Fahrradunfall ohne Fremdverschulden: diese Rechte hast du

Schmerzensgeld, Reparatur, Klage
Das sind deine Rechte bei einem Fahrradunfall ohne Fremdverschulden

Zuletzt aktualisiert am 14.12.2023
Fahrradsturz ohne Fremdeinwirkung
Foto: Ankit Sah / Getty Images

Fahrradunfälle, die ohne das Einwirken eines weiteren Verkehrsteilnehmers passieren, nennt man Eigenunfälle. Dazu zählen Stürze auf Herbstlaub, Schnee oder Glatteis, aber auch Stürze aufgrund schlechter Radweg-Verhältnisse. Es ist schwer zu sagen, wie viele davon pro Jahr passieren. Man geht von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele dieser Unfälle nicht registriert werden. Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzesgeld kann man unter bestimmten Umständen aber haben.

Zusammen mit Rechtsanwalt Dustin Hirschmeier von der Kanzlei Rechtskontor49 in Osnabrück haben wir hier zusammengefasst, welche Ansprüche Fahrradfahrer nach einem Eigenunfall haben.

Kleiner Disclaimer vorab: Wir versuchen, einen allgemeinen Überblick über die Rechte zu geben, auf die sich Radfahrende berufen können. Aber jeder Einzelfall ist anders. Schon Kleinigkeiten können dazu führen, dass ein Sachverhalt komplett anders bewertet werden kann. Unsere Infos können deshalb keine individuelle juristische Beratung ersetzen.

Dein Unfall war nicht selbstverschuldet, sondern wurde durch einen Autofahrer verursacht? Dann findest du hier alles, was du wissen musst.

Selbstverschuldeter Fahrradunfall: Wer zahlt?

Du hast dich bei einem selbstverschuldeten Fahrradsturz verletzt und fragst dich jetzt, wer dafür aufkommt?

  • Krankenkasse: Arztkosten nach einem selbstverschuldeten Fahrradunfall werden grundsätzlich von deiner Krankenkasse getragen. Die übernimmt auch die Kosten für Hilfsmittel wie Rollstühle oder Prothesen, solltest du welche brauchen.
  • Gesetzliche Unfallversicherung: Stürzt du auf dem Weg zur Arbeit, greift die gesetzliche Unfallversicherung. Die hat jeder, der in einem Arbeits-, Ausbildungs- oder Dienstverhältnis steht. Achtung: Sie greift nur auf dem direkten Weg zur Arbeit, der Schlenker zum Bäcker oder zur Kita ist nicht abgesichert.
  • Private Unfallversicherung: Wenn du dich in der Freizeit richtig schwer verletzt hast, und Schäden davonträgst, die voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen werden, greift die private Unfallversicherung – sofern du eine hast. Sie zahlt einmalig einen festen Geldbetrag oder eine Unfallrente, wenn du wegen des Unfalls dauerhaft eingeschränkt bist.

Während bei einem unverschuldeten Unfall mit einem Auto die Versicherung des Unfallgegners die Reparaturkosten für dein Fahrrad zahlt, musst du die bei einem selbstverschuldeten Fahrradunfall selbst tragen. Es sei denn natürlich, du hast eine entsprechende Fahrradversicherung.

Unfall durch Radwegschaden
ziggy1 / Getty Images

Schlechte Radwege: Kann man die Gemeinde verklagen?

Du bist gestürzt wegen Schlaglöchern, Baumwurzeln oder Rissen im Radweg und bist nun nachvollziehbarerweise sauer. Kann man dafür die Gemeinde belangen? Sie muss doch schließlich für vernünftige Radwege sorgen. Das haben wir Rechtsanwalt Hirschmeier gefragt:

"Die Rechtsprechung stellt hohe Hürden für eine Haftung des Trägers der Straße auf. Nach dem Gesetz kommt im Grundsatz ein Anspruch aus der Verletzung einer Amtspflicht in Betracht. Die Gerichte stellen hierbei allerdings regelmäßig deutlich höhere Anforderungen an die Umsicht und Vorsicht von allen Verkehrsteilnehmenden als an die jeweils möglicherweise verletzten Amtspflichten. Im Grundsatz gilt, dass das Fahrverhalten und die Geschwindigkeit anzupassen sind. Es besteht insbesondere kein individueller Anspruch auf eine konkrete Maßnahme der Gemeinde, wie etwa die Sanierung eines maroden Radwegs. Diese darf sich der Gefahr zwar nicht verschließen, es besteht aber keine generelle Pflicht den gesamten Verkehrsraum in der Gebietskörperschaft in jeder Sekunde zu überwachen; was in tatsächlicher Hinsicht auch kaum möglich ist. Hat die Gemeinde jedoch Kenntnis von einer Gefahrenquelle, dann muss sie sich auch kümmern. Tut Sie das gar nicht, können Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche bestehen."

Das heißt, unter bestimmten Umständen kann man als Radfahrer auf Schadensersatz klagen. Und zwar dann, wenn die Stadt oder die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Man spricht dann von einem Amtshaftungsanspruch. Hat eine Stadt oder Gemeinde von einer gefährlichen Stelle Kenntnis, muss sie Maßnahmen ergreifen, um diese sicher zu machen. Das heißt nicht, dass der Radweg direkt erneuert werden muss. Um die Gefahrenquelle zu entschärfen können dabei auch Schilder aufgestellt oder die Beleuchtung verbessert werden. Nur wenn die Gemeinde trotz Kenntnis einer Gefahr gar nicht aktiv wird, hat sie ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt. Ist das geschehen, muss im Einzelfall herausgearbeitet werden, inwiefern die verschiedenen Ursachen (die Verfehlungen der Gemeinde, die Mitschuld des Radfahrers) zur Entstehung des Schadens geführt haben. Danach richtet sich dann die Höhe des möglichen Anspruchs.

Unfall durch Glatteis: Welche Rechte haben Radfahrer?

Im Falle von Glatteis stehen die Chancen für Radfahrer etwas besser. Radrechts-Experte Hirschmeier erläutert: "Die Streupflicht ist gesetzlich vorgeschrieben, denn die Gewährleistung der Verkehrssicherheit zählt zu den Aufgaben der Kommune. Wenn die Gemeinde dem bei Glatteis nicht nachkommt, existieren gerichtliche Entscheidungen, die Schadenersatzansprüche gegen die Träger der Straßen zugesprochen haben."

Aber auch hier gilt: Radfahrende haben eine Eigenverantwortung und müssen ihr Verhalten an mögliche Gefahren anpassen. "Ist das Glatteis oder eine vereiste Schneedecke deutlich sichtbar, dann muss ich als Radfahrender notfalls auch schieben und darf das Risiko – trotz bestehender Streu- und Räumpflicht – nicht eingehen. Mehr als noch in anderen Bereichen kommt es hier aber stets auf den konkreten Einzelfall an wobei alle Faktoren berücksichtigt und gewürdigt werden müssen", so Hirschmeier.

Was gilt bei einem Fahrradunfall auf Herbstlaub?

Schlechte Nachrichten für den Herbst: Bei heruntergefallenem Herbstlaub gilt das nicht. Hier ist für den Radfahrer deutlich erkennbar, dass es rutschig werden kann – entsprechend hoch ist der Mitverschuldungsanteil hier. Aber es gibt auch Ausnahmen: Das OLG Hamm sprach einer auf Laub gestürzten Radfahrerin zwar 60 Prozent Mitschuld an ihrem Sturz zu, verurteilte die Kommune aber zu einer Zahlung von 4.000 Euro Schmerzensgeld.