Acht Bestseller-Laufräder aus Alu im Test
Gesucht: Das beste System-Laufrad

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Was können Alu-System-Laufräder? Die beliebtesten Modelle aller Preisklassen im harten Labortest.

RB Laufradtest Teaserbild
Foto: Studio Nordbahnhof

UPDATE Dezember 2016: 8 aktuelle Alu-Laufräder um 500 Euro: Hier gibt es den kompletten Test.

Was macht ein gutes Laufrad wirklich aus – und wie viel kostet es? Um diese Fragen zu klären, hat RoadBIKE zum Laufradtest geladen. Dabei kam es nicht darauf an, alles zu testen, was Speichen hat. Vielmehr galt es, die in Kompletträdern am häufigsten verbauten Modelle auf den Prüfstand zu stellen. Die Laufräder also, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den Rädern stecken, zwischen denen die meisten Kunden beim Rennradkauf wählen.

Vollcarbon-Laufräder werden zwar immer beliebter, sind aber immer noch sehr teuer. Der Test beschränkt sich deshalb auf Alu-Laufräder oder Carbon-Alu-Verbundmodelle. Dass dabei alle Laufräder im Test unabhängig vom Preis gegeneinander antreten, erklärt sich damit, dass sie auch in ganz unterschiedlichen Komplettradklassen auf dem Markt miteinander konkurrieren.

Bestseller gesucht

Die Testkandidaten ergeben sich aus dem RoadBIKE-Archiv: Rund 100 Kompletträder hat RB in dieser Saison bereits getestet, und dabei auch deren 200 Laufräder genau unter die Lupe genommen. Ein Blick auf diese Liste zeigt, dass immer wieder die gleichen Laufräder auftauchen und einige Modelle ihre Preisklassen dominieren. Im Einsteigerbereich sind dies etwa Fulcrums Racing 7, Mavics Aksium und Shimanos WH-RS10.

Die sehr breite Mittelklasse ­beherrschen die Modelle R1600 von DT Swiss und das Mavic Ksyrium ­Elite. Die Oberklasse schließlich fährt gehäuft auf Mavics R-Sys SL, dem DT Swiss Tricon und Shimanos Dura-Ace-Satz WH-7850-C24-CL.

Zu nennen gewesen wären auch noch die Modelle EA 70 und das EA 90 von Easton für die Mittelklasse und das Fulcrum Racing Zero bei den Top-Laufrädern. Doch beide Hersteller schafften es nicht, rechtzeitig zu liefern – obwohl beiden jeweils mehrere Wochen Lieferfrist eingeräumt wurde.

Die Laufräder in diesem Test:

So hat RoadBIKE die Laufräder getestet

RB So testet RB
Björn Hänssler
Haider Knall beim Test.

Gewicht: RoadBIKE wiegt jedes Laufrad einzeln sowie die serienmäßig mitgelieferten Schnellspanner.

Trägheit: Zur Messung der Trägheit beschleunigt eine Masse von 535 Gramm das drehbar gelagerte Laufrad. Lichtschranken am Prüfstand messen die Zeit, die das Gewicht über eine definierte Wegstrecke benötigt. Antriebsgewicht und Lagerung des Laufrades sind so gewählt, dass der Einfluss der Lagerreibung und der Achse vernachlässigbar klein sind. Je schneller das Gewicht den Weg zurücklegt, umso besser lässt sich das Laufrad in der Praxis beschleunigen.

Seitensteifigkeit: Eine Prüfkraft von 200 Newton wirkt seitlich auf die Felge des horizontal (an der Nabe) im Prüfstand eingespannten Laufrades. Die gemessene Verformung beschreibt den Widerstand des Laufrades gegen seitliche Belastungen. In der Praxis bedeutet ein steife­­res Hinterrad weniger Kraft­verlust beim Treten, ein seitensteiferes Vorderrad präzisere Lenkmanöver. Der Abstand der Nabenflansche beeinflusst die Seitensteifigkeit maßgeblich; aber auch die Stabilität der Felge hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Seitensteifigkeiten eines Laufradsatzes.

Torsionssteifigkeit: Bei jeder Kurbelumdrehung leitet die Kette über das Ritzelpaket ein Drehmoment in das Laufrad ein. Die dabei entstehenden enor­men Belastungen drehen die Nabe relativ zur Felge, was einen Teil der eingebrachten Antriebsenergie kostet. Auf dem Prüfstand wird eine Pedalkraft von 1000 Newton simuliert. Die Felge wird fixiert, eine Kette leitet das Drehmoment ein. Je geringer die dabei entstehende Verformung, umso effizienter der Vortrieb.

Mittigkeit/Rundlauf: Mit einer Präzisionslehre wird ermittelt, ob Nabe und Felge exakt fluchten. Höhen- und Seitenschlag werden von Messuhren erfasst, an jedem Laufrad im Neuzustand und nach Abschluss des umfangreichen Labortests. Das lässt auf die Qualität der Einspeichung und die Haltbarkeit des Laufrades schließen.

Serienstreuung: Die prozentuale Abweichung aller bisher bei RoadBIKE gemessenen Exemplare eines Modells fließt nicht in die Endnote ein, kann aber ein Anhaltspunkt dafür sein, welche Qualität der Kunde erwarten darf.

Diese Kriterien hat RoadBIKE getestet

Gewicht, Seitensteifigkeit, Torsionssteifigkeit des Hinterrades, Trägheitsverhalten und Aufbauqualität – sprich Rundlauf und Mittigkeit. Keine leichte Aufgabe, denn die Anforderungen schließen sich teilweise gegenseitig aus: Das leichteste Laufrad beispielsweise wird nicht auch das steifste sein.

Es kommt für die Laufradbauer immer darauf an, den besten Kompromiss zwischen den einzelnen Disziplinen zu finden – und alle sind gleich wichtig! Entsprechend fließen die Einzelnoten jeweils zu gleichen Teilen in die Bewertung ein.

Weniger ist mehr

Beim Laufradkauf gilt der erste Blick fast automatisch dem Gewicht. Nicht zu Unrecht, denn der Laufradsatz macht einen Großteil des Gesamtgewichts eines Rennrades aus – zwischen unterschiedlichen Modellen können Welten liegen! Der leichteste Laufradsatz im Test ist das 1343 Gramm schwere Mavic R-Sys SL (ohne Schnellspanner), das mit Carbonspeichen und Ausfräsungen an den Felgen alle Leichtbauregister zieht.

Der Satz wiegt nur 229 Gramm mehr als das Hinterrad des Fulcrum Racing 7, das mit fast zwei Kilo Satzgewicht das Ende der Ge­wichts­­tabelle markiert. Klar ist: Leichtbau treibt den Preis nach oben – oft um ein Vielfaches! Wer ein sehr leichtes Laufrad sucht, muss deshalb tief in die Tasche greifen.

Aber gilt deshalb auch: "Je teurer das Laufrad, desto höher der Platz in allen Rankings?" Nein! Schon bei der Seitensteifigkeit geht diese Rechnung nicht auf. Zwar ist das Fulcrum Racing 7 erwartungsgemäß das schwerste und steifste Laufrad, doch auch das leichteste Modell (Mavic R-Sys) liegt mit seinen gemessenen Steifigkeiten von 75 Nm/° im guten Mittelfeld und damit im von RoadBIKE festgelegten "Grünen Bereich", der allen Fahrertypen und -gewichten ausreichend Steifigkeit – und Sicherheit – garantiert.

Denn nur steife Laufräder überzeugen durch Spurstabilität und Lenkpräzision. Und sie garantieren, dass bei kräftigen Antritten und im Wiegetritt keine Kraft durch Verwindung verloren geht.

Die Leistung des R-Sys ist umso bemerkenswerter, als längst nicht alle Testkandidaten diese Hürde nehmen. Das weichste Laufrad im Test, das Tricon-Hinterrad von DT-Swiss, erreichte mit 58 Nm/° einen klar zu niedrigen Wert – selbst gemessen am relativ geringen Gewicht.

Aber auch bei Mavics Aksium- und Ksyrium-Elite-Sätzen, den Shimano-Dura-Ace-Laufrädern oder dem R1600-Satz von DT-Swiss verfehlte jeweils mindestens ein Laufrad die 70-Nm/°-Marke und bietet so schwereren Fahrern (ab etwa 80 Kilo) keine optimale Performance.

Ausreißer in Serie

Eine ernüchternde Erkenntnis, denn ein Blick ins RoadBIKE-Archiv zeigt, dass die mäßigen Ergebnisse bei einigen Modellen kein Zufall sind: Nach wie vor gibt es eine große Serienstreuung bei der Seitensteifigkeit.

Das Mavic Aksium etwa, das mehr als ein Dutzend Mal in Tests gemessen wurde, weist eine Variationsbreite von 41 Prozent zwischen bestem und dem schlechtesten gemessenen Satz auf: Der Kunde kauft im Zweifelsfall ein (zu) weiches Exemplar.

Die zweite Steifigkeitsmessung des Tests, die Beurteilung der Torsionssteifigkeit, gibt an, wie sehr sich ein Hinterrad durch den Kettenzug in Fahrtrichtung verwindet. Auch hier ist ein kleiner Wert erstrebenswert, schließlich bedeutet mehr Verwindung weniger Vortrieb auf der Straße. Auch in dieser Disziplin liegen – unabhängig von der Preisklasse – Licht und Schatten dicht beieinander.

Während das Fulcrum Racing 7, als eines der günstigsten Laufräder, tolle Werte erzielt, schneiden die direkten Konkurrenten von Mavic und Shimano mäßiger ab. Die leichten Modelle von DT Swiss zeigen mit sehr guten Ergebnissen in diesem Bereich, dass sich geringes Gewicht und hohe Torsionssteifigkeit nicht zwingend gegenseitig ausschließen.

Anders sieht es bei der Massenträgheitsmessung aus: Hier glänzen alle leichten Laufräder, während es die Einsteigermodelle schwer haben. Die Messung erlaubt Aussagen darüber, wie schnell sich ein Rad beschleunigen lässt. Gute Werte in dieser Disziplin sind vor allem dann wichtig, wenn ein Kurs nach häufigen Antritten aus geringen Geschwindigkeiten verlangt – zum Beispiel an Bergen mit häufig wechselnden Steigungsprozenten oder in kurvigen Kriterien.

Bleiben noch die Messungen des Rundlaufs und der Mittigkeit: Hier haben die Hersteller alles richtig gemacht. Alle Laufräder waren weniger als einen Millimeter aus der Mitte zentriert, und selbst nach einer simulierten Belastung von mehreren tausend Kilometern waren keine Seitenschläge von mehr als 0,4 Millimetern zu beklagen.

Erfreulich, denn erst ab 0,5 Millimetern ließe sich von einem echten Qualitätsmangel sprechen. Dass es auch solche Fälle gibt, zeigt die Test-Historie der einzelnen Modelle: In allen Preisklassen gab es bei den von RoadBIKE gemessenen Laufradsätzen negative Ausreißer. Das ist, obwohl unerfreulich, nicht so problematisch wie die große Streuung bei der Seitensteifigkeit.

Die Alternativen zu System-Laufrädern

Carbon-Laufräder:

RB Alternativen - Carbon-Laufräder

Vollcarbon-Modelle werden immer beliebter, vor allem, seit es neben der bislang ­üblichen Schlauchreifen-Version auch immer mehr Clincher-Modelle gibt, die mit Schlauch und normalen Draht­reifen gefahren werden. Da jedoch auch diese – nun alltagstauglicheren – Laufräder sündhaft teuer und weniger gut zu bremsen sind, erfreuen sich Alu-Modelle ungebrochener Beliebtheit. Zu Recht.

Schlauchlos:

RB Alternativen - Schlauchlos

Schon seit Jahren gibt es einige wenige Hersteller wie Hutchinson, die neben ihren Standard-modellen auch "Tubeless-Modelle" anbieten. Bei diesen Laufrädern schließt ein spezieller Reifen luftdicht mit der Felge ab, der Schlauch wird überflüssig wird. Durchgesetzt hat sich die neue Technik bislang nicht, obwohl immer mehr aktuelle Laufradsätze den Zusatz "tubeless-ready" im Namen tragen.

Klassisch:

RB Alternativen - Klassisch

Auf herkömmliche Weise eingespeichte Laufräder mit gekreuzten Speichen sind seit dem Aufkommen der System-Lauf­räder auf dem Rückzug aus dem Massenmarkt. In ihrer Nische bleiben sie weiterhin beliebt, Anhänger klassischen Laufradbaus freuen sich über die Möglichkeit, die Eigenschaften ihrer Laufräder durch die Auswahl der Einzelteile gezielt beeinflussen und weiter optimieren zu können.

Was bringen Aero-Lauf­räder?

RB Aero-Lauf­räder
Nis Sienknecht / spomedis
Liegen im Trend: Aero-Laufräder.

Aero-Laufräder sollen dabei helfen, den Luftwiderstand, den das System Fahrrad/Fahrer bietet, zu reduzieren. Eine gute Idee, schließlichbringt jede Kraftersparnis Vorteile – nicht nur im Rennen.

Leider ist der Effekt der Laufräder mit den hohen Flanken deutlich kleiner, als es die Marketing-Strategen der "Aero-­Firmen" glauben machen wollen: Sie verschweigen, dass das Laufrad bei einem fahrenden Rennrad mit einem Fahrer in Bewegung nur einen minimalen Anteil am gesamten Luftwiderstand hat.

Der Löwenanteil entfällt auf den ­Piloten und das übrige Rad. Demnach hat schon eine minimale Veränderung der Sitzposition einen größeren ­Effekt als der Wechsel von herkömmlichen Laufrädern zum Hochprofil-Aero-Modell.

Rechenmodelle, wonach ein Fahrer mit Aero-Laufrädern auf einer definierten Strecke eine bestimmte Anzahl von Watt sparen kann und dadurch entsprechend schneller am Ziel ist, sind weitestgehend Theorie.

Sie beruhen auf der Annahme, dass sich die Position des Fahrers auf der kompletten Strecke nicht verändert und dass die Geschwindigkeit über den gesamten Zeitraum konstant bleibt. Der Rennfahrer bremst weder ab noch beschleunigt er im Anschluss wieder.

Kein realistisches Szenario! Für Profi-Zeitfahrer mit optimaler Sitzposition auf dem Rad können Aero-Räder das Zünglein an der Waage sein – Hobbyfahrer werden den Effekt nicht spüren.

So lesen Sie die Testtabellen

RB Laufräder Testtabellen
RoadBIKE
Beim Protokollieren der Ergebnisse: RoadBIKE-Mitarbeiter Haider Knall.

Gewicht: Je leichter, desto besser. Das leichteste Rad bekommt die Maximalnote, die schwereren werden, davon ausgehend, enstprechend schlecht­er gewertet.

Die Trägheit wird in Millisekunden angegeben. Je kleiner der Wert, desto schneller beschleunigt das Laufrad in der Praxis.

Die Seitensteifigkeit wird in Nm/° angegeben und sagt aus, wie viel Kraft notwendig ist, um das Laufrad seitlich um ein Grad zu verformen. Je höher die Zahl, desto besser.

Die Torsionssteifigkeit wird in Grad angegeben und sagt aus, wie stark sich das Rad durch eine definierte Pedalkraft verformt. Je weniger, desto besser.

Rundlauf und Mittigkeit sind dann perfekt, wenn ein Rad genau in der Mitte zentriert ist und keinen Seitenschlag aufweist. Werte unter 1 mm (Mittigkeit) bzw. einem halben Millimeter (Rundlauf) bieten noch keinen Grund zu Kritik.

Die Serienstreuung sagt viel über die Qualität der Modelle aus, geht aber nicht in die Bewertung ein. Bei der Steifigkeit gibt sie den Abstand zwischen dem schlechtesten und besten von RB gemessenen Satz an. Beim Rundlauf gibt sie Auskunft darüber, wie weit Ausreißer die Toleranzen überschreiten.

Fazit: Teurer meistens auch besser

Die hochwertigen Laufräder im Test haben insgesamt weniger Schwierigkeiten, in allen Disziplinen passable Werte zu erreichen, etwaige Schwächen gleichen sie mit Stärken in anderen Bereichen aus. Bemerkenswert ist allerdings die Leistung des günstigen Fulcrum Racing 7: Nach Punkten liegt es nur knapp hinter dem Testsieger, bis auf das hohe Gewicht und die entsprechend höhere Trägheit kann man ihm nichts vorwerfen.

Die aktuelle Ausgabe
6 / 2023

Erscheinungsdatum 10.05.2023