Drei Top-Touren im Wipptal - inklusive Trailbooks und GPS-Daten

Lage: Das untere Wipptal erstreckt sich von Innsbruck nach Süden bis zur Passhöhe des Brenner. Zahlreiche kleine Seitentäler erschließen ein ideales Revier voller gemütlicher Almenrunden bis hin zu deftigen Freeride-Krachern.
Beste Reisezeit: Bedingt durch die Lage am Alpenhauptkamm ist das Wipptal im Winter recht schneereich. In mittleren Lagen lässt es sich ab Mai gut biken, ganz oben ist bis Anfang Juni mit vereinzelten Schneefeldern zu rechnen. Mit etwas Glück dauert die Saison bis Ende Oktober.
Anreise: über die Inntal-Autobahn bis Innsbruck, dann über die Brennerautobahn bis Ausfahrt Matrei/Steinach (180 km, 1:40 h von München). Mit dem Zug bis Bahnhof Steinach. Infos unter www.bahn.de.
Übernachtung: Aktivhotel Rose, Steinach am Brenner, Tel. 0043/5272/6221, www.hotelrose.at Weitere Bike-Hotels in der Region unter www.moun tainbike-holidays.com
Einkehr: Sattelbergalm, unterhalb des Brenner-Grenzkamms. Tel. 0043/5274/87717, www.sattelbergalm.com
Bergbahnen: Bergeralm, Steinach am Brenner, Tel. 0043/5272/6333, www.bergeralm.net. Die unter Freeridern beliebte Serlesbahn in Mieders im Stubaital befördert leider keine Mountainbiker mehr.
Karten: Mayr-Verlag, Blatt 40 „Wipptal“, Maßstab 1:35000.
Für Brenner-Grenzkamm: Tabacco, Blatt 038 „Sterzing – Stubaier Alpen“, Maßstab 1:25000.
Info: Tourismusverband Wipptal, Tel. 0043/5272/6270, www.wipptal.at
Aus technischen Gründen können wir zur "Tour 2 - Seilbahntrails der Bergeralm" keine GPS-Daten anbieten.
Touren
Wipptal-Reportage: Heiße Touren und Trails im unteren Wipptal





Vier Top Touren im Wipptal - inklusive Trailbooks und GPS-Daten
Kurven hat sie, die kenne ich nahezu auswendig. Ich weiß genau, wann ich Gas geben kann und wo ich einen Gang rauf- oder runterschalten muss. Wie oft habe ich sie benutzt? 200 Mal? Eine Liebe ist daraus nie geworden. Sie ist eher ein mehr oder weniger willkommenes Übel. Aber jetzt liegt sie da, unten im Tal – und plötzlich scheint die Brennerautobahn im Abendlicht geradezu ästhetisch.
Um zu erkennen, dass sich beiderseits dieser stark befahrenen Autobahn ein vielversprechendes Bike-Revier ausbreitet, braucht es kein besonders gutes Auge. Vom Talgrund auf gut 1000 Meter Höhe ziehen sich die Abhänge des Wipptals hinauf bis zu den höchsten Gipfeln des Alpenhauptkamms. Dazwischen erstrecken sich Bergwälder und Almlandschaften.
Gehöfte allüberall sind durch ein Netz aus Straßen und Wegen untereinander verbunden – und durch Trails. Doch wer sich lediglich durch den Transitverkehr schlängelt, bleibt Zaungast. Einmal den Abzweig in Richtung Steinach zu nehmen, um die Möglichkeiten des Wipptals zu erkunden, das war also längst überfällig.
Gestern war es so weit. Mit von der Partie: Vincent Breysacher, als Mitglied der Vertrider-Community mit solider Fahrtechnik ausgestattet. „Die Bergeralm kenne ich ganz gut“, erzählt Vincent. „Diesen Winter war ich hier schon unterwegs.“ Mit dem Bike, wohlgemerkt.
Aus Vorfreude auf den ersten Bikepark Tirols, der hier eigentlich 2010 eröffnet werden sollte, hatten sich im Februar Freerider an der Bergeralm zum „White Slide“ eingefunden. Auf der zugeschneiten Rodelbahn traten Stollenritter gegen Rodler an und zeigten den Kufenfahrern, dass sich Kurven auf zwei Reifen deutlich schneller nehmen lassen.
Jetzt ist der Schnee weg – Zeit, der Bergeralm einen Sommerbesuch abzustatten. In Windeseile befördert die Seilbahn Biker zur Mittelstation. Oben lässt es der betagte Doppelsessellift deutlich besonnener angehen. Während man gemütlich über die Skipisten in Richtung Nösslachjoch hinaufschwebt, steigt auch die Verwunderung: Auf den Wegen ist kein Mensch unterwegs, schon wenige Meter außerhalb des Skigebiets wirkt die Landschaft unberührt. Kaum zu glauben, dass im Tal der Schwerlast- und Schienenverkehr donnert.
Auf 2100 Metern angekommen, geht der Tanz los. Ein Band aus gestampfter Erde führt flowig durch eine blühende Heidelandschaft. Dann wird der Trail steiler und technischer, fordert mit Wurzelpassagen und Stufen einen beherzten Fahrstil. Schließlich spuckt uns ein Karrenweg in Nösslach aus, wo der Blick auf die Brennerautobahn klarmacht, wo wir unterwegs sind. Doch der Trail nach St.
Jodok lässt die Ernüchterung schnell weichen. Zwei Kehren auf dem Tannennadel-Trail, und die brüske Begegnung mit der Zivilisation erscheint wie ein nächtlicher Spuk.
„Die Gäste stören sich an der Brennerautobahn meist weniger als ich“, bestätigt Franz Holzmann am Abend unseren Eindruck. Franz leitet das Bike-Hotel Rose in Steinach und setzt sich als aktiver Biker dafür ein, sein Heimattal bekannter zu machen. „100 Meter von der Autobahn entfernt kriegst du kaum noch was mit“, erzählt er. „Und in den Seitentälern sowieso nicht!“
Keine Übertreibung, das wird bei der zweiten Tour schnell klar. In Gries starten wir auf der Asphaltstraße in Richtung Obernberg, und schon in Vinaders, nur wenige Kurven taleinwärts, befinden wir uns in einer heilen Welt. Gesäumt von Almen und vom schroffen Tribulaun-Massiv überragt, bietet das Obernbergtal einen idealen Seiteneinstieg für die berühmte Brenner-Grenzkammstraße, ein Erbe Mussolinis. Gekämpft wurde dort im Endeffekt nie, aber Biker verdanken dem Faschistenführer einen Klassiker erster Güte.
Als Plackerei mit Tragepassage entpuppt sich dagegen der Weg zum Portjoch. Aber: „Wer am Portjoch startet, kann am Sattelberg über einen genialen Trail abfahren“, wurde uns mit auf den Weg gegeben. „Und erspart sich den Bauern an der Sattelalm.“ Richtig, der berühmte Bauer mit der Mistgabel.
200 Meter des Militärwegs zum Sattelberg führen über sein Land: Für Max Überegger angeblich Grund genug, bei Androhung des Aufspießens keinen Biker passieren zu lassen. „I hob no ned amol a Mistgabel herobn!“ hält der Bauer dagegen. Reine Legende? Unwahrscheinlich, aber tatsächlich wurde er nie angezeigt.
Wunderbar flowig, aber zum Teil ausgesetzt und mit schwindelerregenden Tiefblicken, quert der Trail vom Portjoch zum Geierskragen. Am Kreuzjoch, der direkten Auffahrt von Brennerbad, werden die Mountainbiker zahlreicher – glücklicherweise ohne zusätzliche Mistgabellöcher im Sitzfleisch. Links trennt den Biker nur noch eine kurze Schiebepassage vom Gipfel des Sattelbergs, und hier beginnt ein Trail, der jeden Schweißtropfen des Anstiegs reichlich belohnt.
Und die Brennerautobahn? Wird im Abfahrtsrausch ruckzuck vergessen. Benutzen werde ich sie garantiert noch viele Male. Doch jetzt weiß ich: Das Wipptal ist für jeden, der es kennengelernt hat, viel mehr als nur ein Transitland.