Seien wir doch mal ehrlich: Rennradfahrer sind immer auch ein wenig eitel. Wer freut sich nicht über lobende Worte für den eigenen Renner? Und wer betrachtet nicht mal im Vorbeifahren sein Spiegelbild in der Schaufensterscheibe? Es macht Spaß, schnell auszusehen. Auch, wenn man gar nicht so schnell ist. "Look pro, go slow" – ein Motto, dem so mancher Radsportler huldigt – auch in der RB-Redaktion.
Doch wie sorgt man schnell und effektiv für den Profi-Look am eigenen Rennrad? Klar: mit Hochprofillaufrädern. Felgen mit einer Höhe von 40 bis 60 Millimeter verändern maßgeblich das äußere Erscheinungsbild eines Renners, und so ein Aero-Laufradsatz kann selbst ein angejahrtes Mittelklasse-Rennrad optisch so aufwerten, dass es neuen Besitzerstolz weckt.
Doch nicht Aero? Hier gibt es den Test von 20 Alu-Laufrädern aller Preisklassen – von 500 bis 2000 Euro: Hier gibt es den kompletten Test.
Gern genommen
Schaut man sich beim Stopp an der Eisdiele, im Jedermann-Rennen oder bei Radmarathons um, wird schnell klar, welcher Beliebtheit sich Hochprofillaufräder erfreuen. Weitverbreitet sind vor allem alltagstaugliche Aero-Laufräder, die auf Alu-Bremsflanken statt Vollcarbon-Felgen und Drahtreifen statt aufgeklebte Schlauchreifen setzen.
Aus diesem beliebten Segment hat RoadBIKE 7 Modelle zu Preisen von 800 bis 1600 Euro im Labor und auf der Straße getestet. Darunter moderne "Klassiker" wie die Sätze von Mavic und Shimano, aber auch interessante Newcomer, etwa von Leeze. Getestet hat RB nur aktuelle Produkte, die nicht in Kürze von einem Nachfolger ersetzt werden. Auch reine Alu-Laufräder finden sich nicht im Test.
Chic, schnell, teuer?

Wer überlegt, seinen Renner mit einem neuen Laufradsatz aufzurüsten, stolpert zunächst über die Preise: Aero-Laufräder kosten deutlich mehr als die solide Laufrad-Mittelklasse mit flacheren Felgen. Stellvertretend für eine solche "Vernunftlösung" wurde der häufig verbaute Laufradsatz DT Swiss R23 Spline als Referenz ins Testfeld aufgenommen.
Die Herstellung des perfekten Laufrades kommt der Quadratur des Kreises gleich: Muss der Laufradbauer doch versuchen, sich teils widersprechende Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Eine Herausforderung, die beim Bau von Aero-Laufradsätzen noch größer wird, denn je höher eine Felge, desto schwerer wird sie auch – insbesondere als Clincher-Modell mit Alu-Bremsflanke. Mehrgewicht, das die Performance beeinträchtigt – beim Beschleunigen wie auch am Berg.
Um das Gesamtgewicht möglichst niedrig zu halten, müssen die Hersteller tief in die Trickkiste greifen: Naben und Speichen müssen abgespeckt, die Felgen möglichst gewichtsparend "auf Höhe" gebracht werden – was mit Carbon am besten gelingt. Der Kampf um jedes Gramm kann zulasten der Steifigkeit oder Dauerhaltbarkeit gehen – und er treibt den Preis nach oben. Campagnolo/Fulcrum und Citec etwa werben mit vergleichsweise geringen Set-Gewichten (von unter 1600 Gramm), konnten aber keine Testmuster zur Verfügung stellen.
Testfeld trifft Leser-Voting

In aufwendigen Labortests ermittelt RoadBIKE für alle Testkandidaten Gewichte, Steifigkeiten und Rundlaufeigenschaften – alles Faktoren, die das Fahrverhalten maßgeblich beeinflussen. Steife Laufräder sind spurstabiler, machen die Lenkung verlässlich und bringen bei Antritten und Sprints die Energie des Fahrers direkter auf die Straße.
Guter Rundlauf zeugt von der Aufbauqualität eines Laufrades und erhöht letztlich dessen Haltbarkeit. In Praxistests wurde geprüft, ob die Laufräder nicht nur in der Theorie überzeugen, sondern auch dort, wo’s drauf ankommt – auf der Straße. Mehrere Tester fuhren alle Kandidaten nacheinander auf festgelegtem Rundkurs – mit einheitlichem Luftdruck, identischen Schläuchen und den neuen Power-Competition-Reifen von Michelin (25 mm). Die Tester bewerteten dabei auch die Anfälligkeit gegen Seitenwind, die bei hohen Felgen rasch zu einem unangenehm nervösen Fahreindruck führen kann.
Auf Aerodynamik-Tests verzichtete RoadBIKE dagegen bewusst: Tests im Windkanal oder auf der Bahn liefern nur Ergebnisse für die spezifische Prüfsituation, also ausschließlich für das im Test eingesetzte Rahmen-Set mit Anbauteilen und die Statur des Testfahrers oder -dummys. Ein Laufradsatz, der im Testaufbau die besten Werte liefert, kann bei Verwendung in einem anderen Rahmen komplett anders – schlimmstenfalls erheblich schlechter – abschneiden. Belastbare Aussagen zur Aerodynamik, die für potenzielle Käufer hilfreich wären, lassen sich so nicht treffen.
Wer in erster Linie eine Verbesserung der eigenen Aerodynamik anstrebt, sollte zunächst andere, effektivere Stellschrauben drehen, bevor er den Tausch des Laufradsatzes in Erwägung zieht (siehe Geesmann-Interview). Last, but not least ermittelte RB noch den Coolness-Faktor der getesteten Laufräder – mit einem Augenzwinkern und losgelöst von der Testwertung, aber sicher nicht unwichtig für Hochprofil-Fans: In einer Online-Befragung konnten die RB-Leser darüber abstimmen, welcher Aero-Laufradsatz ihnen optisch am besten gefällt. Darüber hinaus bewerteten die RBTester Lautstärke der Freiläufe sowie die Fahrgeräusche – das bekannte Bollern – der hohen Felgen. In beiden Fällen galt: je lauter, desto besser.
Labor- und Praxistest
Der RB-Test zeigte Licht und Schatten in der glitzernden Welt der Aero-Laufräder. Die erfreuliche Nachricht: Nahezu alle Testkandidaten überzeugten als grundsätzlich solide Produkte, die viele Kilometer Fahrspaß versprechen. Auffällig ist aber auch: Die beste Gesamtperformance lieferte der vergleichsweise günstige Referenzlaufradsatz mit niedriger Felge.
Wer sich für einen Hochprofillaufradsatz entscheidet, bezahlt für die Optik – und muss dafür auch Abstriche hinnehmen. Etwa beim Gewicht: Der Test zeigt, dass die Aero-Sätze teils deutlich schwerer sind und träger reagieren als klassische Laufräder. Die bauartbedingte Anfälligkeit gegen Seitenwind war zum Teil deutlich spürbar. Darüber hinaus fielen bei mehreren Sätzen Nachlässigkeiten beim Aufbau auf: Einige waren nicht mittig zentriert, Speichenköpfe waren nicht eingeklopft, die Speichenspannung zu gering.
In der Praxis macht all das ein früheres Nachzentrieren notwendig – was wegen den teilweise in den Felgen versteckten Nippeln nur mit erhöhtem Aufwand gelingt. Angesichts der hohen Preise sind solche Nachlässigkeiten schlicht ärgerlich. Nüchtern betrachtet bietet der Markt viele Laufradsätze mit besserem Preis-Leistungs-Verhältnis als die getesteten Aero-Sets. Doch Kaufentscheidungen sind nicht immer rational geprägt. Der Profi-Look hoher Felgen gefällt vielen einfach, wie die Verbreitung und die hohe Beteiligung am RB-Leser-Voting belegen. Der Referenzlaufradsatz oder vergleichbare Modelle mögen wirtschaftlicher sein. Ein Aero-Set aber ist und bleibt für viele: Leider geil!
Testfazit kompakt
Alltagstaugliche Hochprofillaufräder können ein Rennrad optisch wie technisch aufwerten – haben aber ihren Preis. Den Testsieg samt Preis-Leistungs-Tipp holt sich der Trimax T42 von FSA Vision. Als gute Allrounder präsentieren sich Mavics Cosmic Pro Carbon Exalith und das Hadron 485 von Swissside. Den besten Eindruck im Labor und auf der Straße hinterlässt aber der Referenzlaufradsatz mit niedriger Felge – zum erheblich günstigeren Preis.