Lange wurde spekuliert, jetzt ist sie da: Shimano bringt mit der XTR M9200 Di2 erstmals eine komplett kabellose MTB-Schaltgruppe auf den Markt – und tritt damit direkt gegen SRAMs Transmission-System an. Die neue Gruppe richtet sich sowohl an XC-Racer als auch an Enduro-Fahrer und ist zudem in einer E-MTB-Version erhältlich. Wir konnten das neue Topmodell bereits exklusiv testen und haben die Komponenten auf Herz, Nieren und Waage geprüft.
Kurz & knapp: Shimano XTR M9200 Di2 2025
- erstmals vollständig kabellose MTB-Schaltgruppe von Shimano
- zwei Varianten: XC (M9200) und Trail/Enduro (M9220)
- zusätzlich E-MTB-Version mit kabelgebundenem Schaltwerk
- SHADOW ES Schaltwerk mit Impact Recovery
- neue 9-45Z- und bewährte 10-51Z-Kassette
- App-Anbindung für Schaltlogik und Individualisierung
- neue Vier- und Zweikolben-Bremsen mit optimierter Ergonomie
- Carbon-Laufräder für XC (1170 g) und Trail im Set
- Industrielager und 3,5° Freilaufwinkel bei neuen Naben
Schon vor einiger Zeit machten erste Spyshots im Netz die Runde – offenbar hatte ein Händler bei einer Schulung heimlich fotografiert. Zu dem Zeitpunkt waren wir längst unterwegs: Im Februar 2025 fuhren wir in Altea, Spanien, bereits mit der neuen Shimano XTR Di2 über die Trails. Jetzt lüftet Shimano das Geheimnis – und schickte uns sogar direkt die ersten Gruppen in die Redaktion. Zeit für einen genauen Blick!
Von Grund auf neugedacht
Die XTR M9200 Di2 gibt’s in zwei Varianten: eine leichte XC-Version und eine robuste Trail-/Enduro-Version. Shimano hat bei den Bauteilen jeweils sinnvoll differenziert. Das Schaltwerk ist identisch, aber Kurbeln, Bremsen und Laufräder sind jeweils auf den Einsatzzweck abgestimmt:
- FC-M9200: leichte Alu-Kurbel für XC
- FC-M9220: stabilere Enduro-Kurbel
- BR-M9200 / BR-M9220: Zwei- bzw. Vierkolben-Bremsen
- WH-M9200 / WH-M9220: leichte bzw. robuste Carbon-Laufräder
Beim Schaltwerk gibt es Unterschiede bei der Käfiglänge: Für die neue 9–45Z-Kassette kommt der Short Cage (GS), für die 10–51Z-Version der Long Cage (SGS). Für E-MTBs gibt es ein eigenes, kabelgebundenes Schaltwerk (RD-M9260), das direkt über den Motor-Akku versorgt wird.
Der Teufel liegt im Detail
Shimano hat viel Feinarbeit investiert. Das neue SHADOW ES-Schaltwerk ist flacher, widerstandsfähiger und mit der neuen Automatic Impact Recovery ausgestattet: Bei einem Schlag entkoppelt sich das Schaltwerk kurz und setzt sich automatisch wieder in die richtige Position. Das doppelt gefederte Käfigdesign sorgt für mehr Kettenspannung – gerade auf ruppigen Trails ein Pluspunkt. Der Akku sitzt geschützt im Schaltwerkskörper und kann zum Laden entnommen werden.
Neuer Schalthebel, mehr Kontrolle
Der neue RAPID ES-Schalthebel bietet klar spürbares, taktiles Feedback. Es gibt mehrere Schaltmodi: Multi-Shift beim Gedrückthalten, Doppelklick oder klassisches Einzelschalten. Der Doppelklick kann am Hebel deaktiviert werden, ideal für E-MTBs. Die Tasten lassen sich in vier Richtungen einstellen, per App auch individuell belegen – z. B. zur Steuerung des Fahrradcomputers oder für die E-MTB-Funktionen Free Shift und Auto Shift. Für XC und Trail/Enduro kommt der gleiche Schalthebel zum Einsatz, erhältlich als I-Spec-EV-Variante oder mit separater Schelle.
Akkulaufzeit: voll langstreckentauglich
Shimano gibt für den Di2-Akku der neuen XTR eine Reichweite von bis zu 340 Kilometern an – basierend auf einem durchschnittlichen Schaltverhalten von 30 Gangwechseln pro Kilometer. Bei sparsamerer Nutzung sind laut Hersteller sogar bis zu 500 Kilometer möglich. Der Akku sitzt geschützt im Schaltwerk, lässt sich einfach entnehmen und ist innerhalb von etwa einer Stunde vollständig geladen. Zum Vergleich: Der Akku der SRAM Transmission fasst 300 mAh und reicht für rund 230 Kilometer. Im Schalthebel sind zwei Knopfzellen verbaut, die laut Shimano bis zu zwei Jahre halten sollen – abhängig von Nutzung und Umgebungstemperatur.
Überarbeitete Bremsen
Besonders bei den Enduro-Bremsen hat Shimano nachgelegt:
- Neues Mineralöl (orange) mit niedriger Viskosität – für stabilen Druckpunkt auch bei Kälte
- Neue Kunststoffkolben statt Keramik – sollen robuster sein
- ERGO FLOW-Hebel mit natürlicher Fingerführung
- SERVO WAVE-Technologie für schnell ansprechende, fein dosierbare Bremskraft
Die Vierkolben-Stopper (Trail) und die leichteren Zweikolben-Bremsen (XC) kommen mit überarbeiteten Sätteln, verbesserter Dichtung und klapperfreien Belägen mit Kühlrippen.
Neue Laufräder & Naben
Auch bei den Laufrädern hat sich einiges getan:
- WH-M9220 (Trail): 30 mm Maulweite, hakenlose Felge, 28-Loch, Edelstahl-Speichen
- WH-M9200 (XC): 29,6 mm Maulweite, Carbon-Felge, 24-Loch, Titan-Speichen, nur 1170 g
Neu: Shimano verabschiedet sich vom Konuslager – und setzt auf Industrielager, wie man sie von DT Swiss kennt. Die neuen M9210-Naben sind leichter, wartungsärmer und bieten einen 3,5°-Eingriffswinkel.
App-Tuning & Personalisierung
Über die E-Tube App lassen sich Tastenbelegung und Schaltgeschwindigkeit in fünf Stufen anpassen. Vor allem das dürfte Fahrer freuen, denen SRAMs Transmission zu träge reagiert – Shimanos System lässt sich deutlich flotter einstellen.
Gewichte im Überblick
Wie immer haben wir alle Komponenten selbst gewogen – mit unserer kalibrierten Präzisionswaage in der Redaktion. Die hier aufgeführten Werte beziehen sich auf Einzelkomponenten. Angaben in Gramm:
First Ride: Trail- und E-MTB-Variante im Test

Da ist sie endlich: Shimanos Antwort auf Sram-Transmission-Reihe!
In Altea konnten wir die Trail-Variante und das E-MTB-Modell ausführlich fahren. Auffällig: der sensible Schalthebel – anfangs fast zu schnell. Shimano hatte ab Werk die schnellste Schaltstufe aktiviert. Per App reduzierten wir auf eine mittlere Stufe – damit ließ sich die Gruppe kontrollierter schalten. Die Gänge flutschen dank Hyperglide+ wie gewohnt butterweich.
Das Finish der Kurbeln ist top, die Verarbeitung wirkt insgesamt sehr hochwertig. Auch bei der Montage fiel auf: Die Komponenten sind exakt gefertigt, alles passt auf Anhieb. Positiv: Shimano setzt weiterhin auf klassische Schaltaugen – das neue Schaltwerk ist allerdings optimiert für UDH-Aufnahmen. An älteren Rahmen ohne UDH kann es daher zu Einschränkungen in der Schaltqualität kommen.
- Chris Pauls, MOUNTAINBIKE-Testchef