Biken in den Dolomiten - MTB-Touren rund um Rosengarten und Latemar
Kurz und kompakt: Alle Infos zur MTB-Region Rosengarten-Latemar

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Sehr alpin und leicht mediterran: Bei den Bergmassiven Rosengarten und Latemar liegt einer der Top Südtiroler Bikespots.

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Lage: Die Region Rosengarten/Latemar liegt im Süden von Südtirol, an der Grenze zum Trentino, ca. 20 Kilometer östlich von Bozen. Hauptorte sind Deutschnofen, Welschnofen, Obereggen und Steinegg.

Beste Reisezeit: Von Ostern bis Anfang November. Ab Mitte Mai sind auch die Trails in Höhenlagen über 2000 Metern schneefrei.

Anreise Auto: Von Norden über den Brenner (Maut) bis zur Autobahnausfahrt Bozen-Nord. Dann Ausschilderung Richtung Eggental/ Deutschnofen/ Welsch­n­ofen folgen.

Bahn: IC- und EC- Züge bis Bozen, von dort per Bus weiter in das jeweilige Dorf (30–45 Minuten). Einige Hotels bieten kostenlose Shuttles ab Bozen.

Transport vor Ort: Alle Busse transportieren ­Bikes (www.sii.bz.it). Mit der "Mobilcard" sind alle Busse und Regionalzüge in Südtirol nutzbar (www.mobilcard.info). Die "Guest Card" (35 Euro) erlaubt zusätzlich die Nutzung von zehn Liftanlagen.

Guiding: Krauti’s Bike Academy Rosengarten Latemar, www.krauti.it

Bike-Verleih: Paul’s Radwerkstatt in Deutsch­nofen, www.ghost-bike.it

Übernachtung: Deutschnofen: Wellness- und Vitalhotel Erica, vier Sterne, mit Bikekeller und top Küche, Tel. 0039/0471/616517, www.erica.it

Welschnofen: Matzhof, familien- und bikerfreundliche Ferienwohnungen, Tel. 0039/0471/613070, www.matzhof.it

Steinegg: Steineggerhof, 3-Sterne-Bikehotel, Tel. 0039/0471/376573, www.steineggerhof.com

Seilbahn/Sessellift: Kohlerer Bahn, Rittnerbahn und Jenesienbahn sind ganzjährig in Betrieb; die Seiseralmbahn ab Mitte Mai. Mehr Info: www.krauti.it (Menüpunkt "Biketransport").

Tourentipps: Funbike MTB-Führer 11 D "Rosengarten/Latemar", Carto Direct, 7,50 Euro.

Karte: Wanderkarte Rosengarten-Latemar von Tappeiner, 1:25000, Bezug über www.tappeiner.it; Wanderkarte Tabacco 029: Schlern, Rosengarten, Latemar, Regglberg; 1:25000.

Touren

Rosengarten/Latemar-Reportage: Sagenland

Bedächtig ziehen die Wolken den Hang hinauf und umhüllen uns wie dicke Nebelschwaden. Zu sehen: kaum mehr als das eigene Vorderrad. Zu hören: nichts als das Kreischen eines Adlers und das leise Knirschen der Reifen im Kies.

"Wie Biken in der Geisterbahn!" murmele ich vor mich hin, als sich plötzlich eine Wolkenlücke auftut. Sie gibt den Blick frei auf die majestätischen Türme des Latemar, die über uns thronen wie steinerne Wächter – Wahnsinn!

Hier, über der Baumgrenze und ganz nah an den mächtigen, grauen Felswänden, liegt das "Labyrinth", ein urzeitliches Felssturzgebiet. Die riesigen, wild verstreuten Trümmer inspirierten etwa die britische Krimiautorin Agatha Christie dazu, das Versteck einer Räuberbande in der Poirot-Episode "Die großen Vier" hierher zu verlegen.

Eigentlich ist das hier oben Wandergebiet, die geröllreichen Wege sind schmal und steil und lassen sich bergauf ab einem bestimmten Punkt nicht mehr fahren.

Dennoch: ein kurzer Abstecher an diesen mystischen Ort ist ein Muss! Um den geheimnisvollen Zauber, die Stille und das Panorama zu genießen, bevor man es auf dem nächsten Wurzeltrail wieder krachen lässt ...

Ende März beginnt die Schneeschmelze

Zeitsprung, 24 Stunden zurück: Unsere Bike-Woche im 2.000-Seelen-Dorf Deutsch­nofen, etwa 20-Kilometer von Bozen, beginnt. 1.350-Meter über dem Meeresspiegel sitzen wir auf der Hotelterrasse, genießen Sonne und Cappuccino.

Drei Stunden Autofahrt von München, und man ist mitten im Unesco-Weltnaturerbe Dolomiten, nahe der Grenze zum Trentino. Wir haben Ende Mai, die Temperaturen sind sommerlich. Schon ab Ende März lassen südliche Winde vom Mittelmeer hier den Schnee schmelzen und schaffen damit die Bedingungen für einen früheren Saisonstart als in den umliegenden Regionen.

"Ja servus!" begrüßt uns Krauti, der eigentlich Gerhard Krautwurst heißt und mit seiner Bike-Schule das Mountainbike-Fieber in dieser Region so richtig angefacht hat. Sein Bauchumfang weist auf seine zweite Passion hin: Er ist nicht nur Biker mit Leib und Seele, sondern auch leidenschaftlicher Koch. Und kündigt für den Folgetag Hochgenuss an: "Der Norbert serviert euch bei der Latemar-Umrundung den absoluten Sahnetrail!"

Streckenvielfalt für Anfänger bis Profi

Entsprechend motiviert sind wir heute früh aus den Federn gekrochen. Norbert ist drahtig, 45 und ebenfalls Bikeguide und Koch. "Einmal das Latemar-Massiv zu umrunden ist ein Muss", hat er gleich klargestellt. "Wir haben so viele Varianten, dass vom Anfänger bis zum Profi jeder auf seine Kosten kommt."

Also los! Nach 400 Höhenmetern Warmfahren auf Forstwegen gibt der Wald eine wunderschöne Lichtung direkt vor den Türmen des Latemar frei: den Mitterleger. Wow! Wir staunen wortlos und lassen die Szenerie auf uns wirken. "So, Schluss mit der Ehrfurcht!" lacht Norbert. Ab dem Mitterleger hat er eine Abwärtsvariante mit purem Trailspaß für uns gewählt.

Schnell steht fest: Wenn eines diese Region auszeichnet, dann ihre flowigen Wurzeltrails für jeden technischen Anspruch. Wir rauschen durch den üppigen Karerforst, einen der prächtigsten Fichten- und Tannenwälder der Alpen. Hier wächst das berühmte Resonanzholz, aus dem in Venedig heute noch Geigen gebaut werden.

Vor dem Karersee gibt der Trail uns wieder frei. Die Wasseroberfläche funkelt wie ein riesiger Smaragd, in dem sich die Latemar-Kulisse spiegelt. Ein Traum! Kein Wunder, dass der Karersee eins der beliebtesten Ausflugsziele und Fotomotive in Südtirol ist. Wie lockt man da den Fotograf wieder in den Sattel? Norbert weiß es: "Der beste Trail kommt noch!"

Sahnetrails mit Bachbettdurchquerungen und Spitzkehren

Wir folgen dem Karerpass, der Grenze zum italienischsprachigen Trentino, und machen Mittagspause auf der Fallmuralm, einer "Malga", wie die urig-charmanten Hütten auf Italienisch heißen.

Nach "Knödeltris" (ein Dreierlei aus Käse-, Speck- und Spinatknödeln) folgen als Dessert frische Strauben: in heißem Fett gebackene Teigschlangen mit Puderzucker und Preiselbeerkonfitüre, eine süße Spezialität der Region. Ich beginne, ein gewisses Verständnis für Krautis Bauch zu entwickeln ...

Weiter geht’s auf einem kurzen Straßenstück Richtung Moena. Plötzlich biegt Norbert rechts ab, und sein gel­bes Trikot verschwindet zwischen den Tannen. Sekunden später weiß ich, was mit "Sahnetrail" gemeint war – und fliege ihm förmlich hinterher! Waldboden-Achterbahn, Wurzeln, Stufen, Geröll, Bachbettdurchquerungen, Spitzkehren: Der Weg bietet alles, was das Biker-Herz begehrt. Und das 700 Höhenmeter lang. Großartig!

Sagenhafte Orte

Abends ist klar: Gleich an Tag eins haben wir uns in die Region verliebt. Obwohl ein Naturschauspiel noch aussteht, das seit Jahrhunderten Besucher verzückt: das rosarote Glühen des Rosengartens bei Sonnenuntergang. "Ihr wisst, dass wir das einem missglückten Fluch von Zwergenkönig Laurin verdanken?" schmunzelt Krauti.

Zwergenkönig Laurin, die Nixe im Karersee, die Puppen des Latemar – fast jeder Ort hier ist mit einer Sage verbunden. Mit solchen Geschichten im Hinterkopf macht das Biken glatt noch mehr Spaß. Wo sonst ruft man sich schließlich im Abfahrtsrausch "Achtung, Zwerg!" zu? Und hat vielleicht noch nicht mal geflunkert ...

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MOUNTAINBIKE 04 / 2023

Erscheinungsdatum 16.03.2023