Status quo: Die Sache mit den Laufradgrößen
Die Frage beschäftigt die Branche, denn Laufradgrößen sind ein heißes Thema beim Mountainbiken. Lang vorbei sind die Tage, an denen 26-Zoll-Laufräder die einzige Option waren. Die meisten Fahrerinnen und Fahrer kennen heute vermutlich zwei Laufradgrößen: 27,5 Zoll und 29 Zoll oder den Mix aus beiden beim Mullet-Setup.
Jetzt also 32 Zoll?!
Auf der Taipeh Cycling World wurden im März die ersten Cross-Country-Reifen mit 32 Zoll Durchmesser von Maxxis gesichtet. Auch auf der Eurobike-Messe bestätigt sich: Das ist kein Einzellfall. Das 32-Zoll-Thema war in aller Munde. Hier zeigte Reifenriese Maxxis den serienreifen Aspen-XC-Reifen. Wir konnten mit Ulrich Guppenberger von Maxxis sprechen.

„Die Branche geht diesmal durchdachter vor.“
Wir bei Maxxis haben mit dem Aspen bereits einen serienreifen 32-Zoll-Reifen für den XC-Bereich – so viel kann ich sagen. Auch andere Hersteller entwickeln in diese Richtung. Wann genau das Format kommt, lässt sich schwer sagen – aber in den nächsten Jahren wird da sicher etwas passieren. Ob im Cross-Country, Tourenbereich oder vielleicht sogar im Gravel-Segment – das ist aktuell noch offen.
Die Reifen sind tatsächlich das kleinste Problem. Komplexer wird es bei Federgabeln, Laufrädern und vor allem den Rahmengeometrien. Die größeren Laufräder müssen in die Bikes passen und trotzdem steif und stabil bleiben. Ich glaube aber, die Branche hat aus den Umstellungen von 26 auf 29 Zoll gelernt – diesmal geht man durchdachter vor.
Die Vorteile sind klar: mehr Auflagefläche, besserer Abrollwinkel, höhere Geschwindigkeit und mehr Sicherheit – gerade auf schweren, anspruchsvollen Strecken. Ich kann mir gut vorstellen, dass 32 Zoll sogar perfekt für Gravelbikes sein könnte. Dort braucht es keine Federgabel, was die Integration erleichtert – und das größere Laufradformat würde dem Fahrverhalten enorm zugutekommen.
Wer schon bei 32 Zoll mitrollt: Dirty Sixer, BMC & Co.

David Folch ist selbst 1,98 m groß und bietet mit Dirty Sixer Bikes mit 32 oder sogar 36 Zoll an. Zu den Kunden zählen prominente Basketball-Stars wie Shaquille O’Neal und Dirk Nowitzki.
Pionier Dirty Sixer geht einen Schritt weiter: Gründer David Folch baut Bikes für Menschen über zwei Meter – und präsentiert stolz das erste Serien-MTB mit 32-Zoll-Laufrädern. Selbst die Reifen ließ er auf eigene Kosten bei Vee Tire fertigen. Faction Bike Studio aus Kanada hatte einen Prototyp namens "Big Ben" mit 120 mm Heckfederweg am Maxxis-Stand platziert.
Erste Prototypen hat Gründer David Folch bereits vor acht Jahren entwickelt. "Doch erst mit eigenen Felgen und Reifen ist jetzt die Zeit für den Marktstart gekommen", erklärt David und spricht von Vorteilen wie besserem Rollverhalten, höherem Momentum oder größerer Aufstandsfläche.

Unter dem Label "Impec-Lab" entwickelt BMC traditionell seine neuen Bikes. Wo dieses Label draufsteht, ist fast immer etwas ganz Spannendes drin: so auch im Fall dieses Prototyps.
Zuletzt sorgte BMC beim Worldcup-Wochenende in Andorra mit einem Prototyp für Gesprächsstoff: Mit großen 32-Zoll-Laufrädern testen die Schweizer wohl die neue Laufradgröße auf ihre Vor- und Nachteile. Eine zeitnahe Serieneinführung scheint jedoch kein Thema zu sein.
Das sagt die Mountainbike-Community
Die Reaktionen auf den sozialen Medien sind gespalten, manch groß gewachsener freut sich über eine ausgewogenere Geometrie an seinem Bike. Andere witzeln, dass sie noch nicht einmal auf den 29-Zoll-Trend aufgesprungen sind. Und: kommt dann noch ein 30,5-Laufrad für das Mullet-Setup?
Auch als Gary Fisher 1999 die ersten 29"-Bikes entwickelte, lief das Thema in den folgenden Jahren schleppend voran. Damals waren 26-Zoll noch Standardgröße, 29-Zoll-Laufräder wurden von vielen als zu groß und schwerfällig abgetan. Doch mit zunehmender Weiterentwicklung der Technologie und des Designs setzten sich 29-Zoll-Räder immer mehr durch und sind heute Goldstandard.
Das sagt die MOUNTAINBIKE-Redaktion zu 32-Zoll

Mein Motto lautet: Hinterfrage immer den Status quo. Genau das passiert gerade wieder in Sachen Laufradgrößen, nachdem auf der Messe in Taipeh nun die ersten 32-Zoll Reifen gezeigt wurden. Nino Schurter soll angeblich bereits Testfahrten machen – das klingt für mich wie ein logischer Schritt.
Man muss es zumindest einmal versuchen. Für die schnellen XC-Kurse, auf denen es im Schlusssprint um Hundertstel geht, kann eine höhere Rotationsmasse von Vorteil sein. Und dass größere Laufräder im Gelände besser über Hindernisse abrollen, muss man ja mittlerweile nicht mehr erklären.
Dass diese Bikes dann schnell für Endkunden verfügbar sind, liegt an der Geschwindigkeit der Branche, in der es kurze Wege gibt und viele Tüftler neue Trends rasch umsetzen, um sie am Markt zu testen. Für großgewachsene gibt es 32-Zoll-Modelle ja ohnehin schon länger. Es wird also wieder spannend – bleibt nur zu hoffen, dass die UCI mitzieht und nicht, wie jahrelang im Rennradbereich, zum Hemmschuh wird. Ich jedenfalls habe große Lust, den neuen Trend zu testen, zu bewerten und darüber zu diskutieren.

Bitte nicht schon wieder! Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf, als ich von den ersten 32-Zoll-Sichtungen hörte. Nachdem sich nach langem Hin und Her nun überwiegend 29-Zoll-Laufräder in vielen Kategorien und auch in meiner persönlichen Radgarage durchgesetzt haben, war nahezu Ruhe in das MTB-Standardwirrwar mit Laufrädern, Reifen und anderen Parts eingekehrt.
Um jetzt mein Sammelsurium aus persönlichen Lieblingsreifen oder den für mich als Racer so wichtigen Wechsellaufrädern wieder komplett auf einen neuen Standard zu hieven, fehlt mir neben den Nerven auch das Geld. Doch das ist genau, was die Radindustrie jetzt will: Durch neue Innovationen die Kaufimpulse ankurbeln.
Per se funktioniert der Markt so. Nur ob man für sein Hobby in Zeiten von geopolitischen und wirtschaftlichen Krisen drei Zoll Reifengröße am MTB mehr braucht? Fraglich! Dass bei diesen "Riesenrädern" vor allem größer gewachsene Fahrer profitieren sollen, lassen meine 176 cm messende Frohnatur hoffen, dass der große 32-Zoll-Trend an uns vorbeizieht, wie so manch andere, "großartige Innovation".