Ziemlich anstrengend. Ich habe ein Haus im Südwesten Frankreichs gekauft. Es ist ein altes Haus und es gibt ordentlich was zu tun. Also habe ich mehr Zeit als Heimwerker als auf meinen Fahrrädern verbracht, um diesen baufälligen Hof in ein hübsches Zuhause zu verwandeln. Tatsächlich habe ich die meisten Kilometer wohl gemacht, während ich mit meinem Lastenrad zum Baumarkt oder zur Recycling-Anlage gefahren bin.
Eigentlich nicht. Jetzt mit dem Haus ist es natürlich etwas anderes. Aber normalerweise bin ich im Winter unterwegs, auf der Suche nach Orten, an denen ich Radfahren kann. Im vergangenen Jahr bin ich zum Beispiel drei Monate lang mit meiner Freundin durch Südostasien geradelt. Ich bekomme einfach nicht genug vom Radfahren.
Premiere in Schottland
Was war dein persönlicher Radsport-Höhepunkt des vergangenen Jahres?Über das Silk Road Mountain Race habe ich schon oft geredet. Deshalb wollte ich mal etwas anderes ausprobieren. Also bin ich zum ersten Mal in meinem Leben nach Schottland gereist. Dort bin ich das Highland Trail 550 gefahren. Die Schönheit der Highlands hat mich komplett überwältigt. Das ist wirklich ein ganz besonderer Ort. Ich erinnere mich, wie ich den nördlichsten Punkt der Strecke erreicht habe. Er liegt nah am Meer und gibt dir dieses Gefühl, am Ende der Welt zu sein. Diesen unglaublichen Eindruck, dass vor dir einfach nur endlose Leere liegt.
Wie gesagt, ich habe ein Haus gekauft. Das ist schon eine ganz schöne Ansage, von der Mega-Metropole Paris in ein kleines Dorf in einem der am dünnsten besiedelten Landstriche Frankreichs zu ziehen. Aber Fanny und ich wollten das schon lange machen. Entsprechend bin ich jetzt sehr glücklich, dass wir es durchgezogen haben.

Sofiane Sehili fährt in diesem Jahr wieder auf Gravelbikes der Kölner Marke Bombtrack.
Mit offenen Armen empfangen
Du bist viele Jahre auf Rädern von Bombtrack Bikes gefahren. Nach zwei Jahren bei Vitus bist du jetzt zurück bei Bomtrack. Wie kommt’s?Vitus gehörte über Wiggle zur insolventen Signa Sports Gruppe. Durch die Zahlungsunfähigkeit fehlen die Mittel, um Sportler wie mich zu unterstützen. Tatsächlich schulden sie mir noch das Gehalt für ein halbes Jahr. Bombtrack wiederum ist für mich so etwas wie meine Familie. Jetzt bin ich der verlorene Sohn, der in den Schoß der Familie zurückkehrt. Aber ich wurde mit offenen Armen empfangen. Zudem fährt mit Adrien Liechti inzwischen auch ein guter Freund für Bombtrack. Das macht diese besondere Familie noch besser für mich.
Die Leute bei Bombtrack waren die Ersten, die mich in meinem Sport unterstützt haben. Das bedeutet mir sehr viel. Sie sind nach meinem Erfolg bei dem Atlas Mountain Race auf mich zugekommen. Bikepacking, Radtouren, die Langstrecke und Ausdauer gehören zur DNA von Bombtrack. Ich musste also nicht lange darüber nachdenken. Ich wusste, dass wir perfekt zusammenpassen. Wer an Bombtrack denkt, denkt an Abenteuer, an unerforschte Wege, an Reisen. Und für all diese Punkte im Radsport stehe auch ich. In den vergangenen Jahren ist der Kontakt zu Bombtrack-Gründer Manuel Schürholz nie abgerissen. Wir standen zum Beispiel in engem Kontakt, als er sich bei einem Bikepacking-Event den Oberschenkel gebrochen hat. Und er hat immer verfolgt, was ich so treibe. Ich glaube, wir sind uns einfach sehr ähnlich. Außenseiter, Rebellen, Punks, nenn es, wie du willst. Hauptsache, die Verhältnisse infrage stellen. Denn mal ganz im Ernst: Welcher 9-to-5-Schreibtischtäter würde seine Fahrradmarke nach einem Song von Rage Against The Machine nennen?

Beim Fotoshooting im Death Vallery war der Franzose mit dem Bombtrack Beyond Ti unterwegs.
Leidenschaft statt Kapitalismus
Wie beurteilst du persönlich die Entwicklungen bei Vitus, Wiggle und Signa?Fahrräder und Radsport sind für mich eine Leidenschaft. Deshalb sollten in der Fahrradbranche Menschen entscheiden, die selbst leidenschaftliche Radfahrer sind. Bei Vitus habe ich mit tollen Menschen gearbeitet, die sich für das Fahrrad begeistert haben. Aber bei Signa war ich ein kleines Rad in der großen, bösen Maschine des Finanzkapitalismus. Da ging es nur um die Shareholder und maximalen Profit. Ich glaube, wir müssen das Geschäft anders denken. Und ich hoffe, dass Vitus in gute Hände kommt.
Es ist schon hart. Viele haben gerade wirklich zu kämpfen. Aber es war klar, dass es so kommen würde. Die Euphorie nach der Pandemie war einfach verrückt. Alle haben Fahrräder gekauft. Wenn du clever bist, beginnst du schon während solch eines Höhenfluges für die unweigerlich folgende Krise zu planen. Deshalb sind viele jetzt auch gut vorbereitet, selbst wenn die Zeiten hart sind. Die Schlauen werden überleben. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Fahrradbranche in eine großartige Zukunft blickt. Immer mehr Städte stellen das Fahrrad anstelle des Autos in den Mittelpunkt ihrer Verkehrsplanung. Weltweit begreifen Millionen Menschen, dass wir unsere Mobilität neu denken müssen. Dabei haben wir die Lösung schon lange vor den Augen: das Fahrrad.
Ich habe ein Audax AL, ein Hook EXT-C und ein Cale XC bekommen. Das Audax werde ich vor allem fürs Training auf der Straße einsetzen. Ich habe es schon auf einer 250 Kilometer langen Tour von irgendeinem Bahnhof zurück nach Hause ausprobiert. Mit de Hook EXT-C werde ich mich in die Gravel-Rennen stürzen. Auf meinem Plan steht zum Beispiel die neue 560-Kilometer-Version von The Traka in Katalonien, das Traka Adventure. Mein eigentliches Race-Bike wird aber das Cale XC. Es ist ein vollgefedertes Bike, mit dem ich erneut das Highland Trail 550 fahren möchte. Aber diesmal fahre ich auf Sieg. Und auch für mein nächstes großes Ziel im Herbst werde ich dieses Bike nutzen: das Arizona Trail Race 800. Und dann fahre ich noch das Bombtrack Beyond Ti, das ihr auch auf den Bildern seht.

Zu seinen Zielen für das Jahr 2024 zählen das Highland Trail 550 in Schottland und das Arizona Trail Race 800 in den USA.
Die Reifenbreite macht den Unterschied
Du hast extrem viel Erfahrung auf dem Fahrrad gesammelt. Kannst du dein Wissen nutzen, um Designer und Ingenieure bei der Entwicklung und Optimierung neuer Modelle zu unterstützen?Nicht wirklich. Das Entwickeln von Fahrrädern ist ein herausfordernder Job, der viel Wissen erfordert. Dieses Wissen eignest du dir nicht beim Radfahren an. Und da ich kaum etwas anderes als Radfahren mache, fehlt mir das Wissen. Dafür müsste ich erst studieren.
Auf jeden Fall. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass da irgendwer widersprechen würde. Aber die Reifenfreiheit ist natürlich auch relevant. Tatsächlich ist sie für mich die wichtigste Evolution der vergangenen zehn Jahre am Fahrrad. Es macht einen wahnsinnigen Unterschied, dass wir jetzt breitere Reifen an Rennrad, Gravelbike und Mountainbike fahren können.

Der Franzose sagt: "Ich bin fest davon überzeugt, dass die Fahrradbranche in eine großartige Zukunft blickt."
"Who let the dogs out?"
Nochmal zur Lackierung: Welche ist die beste Farbe für ein Fahrrad?Himmelblau.
Am liebsten würde ich "Who let the dogs out singen”, während ich auf dem Rad von Hunden verfolgt werde.
Sofiane Sehili: Seine größten Erfolge
- 3x Sieger Silk Road Mountain Race (2021, 2022, 2023)
- Sieger Atlas Mountain Race (2021)
- Schnellste Zeit der Tour Divide 2022
- Sieger Bright Midnight (2023)