
Nur die Leistung zählt: Je mehr Drehoment, desto besser!
Ob Newtonmeter oder Watt: Frage dich, wie viel Kraft du wirklich benötigst. Fährst du als Profi im E-Enduro-Worldcup, ist die Antwort klar: Viel hilft eben doch viel. Für "Normalos" reichen die beliebten Motoren von Bosch, Brose, Shimano oder Yamaha vollends aus und sind ein guter Kompromiss, sie fahren sich dank intelligenter Steuerung zudem absolut kultiviert.
Am Ende ist es wie so oft eine Geschmacks- und Typfrage. Willst du hohe, dennoch gut beherrschbare Unterstützung? Dann greife zu einem bewährten Full-Size-Motor, ob mit 85 Nm oder 90 Nm ist dabei egal. Liebst du ein „Bio-Bike“-ähnliches Fahrgefühl? So sei die wachsende Welt der Light-E-MTBs die deine!

Die Radmarke ist egal, Hauptsache Bosch!
Nicht nur bei Kühlschränken, Kfz-Elektronik und mehr genießt Bosch weltweit besten Ruf, sondern auch bei E-MTB-Motoren. Und das zu Recht! Ohne die Schwaben-Power wäre der Siegeszug motorisierter Bergräder im Nachhinein kaum denkbar gewesen. Aber egal ob nun Bosch, Brose, Fazua, Panasonic, Shimano, TQ, Yamaha: Tolle Motoren bzw. Antriebssysteme bauen ausnahmslos alle! Nur im Hinblick auf Service ist man bei den großen Marken sicherer. Wer hingegen einen charakterstarken Motor sucht, sollte sich bei kleineren Anbietern umsehen.

E-MTBs brauchen spezielle E-MTB-Parts!
Hier ist der Gesetzgeber eindeutig: Nein, ein Pedelec - also ein E-Bike mit Tretunterstützung bis zu 25 km/h - benötigt keine besonderen Anbauteile. Somit dürfen alle Bauteile genutzt werden, die generell per CE-Norm und Co. für den Einsatz an Fahrrädern freigeben sind. Ein E-MTB braucht sehr wohl aber Komponenten, die auf der klar stabilen Seite sind. In der Regel lohnt der Griff ins Enduro-Regal, speziell bei Bremsen (vier Kolben, große Bremsscheiben!), Reifen, Laufrädern und Lenker. Der Rest ist individuell: Fans von Trail-Uphills empfehlen wir etwa einen (E-)Sattel mit hoher Heckpartie.

Reichweite über alles - je dicker der Akku, desto besser!
Zu Beginn der E-MTB-Ära waren es noch 400 bis 500 Wh, heute werden sogar 900-Wh-Batterien verbaut. Als Standard haben sich an Full-Size-E-MTBs 700 bis 750 Wh etabliert. Nicht ohne Grund, die immer stärkeren Motoren benötigen trotz ausgeklügelter Steuerung viel Strom, um ihrerseits Leistung zu erbringen. Aber: Je mehr Zellen verbaut sind, desto schwerer wird der Akku. So wiegt ein integrierter 750-Wh-Akku von Bosch 4300 g, das 500er-Pendant satte 1,3 Kilo weniger. Auch die Baugröße wächst, sodass große Akkus oft gar nicht oder nur mit Einschränkungen in kleine Rahmen passen. Und logisch: Ein schwerer Akku führt zu einem schweren MTB, was wiederum mehr Stromverbrauch bedeutet. Schlussendlich fährt sich ein schweres Bike dann natürlich weniger agil und ist unhandlicher.
Unser Tipp: Frage dich zunächst, wie lang Touren tatsächlich sind - und wie oft du deinen Akku wirklich (fast) leer fahren wirst. Überlege dir genau, wie viele Wattstunden wirklich für deinen Einsatzbereich sinnvoll sind. Denn das Gewicht jeder Akkuzelle, die du nicht nutzt, fährst du unnötig durch die Gegend.

Die Güte der E-MTB-Federelemente ist unbedeutend!
Tatsächlich stimmt die Aussage zum Teil. Denn die hohe Masse von E-MTBs kann die Güte von Federelementen kaschieren: Es presst von oben so viel Gewicht, dass selbst mürrisch ansprechende Gabeln und Dämpfer quasi zu Softies mutieren. Die Unterschiede zur Highend-Klasse sind jedoch spürbar. So funkeln bei Fox nur in der Factory-Serie die goldenen, Sensibilität versprechenden „Kashima“-Standrohre. Bei Rock Shox sind ab Select+ die Dichtungen hochwertiger, bei Ultimate kommen bessere Öle sowie das Ansprechverhalten optimierende „Butter Cups“-Minidämpfer dazu. Spezielle, verstärkte E-MTB-Chassis bietet nur Fox, Rock Shox verweist auf die "extreme Steifigkeit" seiner Gabeln.
Kurzum: Je seriöser du ins Trail-Geschehen eingreifen willst, desto mehr lohnt es, auf hochwertige Federelemente zu achten. Die vielfältigeren Einstelloptionen der Dämpfung mögen am Anfang überfordern, irgendwann wirst du sie nicht mehr missen wollen. Tipp: Die „Mittelklasse“ von Fox und Rock Shox bietet zwar weniger Bling-Bling, aber fast dieselbe Performance wie die sündteure Highend-Riege. Ein in unseren Augen goldrichtiger Kompromiss!

Das E-MTB passt nicht perfekt? Dann passen wir's eben an!
Anpassungen sind nur marginal sinnvoll. Wer in Relation zur Körpergröße lange Oberschenkelknochen besitzt oder generell flachere Sitzwinkel bevorzugt, schiebt den Sattel ein paar Millimeter zurück – aber nicht mehr! Wer einen ausgeprägten Stack, also eine hohe Front, liebt, verbaut einen Lenker mit bis zu 35 mm Hochbiegung („Rise“) und/oder bis zu drei Spacer à 1 cm – dann ist das Maximum erreicht. Als strenge Faustregeln gelten: Sattel um maximal einen Zentimeter aus der neutralen Stellung (siehe Skala auf dem Gestell) vor/zurück schieben. Vorbaulänge um maximal einen Zentimeter plus/minus variieren. Cockpit um maximal vier Zentimeter zum „Null-Zustand“ (keine Spacer, im Original verbauter Lenker) erhöhen. In anatomischen Ausnahmefällen oder bei einer bestimmten Anamnese darfst du natürlich einige Millimeter davon abweichen, wenn der Rest des Bikes perfekt passt. Ist dies aber nicht der Fall, musst du dir überlegen, ob die nächst kleinere oder größere Rahmengröße mit den oben angesprochenen Änderungen nicht eher im grünen Bereich liegt. Trifft dies auch nicht zu, hat der entsprechende Hersteller schlicht kein Bike mit „deiner“ Geometrie im Angebot.
Nur ein geometrieseitig mit dir völlig „übereinstimmendes“ E-MTB macht bergauf wie -ab Spaß. Im Ideal passt dir dein Wunschrad bereits im Originalzustand wie die berühmte Faust aufs Auge. Konfigurationen? Dienen nur der Perfektion!

E-MTBs brauchen mindestens 160 mm Federweg!
Kurzhubige E-MTBs fahren sich in der Tat sehr hart, Fullys mit weniger als 130 mm lassen sich daher fast an einer Hand abzählen. Und E-Hardtails sind ehrlicherweise nur auf Straße oder leichten Schotterwegen „rückenfreundlich“ einsetzbar. Mit dem Federweg steigt allerdings auch wieder einmal das Gewicht. Das beginnt beim Rahmen, der aufgrund der höheren Scherkräfte etwa einer längeren Gabel stabiler ausgelegt sein muss und endet bei den Federelementen selbst. So weisen aktuelle Gabeln mit 170 bis 180 mm fast immer breite, entsprechend schwere 38-mm-Standrohre sowie massive Gabelbrücken und Chassis auf. Heckwärts sind lange Federwege in der Regel nur von Dämpfern mit großvolumigen Luftkammern sowie Ausgleichsbehälter „beherrschbar“.
Überlege daher, wie viel Federweg du benötigst. Fährst du nur auf leichten Wegen, ist ein E-Enduro mit 170-mm-Fahrwerk schlicht „drüber“. Dann fährst du deinen Federweg nur spazieren. Für Trails und Co. sollten es aber durchaus 150 mm und mehr sein. Unsere Faustregel: Plane bis zu 20 mm mehr als an deinem „Bio-Bike“ ein.

Die Geometrie eines E-MTBs? Unwichtig!
Es gibt Gründe, warum wir heute über Trails fliegen, über die wir in den 90er-Jahren von Kiesel zu Kiesel holperten. Verbesserte Federelemente und Bremsen, „fette“ Reifen, breite Lenker, die Erfindung der Vario-Sattelstützen und vieles mehr. Die vermutlich wichtigste Entwicklung aber verbirgt sich hinter Zahlen, hinter Winkeln und Längen. Bis Mitte der Nullerjahre waren die Geometrien von MTBs verkappte „Rennrad-Schnitte“, inzwischen hat eine extreme Entwicklung eingesetzt. Inzwischen ähneln die Geos von E-MTBs denen der motorlosen Pendants, einige Hersteller schaffen sogar 1:1-Kopien. Und das ist gut so! Zwar sorgt das hohe E-Bike-Gewicht per se für ein Plus an Laufruhe, aber erst eine moderne Geometrie macht ein Bike „wirklich“ rund. Durch das Thema durchzusteigen, ist jedoch nicht einfach. Es bedarf viel Erfahrung (und das Studium von Fachmagazinen ...), um anhand nackter Zahlen eine Geometrie zu beurteilen. Zumal ein laufruhiger 64°-Lenkwinkel nicht automatisch besser ist als ein agilerer 66°-Winkel. Und umgekehrt.
Auch hier solltest du dir überlegen, was du haben möchtest. Soll dein künftiges E-MTB betont laufruhig? Agil-verspielt? Oder doch lieber ausgewogen sein? Die Geometrie eines E-MTBs entscheidet, wie es sich fährt, sie muss daher unbedingt zu deinem Einsatzbereich und Fahrstil passen! Du bist die unsicher? Dann helfen Fachgespräche und -medien, aber auch die altbewährte Probefahrt kann dich vor einem Fehlkauf schützen.

Was ein E-MTB wiegt ist doch egal!
Ganz klar: Nein! Je schwerer ein Bike, desto unhandlicher ist es – auf dem Trail, aber auch im Alltag. Zwar kommst du bei einem „Full-Size“-E-MTB um Gewichte deutlich über 20 Kilo nicht herum, ob dies dann 22 oder 25 Kilo sind, ist aber ganz klar spürbar! Wer noch „natürlicher“ unterwegs sein will, sollte hingegen einen Blick auf die modischen Light-E-MTBs hier im Test werfen.

Pah, ich kauf doch kein E-MTB...!
Erlaubt ist, was gefällt - das lebt übrigens auch die MOUNTAINBIKE- und BikeX-Mannschaft vor. Ein Blick in unsere Redaktion dürfte ein gutes Abbild der MTB-Gesellschaft sein: Einige von uns fahren nur noch „E“, andere wiederum zumindest privat gar nicht. Der Rest fährt eben beides – und fährt mehr denn je. Letzteres lässt sich bei vielen „Umsteigern“ beobachten: Die Zeit auf dem Bike wird mehr, weil es einem leichter fällt, sich auch bei geringerer Motivation aufs E-MTB zu schweigen als auf das Bergrad ohne Motor. Und alleine das sollte Grund genug für ein Stromrad sein, oder?
Auch der Markt spricht eine klare Sprache: Nur jedes zehnte verkaufte MTB hatte 2022 keinen(!) Motor. Das E-MTB ist nicht gekommen, um zu bleiben, sondern um den Markt zu dominieren. Dennoch muss und darf sich keiner zum Kauf eines E-MTBs gezwungen fühlen. Es zumindest einmal auszuprobieren, können wir aber nur wärmstens empfehlen!
Kaufberatung: Das sind die besten E-MTBs des Jahres!
Lust bekommen auf E-MTBs? Wir haben die spannendsten E-Mountainbikes des Jahres getestet – und stellen sie dir in folgender Übersicht vor: