Das überraschende Ende von P2 – wie das E-Bike-Joint-Venture von Porsche und Pon scheiterte
Als die Fahrradbranche vor wenigen Jahren im Höhenflug war, strömten branchenfremde Investoren in nie gekanntem Ausmaß in den Markt. Auch Automobilhersteller wie Porsche entdeckten das Segment der Premium-E-Bikes als Wachstumsfeld. Heute ist von diesem Optimismus wenig geblieben. Ein Beispiel dafür ist das plötzliche Aus des Joint Ventures P2 E-Bike GmbH, das Porsche gemeinsam mit der niederländischen Pon Holding betrieb. Zur Pon Holding gehören Marken wie Cannondale, Focus, Santa Cruz, Cervélo und BBB.
Gemeinsam gründeten Porsche und Pon Anfang 2022 eine sogenannte Blitz-GmbH – ein bei Joint Ventures übliches Vorgehen. "Blitz"-Gesellschaften sind in Deutschland vorgegründete, leere Mantelgesellschaften. Sie heißen so, weil sie praktisch "blitzschnell" einsetzbar sind. Sie tragen keine Altlasten, sind jederzeit problemlos übertragbar oder können genauso schnell wieder gelöscht werden.
Ein ambitioniertes Projekt – überraschend gestoppt
Vor diesem Hintergrund könnte man fast meinen, das Ende sei wenig überraschend gekommen. Doch bis Mitte 2025 arbeiteten rund zwölf Mitarbeiter bei der Stuttgarter P2 GmbH. Unter ihnen ein engagiertes Entwicklerteam, das aus dem Pon-Tochterunternehmen Focus hervorgegangen war. Laut Handelsregister sollte das Unternehmen Premium-E-MTBs und -E-Trekkingräder für Porsche entwickeln, montieren und international vertreiben. Brancheninsider gehen davon aus, dass P2 zum Marktstart ein vollständig eigenentwickeltes E-Mountainbike präsentieren sollte – ausgestattet mit einem neuen Motor von Fazua, dem 2022 von Porsche übernommenen E-Motoren-Anbieter, der in einem weiteren Joint Venture von Porsche und Pon aufgegangen ist und heute Porsche E-Bike Performance heißt. Die Richtung, so die Vermutung: ein High-End-E-MTB auf dem Niveau einnes Specialized S-Works, also teuer, nobel und technisch eigenständig.
Das Rad existiert bereits
Im Handelsregister wurden bereits am 6. November 2023 Geschmacksmuster für einen Fahrradrahmen eingetragen. Parallel dazu war Testern des Magazins MOUNTAINBIKE in der Stuttgarter Umgebung bereits ein Prototyp aufgefallen. Sie beschrieben ein Bike mit auffälliger Kinematik – ein Hinweis auf eine ambitionierte, vielleicht sogar neuartige Fahrwerkslösung.
Doch Mitte des Jahres wurde die Entwicklung abrupt gestoppt. Noch wenige Monate zuvor hatte P2 zwei Marketing-Spezialisten von Canyon abgeworben – ein Zeichen, dass man an einen baldigen Marktstart glaubte. Umso überraschender kam die Entscheidung, das Projekt zu stoppen. Im April holte man sogar noch eine neue Geschäftsführerin an Bord – zwei Monate später war dann Schluss.
Ein stilles Ende – und eine zurückhaltende Kommunikation
Die betroffenen Mitarbeiter wurden von der Entscheidung überrumpelt. Immerhin konnten nahezu alle rasch wieder unterkommen, teils sogar innerhalb des Pon-Konzerns. Zwei ehemalige P2-Angestellte sind derzeit noch auf Jobsuche.
Auf eine Interviewanfrage reagierte Pon lediglich mit einer kurzen Antwort. Die weiterhin eingesetzte Geschäftsführerin Gudrun Scharler verwies auf ein knapp gehaltenes Statement – mehr war nicht zu bekommen.
"Porsche und PON überprüfen ihre gemeinsamen Aktivitäten regelmäßig im Hinblick auf strategische Prioritäten. Vor diesem Hintergrund wurde entschieden, die Entwicklung von Porsche-branded E-Bikes im Rahmen des Joint Ventures P2 eBike GmbH nicht weiterzuführen. Diese Anpassung dient der Fokussierung auf Projekte, die die langfristigen Ziele der Partnerschaft bestmöglich unterstützen. Zu weiteren Details einzelner Entwicklungsprojekte äußern wir uns grundsätzlich nicht."
Die Kommunikation ist defensiv, was wir bereits aus anderen Fällen kennen: Schon bei früheren Anfragen zu Ausfällen der Fazua-Motoren gab man sich von Porsche-Seite gegenüber MOUNTAINBIKE äußerst zurückhaltend. Offenbar möchte man in einer angespannten Situation keine Angriffsfläche bieten.
Die Website des Porsche- und Pon-Start-ups ist nach wie vor online erreichbar: p2ebike.com.

Hier könnte bereits der neue Porsche-E-Bike-Motor zu sehen sein – entwickelt vom Entwicklungsteam von Fazua. Vieles spricht dafür, dass er in ähnlicher Form kommen wird. Fest steht jedoch: In einem Porsche-E-Bike wird dieser Antrieb nicht mehr erscheinen.
Vom Goldrausch zum Rückzug?
Das Scheitern von P2 steht sinnbildlich für die Ernüchterung der Branche. Während der Boomjahre rund um Corona galt die Fahrradwirtschaft als Wachstumswunder. Hersteller, Händler und Investoren rüsteten massiv auf. Unternehmen wie Porsche oder auch Holdings wie Pierer (siehe Syntace GmbH) stiegen mit großen Erwartungen ein.
Doch der Markt kühlte rasch ab: volle Lager, vorsichtige Verbraucher, ein Ende der Euphorie. Heute suchen manche der einstigen Hoffnungsträger nach dem schnellsten Weg aus den Engagements, die plötzlich nicht mehr den erwarteten Return of Invest versprechen.
Was bleibt von P2?
Die zentrale Frage bleibt unbeantwortet: Was wollte Porsche mit diesem Bike tatsächlich erreichen? War ein eigenes, ikonisches E-Mountainbike geplant – ein prestigeträchtiges Aushängeschild der E-Mobilitätsstrategie, vielleicht auch ein kommunikatives Signal im Sinne von "Wir investieren in Green Mobility"? Oder ging es – ähnlich wie bei Amflow und DJI – darum, ein technisch anspruchsvolles Modell zu schaffen, das einen neuen Porsche-Motor erstmals auf die Bühne hebt und so für andere Marktteilnehmer interessant macht? Oder verfolgte Porsche – wie es der Eintrag im Handelsregister nahelegt – das Ziel, mit hochwertigen E-Bikes ab Marktstart in Europa und Nordamerika weltweit ein lukratives Geschäftsfeld zu erschließen?
Spekulationen bleiben Spekulationen. Sicher ist lediglich: Die Chance auf ein eigenständiges Porsche-Superbike scheint vorerst vertan. Ein weiteres Kapitel ambitionierter, aber kurzlebiger Fahrradprojekte großer Konzerne wurde damit 2025 geschlossen.





