Auf einige tausend Testkilometer bringen es unsere sechs Carbon-Laufradsätze. Da kommen einige Eindrücke zusammen. Dazu hat ROADBIKE die Modelle auf den Prüfstand gehoben, um aussagekräftige Daten zu ermitteln. Und: es muss nicht immer ganz teuer zugehen. Das beweißt unser Preis-/ Leistungs-Tipp.
Hunt Sub 50 Limitless UD Carbon Spoke
🚲 6119 Kilometer gefahren

Meine neuen Lieblingslaufräder! Leichtfüßig, schnell, fahrstabil – für mich stimmt da alles! - Emilia Welte, Testfahrerin
Gar nicht mehr hergeben wollte ROADBIKE-Testerin Emilia Welte den neuen Top-Laufradsatz Sub 50 Limitless UD Carbon Spoke von Hunt. "Die Beschleunigung ist mega, die Räder rollen leicht, halten spielerisch hohes Tempo, und auch bei High Speed bergab fühle ich mich jederzeit sicher", so die Vielfahrerin, die in kurzer Zeit über 6000 Kilometer mit dem Laufradsatz abspulte und damit u. a. – wie schon im Vorjahr – aufs Podium beim Dreiländergiro fuhr. Die Laborwerte geben ihr – größtenteils – Recht: Die Steifigkeiten gehen in Ordnung, Höhen- oder Seitenschläge sind nicht zu verzeichnen, die Lager laufen auch bei Testende noch seidenweich. Das Gewicht von nur 1356 Gramm ist mit Blick auf die Felgendimensionen umso bemerkenswerter: satte 34,5 Millimeter Außenweite am Vorderrad, 30 Millimeter hinten und 23 Millimeter Maulweite an beiden. Dass die Laufräder dennoch so leicht sind, ist auf die Carbon-Speichen zurückzuführen, die auch im Dauertest trotz manchem Radtransport keinen Anlass zur Kritik boten. Nicht in Ordnung ist hingegen, dass das Hinterrad zwei Millimeter außermittig zentriert war. Geschmackssache sind die hakenlosen Felgen, die die Reifenauswahl auf Tubeless-Modelle begrenzen, sowie der fast schon störend laute Freilauf.
Fulcrum Sharq
🚲 1102 Kilometer gefahren

Ein funktional unauffälliger, optisch extravaganter Laufradsatz, auf den jederzeit Verlass war. Eine starke Kombination. - Alexander Walz, Chefredakteur
Mit satten 25 Millimetern Maulweite richten sich die brandneuen Fulcrum Sharq-Laufräder an Fans üppiger Bereifung: Mindestens 30 mm breite Schlappen sollte man hier montieren, was das Jubiläumsmodell (20 Jahre Fulcrum) für Endurance-, Allroad- oder gar Gravel-Einsätze prädestiniert. Im ROADBIKE-Test wurden sie mit 32-mm-Slicks und 38-mm-Gravel-Reifen gefahren, die sehr breit bauen und entsprechend gut dämpfen. Die Reifenmontage gelang sehr einfach, Tubeless-Pneus halten die Luft auf der ungelochten Minihook-Felge sehr gut. 1462 Gramm Set-Gewicht sind angesichts der Felgendimensionen leicht, die Seitensteifigkeit ist sehr hoch. Die Sharqs beschleunigen willig, einen Raketenstart sollte man jedoch nicht erwarten. Nervosität bei Seitenwind ist den Laufrädern fremd, der Geradeauslauf ist ausgeprägt, die Lenkung vorhersehbar – das Sicherheitsgefühl entsprechend hoch. Angenehm: die sehr leicht laufenden Lager. Geschmackssache ist die auffällige Optik der Felge. So sehen die unterschiedlichen Profilhöhen spektakulär aus, andererseits passt diese "laute" Optik nicht an jedes Rad. Kleines Manko: Die mattschwarze Felgenoberfläche und -form ist etwas aufwendiger zu putzen.
Black Inc 28/33
🚲 920 Kilometer gefahren

An sich sind die 28/33 ein Volltreffer für Bergtouren – die seltsame Herstellerkommunikation hat mir aber nicht gefallen. - Eric Gutglück, Redakteur
Die Testfahrten mit dem 28/33 von Factor-Eigenmarke Black Inc waren früh beendet. Mit dem Bruch einer Carbon-Speiche am Hinterrad nach nur 920 Kilometern. Schade, denn bis dahin konnten die 28/33 durchaus überzeugen: Mit flachen Felgen und Carbon-Speichen ist der Laufradsatz leicht und steif zugleich. Entsprechend spritzig gerät der Antritt, das Handling ist agil, und auch bei hohem Tempo und Seitenwind kommt nie Unruhe auf. Die Laufräder waren zudem mittig und rund zentriert, das Tubeless-Set-up gelang schnell und einfach. Dennoch kam’s zum Speichenbruch. Verwirrend: Die Herstellerwebsite nennt in den FAQ ein maximal zulässiges Fahrergewicht von 100 Kilogramm, laut Menüpunkt Warranty sind es hingegen 100 Kilo Systemgewicht. Gilt ersteres, liegt der Testfahrer über zehn Kilo darunter, beim Systemgewicht bewegt er sich im Grenzbereich. Seltsam: Black Inc verzichtete darauf, das Hinterrad zu untersuchen und ein Statement zur technischen Ursache des Defekts abzugeben. Stattdessen verwies man darauf, dass der Kunde in einem solchen Fall – obwohl Ähnliches noch nie aufgetreten sei – ein neues Laufrad auf Garantie bekäme. Offiziell gewährt Black Inc zwei Jahre Garantie und Crash Replacement, sofern das Produkt spätestens 21 Tage nach Kauf registriert wird.
Scope Cycling Artech 4
🚲 1857 Kilometer gefahren

Scope macht mit den Artech 4 sehr viel richtig. Die geschuppte Felgenoberfläche ist ein Alleinstellungsmerkmal, der Preis in diesem Testfeld allerdings auch. - Moritz Pfeiffer, Redakteur
Scope überzeugte schon in mehreren ROADBIKE-Tests mit technisch gut gemachten, fair kalkulierten Laufrädern. Mit den Artech-Modellen schlägt die innovative Marke nun ein neues Kapitel auf: technisch, aber auch preislich. Erstmals verbauen die Niederländer hier Carbon-Speichen, ein auffälliges Schuppenprofil sowie 3D-gedruckte Naben. Ergebnis: begeisternd leichte Laufräder mit nur 1124 Gramm Set-Gewicht. Und das bei 45 Millimeter hohen, innen 23 und außen 31 Millimeter breiten Felgen! Aufbau und Rundlauf sind sehr gut. Auch die Seitensteifigkeit erreicht den grünen Bereich, ab dem Laufräder nach ROADBIKE-Erfahrungen bedenkenlos für alle Fahrergewichtsklassen zu empfehlen sind. Mit 80 Nm/° ist das Hinterrad über jeden Zweifel erhaben, das Vorderrad überspringt die Grenze (bei 70 Nm/°) hingegen nur knapp: 73 Nm/° bringt dieses eingespannt bei 6 Nm zustande, fixiert man es mit 10 Nm etwas fester, sind es 74 Nm/°. Gänzlich zufriedenstellend ist hingegen die hohe Fahrstabilität bei böigem (Seiten-)Wind. Hinweis: Das leichte Lagerspiel ist gewollt und verschwindet bei der Montage im Rad – an mehreren Testrädern war dafür aber ein extrem festes Anziehen der Steckachsen notwendig (vorher checken, was auf der Steckachse als maximales Drehmoment vermerkt ist).
DT Swiss ARC 1100 Dicut 38
🚲 1857 Kilometer gefahren

Ob im Lizenzrennen oder Training: Ich fand die ARC 38 klasse und richtig schnell – erst recht mit dem neuen Aero-Reifen. - Jakob Heni, Testfahrer
Aero, aber leicht – so kann man die Philosophie der neuen, erneut zusammen mit Swiss Side entwickelten Aero-Laufräder ARC 1100 Dicut 38 von DT Swiss mit 38-Millimeter-Felge beschreiben. Mit 1324 Gramm für den Laufradsatz inklusive Felgenband unterbietet der ARC 38 deutlich die Gewichte der anderen ARC-Modelle, deren Felgen 50, 62 oder 80 Millimeter hoch sind. Dass die niedrigste Aero-Felge von DT dennoch "segelt", spürt man deutlich: Fahrt- und Seitenwind heften sich an und tragen zum Vortrieb bei. Je nach Windverhältnissen ist das Fahrgefühl mal mehr, mal weniger wackelig – durchaus typisch für DT Swiss-/Swiss Side-Laufräder und auch gut beherrschbar, zumal beim getesteten 38-mm-Modell. Wer maximale Laufruhe sucht, sollte vor dem Kauf aber besser eine Probefahrt machen. Oder den neuen Aero-Reifen von DT/Conti/Swiss Side montieren, der spürbar zu mehr Laufruhe beiträgt. Testfahrer Jakob Heni fuhr mit der Kombination bei mehreren Lizenzrennen in die Top Ten. Aufbau und Steifigkeiten sind wie von DT Swiss gewohnt über jeden Zweifel erhaben, etwas überraschend liefen aber die Keramiklager rau und schwer – fast schon ein Reklamationsgrund! Geschmackssache: die heute vergleichsweise geringe Maulweite von 20 Millimetern.
Newmen Streem Allround Vonoa
🚲 967 Kilometer gefahren

Die leichten Streem Vonoa verleihen Flügel! Das Ventilsystem fand ich erst gewöhnungsbedürftig, dann durchaus clever. - Tobias Ihle, Testfahrer
Sehr viel Lob von gleich mehreren Testfahrern ernteten die unlängst komplett überarbeiteten Newmen Streem Vonoa-Laufräder. Bei der Tour de France trugen sie Biniam Girmay zu drei Etappensiegen und ins Grüne Trikot. Neben der getesteten Allround-Version sind sie auch mit niedrigeren und höheren Felgen erhältlich. Mit Ausnahme der 80-mm-Zeitfahrversion ist dabei die vordere Felge niedriger als die hintere – aerodynamisch sinnvoll, optisch wohl Geschmackssache. 15 bzw. 18 Carbon-Speichen drücken das Set-Gewicht auf attraktive 1305 Gramm – erfreulicherweise nicht zu Lasten der Steifigkeit. Im Gegenteil. Erfreuliche Folgen: sehr spritziger Antritt, tolle Kraftübertragung, hohe Lenkpräzision – und jede Menge Fahrspaß! Dank 24 Millimetern Maulweite bauen die Reifen breit und dämpfen gut. Ungewöhnlich ist das Streem Aero-Ventil-Kit, bei dem das Schlauch- bzw. Tubeless-Ventil vollständig in der Felge versteckt liegt. Aufgepumpt wird mittels Adapter, ein Stopfen verschließt die Felge – für eine aufgeräumte Optik und noch bessere Aerodynamik. Wer das nicht möchte, kann das große Felgenloch aber auch per Hülse verkleinern und ein klassisches Ventil verbauen, das wie üblich befüllt wird. Herausragend, gerade auch im Vergleich zur Konkurrenz: der Preis!
So testet ROADBIKE
Die Carbon-Laufräder im Test wurden von verschiedenen Fahrern im alltäglichen Training, beim Pendeln zur Arbeit sowie bei Events, Reisen oder Wettkämpfen eingesetzt. Danach nahm "Laufrad-Guru" Haider Knall die Sätze im Labor genauestens unter die Lupe: Mit Präzisionsmesslehre und -zentrierständer wurden Mittigkeit und Rundlauf gecheckt, im Prüfstand mit Gewichten die seitliche Auslenkung und damit die Seitensteifigkeit gemessen, auf der Waage die Gewichte erfasst und abschließend ein besonderes Augenmerk auf eventuellen Verschleiß, die Lager und die Speichenspannung gelegt.
Interview Michi Grätz, Newmen Components
Michi Grätz, Gründer und Chefentwickler bei Newmen Components, über die Vor- und Nachteile von Carbon-Speichen an Rennrad- und Gravel-Laufradsätzen.
Als Trend würde ich das nicht bezeichnen. Es ist der nächste konsequente, aber bereits etablierte Schritt in Richtung Leichtbau.
Die Vorteile überwiegen deutlich. Sie sind leichter, stabiler und steifer. Steifer heißt, sie dehnen sich weniger als Stahlspeichen. Dadurch kann man Laufräder mit weniger Speichen bauen, was wiederum einen positiven Effekt auf die Aerodynamik und das Gewicht hat. Ich persönlich finde auch, dass Laufräder mit Carbon-
Speichen einfach besser aussehen. Einziger Nachteil: Sie sind teurer als Stahlspeichen.
Carbon-Speichen sind unempfindlicher, als man denkt. – Michi Grätz
Natürlich sollte man vorsichtig mit seinem Material umgehen, es gibt aber keine besonderen Wartungs- oder Pflegevorschriften. Carbon-Speichen sind deutlich unempfindlicher, als man denkt. Manchmal liegt der Teufel aber im Detail: Bei unseren Laufrädern zum Beispiel liegen die Nippel in der Felge – das Endstück der Speiche, das aussieht wie ein normaler Nippel, dient nur zum Gegenhalten. Dreht man daran, zerstört man die Speiche! Wenn man sich das Zentrieren nicht zutraut, sollte man – wie mit klassischen Laufrädern auch – lieber zum Händler seines Vertrauens gehen.
Das kommt auf die Bauart des Carbon-Laufrads an. Bei unseren Vonoa-
Modellen muss keine neue Nabe und keine neue Felge gekauft werden, einzelne Carbon-Speichen lassen sich wie normale Stahlspeichen ersetzen. Bei Laufrädern, bei denen die Carbon-Speichen an Nabe und/oder Felge einlaminiert sind, klappt das allerdings nicht. Diese Laufräder sind bei einem Speichenbruch hinüber.
Wir sind aufgrund unserer inzwischen relativ großen Stückzahlen gut aufgestellt, was die Herstellungskosten betrifft. Außerdem nehmen wir Abstand davon, Mondpreise im Aftermarkt anzusetzen, um Kompletträder, welche mit unseren Vonoa-Laufrädern ausgestattet sind, als besonders attraktives Angebot aussehen zu lassen. Stattdessen kalkulieren wir unsere Produkte für Endkunden und Händler realistisch und fair.