Das Fahrradfahren erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Doch wie bei jeder Aktivität gibt es auch beim Radfahren – manchmal zumindest – gewisse Herausforderungen zu bewältigen. Eine Reifenpanne ist für jeden Radfahrer unangenehm. Wenn der Fahrradschlauch mal wieder punktiert wurde, ist das ärgerlich. Nichts kann die Freude am Radfahren so schnell trüben wie ein platter Reifen. Fast jeder Radfahrer träumt deshalb davon, absolut pannenfrei unterwegs zu sein. Da wird so manches Mittelchen ausprobiert, um die Reifen und Fahrradschläuche möglichst gut zu schützen oder zu reparieren.

Pannenschutz
Der Klassiker ist natürlich die Benutzung eines Flickens, um das Loch im Fahrradschlauch zu verschließen. Oder zur Vorbeugung legt sich der ein oder andere ein sogenanntes Pannenschutzband zwischen Reifen und Schlauch. Großer Beliebtheit erfreut sich, gerade beim Rennrad und dem Gravelbike, das Fahren sogar ohne Schlauch, Tubeless genannt. Zum Pannenschutz bei Durchstich und Punktierung wird spezielle Dichtmilch in den Reifen gefüllt, die kleine Löcher während der Fahrt einfach verschließen soll.
Doch unsere Community hat Fragen, bezüglich weiterer Methoden zum Pannenschutz. Wir gehen also der Frage nach:
Kann man Dichtmilch nicht auch in den Fahrradschlauch füllen?
Die Meinungen gehen da auseinander. Berichte davon gibt es: So mancher Radfahrer hat das bereits ausprobiert, indem er das Ventil herausgedreht und herkömmliche Dichtmilch in den Fahrradschlauch hineingekippt hat. Die dabei erzielten Ergebnisse reichen von "hat alles einwandfrei funktioniert" bis "großer Mist". Nur wenige Radfahrer berichten detailliert über die gewonnenen Eindrücke.
Ein Radfahrer berichtete jedoch, dass Drücke bis 3bar problemlos haltbar waren, die Schläuche hätten darunter nicht gelitten, weder aufgrund chemischer Reaktion noch durch Reibung der Partikel in der Dichtmilch. Auch die Fahreigenschaften hätten sich nicht spürbar geändert. Eine wirkliche Aussagekraft ist jedoch nur schwer zu gewinnen.

Gibt es ein spezielles Dichtmittel?
Tatsächlich gibt es zum Beispiel vom Hersteller Muc-Off ein spezielles Dichtmittel genau zu diesem Zweck, das sogenannte "No Puncture Hassle Inner Tube Sealant". Laut Angaben des Herstellers soll es durch besondere enthaltene Molekühle Löcher in Schläuchen von bis zu 4 mm schließen. Die Dichtmilch basiert auf einer Formel auf Wasserbasis, das Inner Tube Sealant trocknet nicht aus. Geeignet ist das Produkt für Schläuche mit Schrader- und Presta-Ventilen (mit herausnehmbaren Ventil aus der Ventilhülse).
Die Reaktionen unserer Redaktion sind dennoch verhalten. Als Argument gegen diese Art von Pannenschutz wird das Mehrgewicht und der schlechte Rollwiderstand angeführt. Doch wer auf der Suche nach dem "perfekten" System ist, der wird diese Argumente womöglich außer Acht lassen. Denn, so die Überlegung: Wenn es funktioniert, wieso also nicht?
Die Experten-Meinung
Wir wollten natürlich eine seriöse Einschätzung und haben die Experten von Schwalbe zu dem Thema befragt: Macht es Sinn, Dichtmilch in den Schlauch zu kippen?
Man kann und darf Dichtmilch in den Fahrradaschlauch füllen. Wir von Schwalbe wissen aber aus unseren Tests und unserer Erfahrung, dass Dichtmilch beim Schlauch nicht die Funktion erfüllt wie beim Tubeless-Set-up. Durch den Hohlraum zwischen Schlauch und Reifen verteilt sie sich zwar, aber schließt Punktierungen nicht immer.
Größte Erfolgschancen bestehen bei kleinen Punktierungen, bei denen der Schlauch seine Spannung weitestgehend beibehält und kein Hohlraum zwischen Karkasse und Schlauch entsteht, in den die Dichtmilch fließen kann.
Eine negative Reaktion (bspw. Abbinden etc.) durch Talkum in und um den Schlauch ist nicht zu erwarten, da das Dichtmittel nur auf Sauerstoff reagiert.
Für den Dauergebrauch empfehlen sich dann doch eher konventionelle Flicken, denn anders als in einem Tubeless-Set-up kann die Dichtmilch nicht ohne Weiteres erneuert werden. Das Dichtmittel härtet je nach Bedingungen nach 3–6 Monaten aus und würde dann im Schlauch in seinen Einzelkomponenten dauerhaft verweilen. Felix Schäfermeister, Produktmanager Schwalbe
Fazit
Dichtmilch in den Schlauch zu kippen, als Alternative zum bekannten Pannenschutz kann eine Option sein. Dennoch hängt das richtige Funktionieren von vielen kleinen Faktoren ab. Es wundert daher nicht, dass der Markt dazu nicht viel im Angebot hat, das Produkt von Muc-Off ist schon fast eine Ausnahme. Andere Hersteller haben ihre Produkte bereits wieder aus ihrem Programm genommen. Unsere Einschätzung: Dichtmilch für eine Tubeless-Bereifung wird sich auch weiterhin durchsetzen, der Einsatz im Schlauch bleibt jedoch noch eine Nische.