Sind das Zwillinge? Das könnte unbedarften beim Anblick unserer zwei Testprobanden durch den Kopf wabern. Und tatsächlich – die Konzepte sind sich sehr verwandt. Sowohl der High-End-Träger Epos von Thule, als auch der deutlich günstigere Spinder SX2 setzen auf fast identische Greifarm-Konzepte. Statt über einen U-Bügel, an dem die Greifarme für die Fahrräder befestigt werden, setzen Thule und Spinder auf Teleskoparme mit integrierter Klemme, jeweils einer pro Rad. Satte 1100 Euro will Thule für seinen Fahrradträger haben, der Spinder kostet mit 600 Euro knapp die Hälfte. Doch schauen wir uns die beiden Kontrahenten zunächst im Detail an:
Harte Fakten: Die Träger im Vergleich
Die Testbedingungen: Harter Alltag

Zwischen Urlaub und Wochenendtrips: Die beiden Träger wurden viel bewegt.
Wir hatten die Möglichkeit, jeweils ein Produktions-Modell vom Thule Epos und Spinder SX2 im Alltag an Privat-Pkws zu nutzen. Den Thule haben wir seit Ende 2023 im Dauereinsatz, der Spinder folgte im Frühjahr 2025. Der Epos fuhr bereits rund 15000 Kilometer durch Europa, beim Spinder sind es in der Kürze der Zeit schon knapp 5000. Genügend Zeit also, die beiden direkten Konkurrenten nach bestem Wissen und Gewissen miteinander aus der Praxis zu vergleichen.
Greifarm-Konzept: Thule & Spinder wirklich auf einem Niveau?

Die Teleskoparme des Thule sind dank Rasterung simpel in der Höhe zu verstellen.
Auf den Fotos wirken beide Greifarm-Konzepte quasi identisch – sind sie in der Praxis aber nicht. Die Arme des Epos werden einfach nur aufgestellt und auf die passende Höhe ausgezogen, das Rad per gummiertem, frei drehbarem Ratschenkopf gesichert. Das ist in der Praxis wirklich genauso simpel, wie es klingt, und – in unserem Dauertest – einhändig bedienbar.

Beim Spinder sind dagegen mehr Handgriffe vonnöten – Höhen- und Kopfverstellung muss man getrennt arretieren.
Der Spinder ist dahingehend komplexer. Die Teleskopierung muss man erst über eine Klemme lösen, zudem ist der Greifkopf über eine Verzahnung verstell- und anschließend arretierbar. Dazu kommt, dass bei unserem Testmodell die Verstellung auch nach vielen Verstellungen spürbar steifer ist, als beim Thule.
Schienenbreite und Zuladung: Wer verpackt mehr?
Thule gibt für seinen Epos modern-breite 25 cm an, Spinder gar satte 27 cm. Besonders bei bullig-breiten E-MTBs mit dicken Federgabeln ist das nicht zu verachten. In der Praxis haben wir keinen merklichen Unterschied feststellen können, Räder aller Art passen auf beide Träger prima. Das liegt auch am identischen Radstand: 1350 mm geben beide Hersteller als Maximum an, so sollten selbst XL-Räder spielend ihren Platz finden. Auch die Aufladung ist bei beiden Modellen mit den typischen 60 Kilo identisch, das etwas höhere Gewicht des Spinder-Trägers ist an der Stelle zu vernachlässigen.
Die Bedienung: Alles wertiger beim Thule?

Der Stromstecker vom Spinder wird nicht verriegelt – das hält zwar, kann der Thule aber klar besser.
Es sind Kleinigkeiten wie der arretierende Stromstecker oder der spürbar sanftere Klappmechanismus beim Thule, die besonders im direkten Vergleich ins Auge stechen. Unserer Meinung nach merkt man hier die Unterschiede bei regelmäßiger Bedienung ähnlich stark, wie bereits bei den Greifarmen. Der Spinder ist beileibe nicht schlecht, sein Abklappmechanismus ist funktional betrachtet ebenbürtig, aber die Bedienung ist schlicht nicht so feinfühlig, wie beim rund doppelt so teuren Thule. Richtig nervig ist zudem die nicht werkzeuglose Kugelkopfverstellung beim Spinder. Hier muss man mit einem 18er-Schlüssel noch selbst Hand anlegen, den Träger von der Kupplung nehmen, auf die Seite legen und die Mutter nachziehen – während das beim Thule per bequemen Rädchen direkt auf dem Kugelkopf funktioniert.
Die Fahrpraxis: Im Alltag keine Unterschiede feststellbar
Das ist anschließend die wohl erfreulichste Antwort: Einmal auf den Haken gehievt, funktionieren beide Träger bei alltäglichen Fahrten über die Autobahn, über Land und in der Stadt identisch. Sowohl Spinder als auch Thule sitzen satt auf dem Kugelkopf. Unter normalen Bedingungen konnten wir hier beim besten Willen keinerlei Unterschied feststellen.
Und im Extrem? Da haben wir zumindest beim Thule Erfahrung mit. 2024 schleuderten wir im Zuge unseres beinahe jährlichen Fahrradträgertests zusammen mit den Kollegen der auto, motor und sport den voll beladenen Epos durch unser Testprogramm: Einmal ging es durch einen Slalomparcours, ein anderes Mal musste sich der Thule bei einem abrupten, doppelten Spurwechsel beweisen – beide Versuche fuhren wir mit 60 km/h. Im Anschluss simulierten wir eine Vollbremsung aus 100 km/h und scheuchten ihn zu guter Letzt über eine Rüttelstrecke.
Wie für den Preis zu erwarten, performte der Träger in allen Disziplinen hervorragend. Der Epos zeigt wenig Aufstellbewegungen beim Bremsen und besteht auch den Slalom, den doppelten Spurwechsel sowie die Fahrt über die Rüttelstrecke souverän. Nach dem Testschema der auto motor und sport wäre der Thule schlussendlich im "sehr empfehlenswerten" Bereich anzusiedeln.
Meinung aus der Praxis: Thule Epos

Nach über 20 zusammen mit den Auto-Nerd-Kollegen der AMS getesteten Fahrradträgern lege ich mich fest: Der Thule Epos ist für mich der beste Fahrradträger auf dem Markt. Die Handhabung ist genial einfach, der Langzeit-Eindruck nach 15000 Kilometern an meinem Privat-Pkw absolut mustergültig und den wirklich absurden Preis durchaus würdig. Also eine uneingeschränkte Kaufempfehlung? Jein. Mich schreckt nach wie vor der Preis ab, zumal er auch werksintern günstigere und wirklich gute Konkurrenz hat. Dennoch bleibe ich auch zwei Jahre nach Testbeginn bei meiner Einschätzung: Für E-MTB-Freaks und/oder Vielfahrer ist der Epos wirklich DIE Lösung – der deutlich günstigere Spinder ist in meinen Augen aber auch eine probate Wahl. Nicht nur für Schnäppchenjäger.
Meinung aus der Praxis: Spinder SX2
Ich konnte den Spinder nun rund 5000 Kilometer durch Deutschland und die angrenzenden Nachbarländer bewegen und bin durchaus angetan. Der Abklappmechanismus funktioniert hervorragend, die Faltfunktion spart zudem in der Garage merklich Platz. Das Greifarm-Konzept finde ich trotz nicht perfekter Bedienung gelungen – am Ende ist es in jedem Fall einfacher, als diese klassische und supernervige Hufeisen-Montage. Ich muss aber auch zugeben, dass der Epos deutlich flotter beladen ist. Mich stört die Justage der Klemme per Schlüssel hingegen gar nicht, auch wenn sie wirklich so unhandlich ist, wie im Vergleich bemängelt. Der Grund ist einfach: Bislang war das nur zweimal nötig. Einmal bei Erstmontage und neulich kurz vor Urlaubsantritt. Mein Fazit? Ich würde nie über 1000 Euro für einen Träger ausgeben, allein deshalb würde ich zum Spinder greifen.