deutlich besser als andere, härtere Sättel.
Auf langen Touren viel das Urteil etwas unterschiedlicher auf. Beim Gravelbike-Tester gab es auch auf einer 260-km-Mammutrunde keinerlei Beschwerden. Auch nach über 13 Stunden saß man auf dem Power Mirror noch ohne Scheuer- oder Druckstellen. Ein anderer Tester klagte auf längeren Rennradtouren über vier Stunden teils über leichte Druckstellen, vor allem im vorderen Bereich. Auch ein 3D-Sattel passt eben nicht zu jedem Hintern.

Da die Satteloberfläche nicht komplett geschlossen ist, kann hochgeworfener Dreck in der offene 3D-Struktur hängenbleiben. Die wenigen Regenfahrten im 6-monatigen Testzeitraum überstand der Sattel allerdings ohne bleibende Verschmutzung. Mit einem Gartenschlauch ließen sich die kleinen Matschklumpen einfach aus dem Sattel herausspülen. Allerdings waren auch noch keine Fahrten bei extremem Herbst- oder Winter-Schmuddelwetter dabei.
Wer herausfinden möchte, ob der Sattel zur eigenen Anatomie passt, muss es sich leisten können: Für den Power Mirror werden 400 Euro fällig.
ROADBIKE Fazit – Sattelkonzept mit Zukunft
Das Konzept des Sattels aus dem 3D-Drucker geht auf. Dass der Sattel trotz eines überaus positiven Eindrucks nicht alle Tester komplett überzeugen konnte, liegt wohl mehr an der Tatsache, dass ein Sattel vor allem zu seinem Nutzer passen muss. Trotz minimaler Sitzbeschwerden gaben die Tester ein positives Urteil ab.
gutes Sitzgefühl dank "variabler" Dämpfung
Oberfläche bietet halt
ovale Sattelstreben
teuer