Klassische E-Bikes sind dir zu lahm? Dann weitergelesen, denn hier wirst du fündig. Die Eidgenossen von Stromer spezialisieren sich auf sogenannte Speed-Pedelecs, also im rechtlichen Sinne Kleinkrafträder. Diese unterstützen dich bis zur Schwelle bei 45 km/h, sind also satte 20 km/h schneller, als "normale" Pedelecs (allgemein als E-Bikes bezeichnet). Das Ganze hat aber seine Tücken (dazu später mehr) und seinen Preis: Mit ab 8000 Euro ist das getestete ST3 kein Schnäppchen – noch günstigere E-Bikes haben wir hier in der Test-Zusammenfassung.

Als BikeX-Redakteur nehme ich quasi wöchentlich neue E-Bikes unter die Lupe: vom stylischen City-Flitzer bis zum SUV auf zwei Rädern. Alle getesteten Räder findest du hier in der Übersicht! Dabei frage ich mich oft nicht nur, wie viel Drehmoment wirklich nötig ist, sondern auch, warum ausgerechnet bei Regen der Bordcomputer wie ein Weihnachtsbaum blinkt. Ich teste mit Neugier, einer Portion Skepsis – und daher meist mit matschigen Schuhen.
In unseren Tests prüfe ich nicht nur Zahlen und Daten, sondern vor allen Dingen, ob ein Bike im Alltag wirklich funktioniert: Wie fährt es sich im Feierabendverkehr, mit Einkaufstasche am Gepäckträger oder auf matschigen Waldwegen? Ich höre aufs Motorgeräusch, spüre, was der Rahmen macht – und freue mich natürlich, wenn mich ein Bike einfach grinsend vom Hof rollen lässt.
Meine Meinung: Gute E-Bikes erkennt man daran, dass man gar nicht mehr darüber nachdenkt, ob man gerade mit oder ohne Unterstützung fährt.
Kurz & knapp: Stromer ST3
- S-Pedelec mit Tretunterstützung bis 45 km/h
- legal im Straßenverkehr zu nutzen, benötigt Versicherungskennzeichen
- AM-Führerschein notwendig, es besteht Helmpflicht
- Syno-Drive-2-Motor, 820 Watt Spitzenleistung, 44 Nm Drehmoment
- entnehmbarer Akku mit 828 Wattstunden, optional 983 Wh
- Vollausstattung: Licht, Gepäckträger, App, Diebstahlsicherung
- Optional: ABS, Federgabel und mehr
- ab 8118 Euro
Nabenmotor mit Riesenakku
Vollgas voraus, und das trotz 44 Newtonmeter-Nabenmotor? Richtig gelesen! Stromer verzichtet beim ST3 auf wahnwitzige Drehmomentangaben wie bei "normalen" E-Bikes, der "Syno Drive II"-Nabenantrieb im Hinterrad wirkt im Papier fast schon mickrig im Vergleich mit Power-Aggregaten wie Bosch CX oder DJI Avinox. Was steckt dahinter? Zum einen das Nabenmotor-Konzept an sich. Viele Mitbewerber im Pedelec-Bereich sind auf dem Papier ähnlich "schwach" nach heutigen Maßstäben, können aber wegen der direkteren Kraftübertragung ans Hinterrad gut mit großen Mittelmotoren mithalten. Zum anderen, weil beim S-Pedelec die Spitzenleistung wegen der höheren Endgeschwindigkeit schlicht wichtiger ist, und hier gibt Stromer satte 820 Watt an. Und – Spoiler! – das merkt man tatsächlich, besonders bei höheren Geschwindigkeiten. Beim Akku wird hingegen nicht gespart: 828 Wattstunden stecken entnehmbar im Unterrohr, geladen wird der 48-Volt-Akku von null auf hundert in unter fünf Stunden. Optional gibt es sogar einen 983-Wh-Akku. Theoretisch soll das für bis zu 180 Kilometer reichen, wir halten 100 je nach Topografie für praxisnäher. Übrigens: Welcher Akku zu dir passt, sagen wir dir hier.
Massiver, aber stylisher Alurahmen
Zusammengehalten wird das Rad von einem futuristisch wirkenden Alurahmen mit Starrgabel. Das passt zum sportiven "Fliegengesicht"-Charakter des S-Pedelecs, für Komfortfreunde ließe sich optional und gegen 1000 Euro Aufpreis eine Federgabel dazukonfigurieren. Ansonsten ist das Stromer auffallend unaufgeregt und aufgeräumt. Keine offenen Kabel, ein formschön integriertes Front- und Tagfahrlicht, unauffällige Spritzschützer, selbst ein minimalistischer Gepäckträger ist mit von der Partie. Als Zentrale fungiert ein Touch-Display, welches ins Oberrohr eingelassen ist. Cool: Die digitale Wegfahrsperre lässt sich per Apple Watch entsperren – einmal verbunden, reicht ein Kommando an Siri und das Rad ist fahrbereit.
Auch die weitere Hardware passt zum Speed-Anspruch. Als Schaltung setzen die Schweizer auf eine Pinion-Gearbox im Tretlager, per Gripshift lassen sich neun Stufen durchschalten. Mit 568 % Bandbreite fährt man selbst deftige Steigungen locker hoch. Dank Riemenantrieb ist der Antriebsstrang zudem quasi wartungsfrei. Schade: Das besonders jetzt im Herbst wirklich sinnvolle ABS-System kostet extra (850 Euro), dafür fallen die verbauten TRP-Stopper ab Werk hochwertig aus und sind mit großen 203-mm-Scheiben dem Gewicht absolut gewachsen. Als Reifen kommen zudem Pirelli-Gummis mit der "Angel"-Bezeichnung zum Einsatz, eine kleine Reminiszenz an die Motorrad-Gummis der Italiener.
Im Alltag gefahren: Stromer ST3
Obwohl das Stromer ST3 eher vollschlank daherkommt, sieht es überraschend elegant aus – vor allem für ein alltagstaugliches Rad. Klar, Rückspiegel und Versicherungskennzeichen gehören dazu, aber die wahre Überraschung kommt mit dem Gewicht: satte 33 Kilo! Der riesige Nabenmotor mit 840 Watt und der 1000-Wh-Akku machen den Unterschied. Und auch die dicken Reifen erinnern eher an ein Leichtkraftrad – was das ST3 nach deutschem Recht auch ist.
Aber: Ich will das Ding ja nicht ständig tragen, und der Akku lässt sich immerhin praktischerweise entnehmen. Auf dem Sattel ändert sich alles. Der Lenker ist genau richtig, nicht zu breit, nicht zu schmal, und der Sattel ist bequem, aber nicht so, dass ich mich wie ein Rentner fühle. Mehr Sattelüberhöhung wäre vielleicht schön, aber hey, das ist Meckern auf hohem Niveau. Die breiten Reifen bieten etwas Komfort, und die großen Bremsscheiben machen das Ganze sehr vertrauenswürdig. Federelemente fehlen, aber wer es braucht, kann optional Federgabel oder gefederte Sattelstütze wählen. Mir hingegen gefällt der puristische Look.
Geschaltet wird über einen Drehschalter, und der Gates-Zahnriemen überträgt die Power ans Hinterrad. Das kleine Display zeigt alles, was man braucht – Akkustand, Fahrgeschwindigkeit und so weiter. Die drei Unterstützungsstufen sind bequem per Daumen steuerbar, und der Schalter für das Fernlicht ist auch da. Leider ist der Hupenknopf schlecht platziert, und bei Handschuhen drücke ich manchmal auch aus Versehen auf den Schalter für die Fahrstufe. Die Hupe selbst klingt eher wie ein Moped, was zu diesem souveränen Bike nicht wirklich passt. Ach ja, und die Gangwahl könnte auch etwas präziser sein, aber das ist Gewöhnungssache.
Der Motor hingegen macht mächtig Spaß! Der Antritt ist fast geräuschlos, und je nach Fahrstufe schiebt er mit der Kraft einer Elektrolok oder gibt ordentlich Gas. Dass der Vortrieb bei 46 km/h endet, macht die Fahrt richtig zügig. Auf meiner Pendelstrecke von 32 km und 500 Höhenmetern brauche ich nur eine Stunde – mit allen Ampeln. Im Vergleich zum Gravelbike bin ich da fast doppelt so schnell.
Klar, das ST3 ist kein Kurvenräuber. Es fährt sich eher entspannt, mag eher weite Kurven. Enge Kurven und ständige Richtungswechsel mag es weniger. Aber auf breiten, gut asphaltierten Straßen ist es ein wahres Genussrad. Der ungefederten Rahmen kann einem auf holprigen Wegen allerdings schon ordentlich auf die Handgelenke gehen. Dafür machen die breiten Reifen das Gröbste wett, und das schwere Hinterrad bleibt zum Glück ohne Durchschläge.
Der Akku reicht für meine Pendelstrecke von rund 65 km, danach ist der Akku unter 20 %. Bei niedrigeren Temperaturen oder gemäßigter Fahrt geht natürlich mehr. Das Touch-Display im Oberrohr braucht etwas Druck, aber man bekommt alle nötigen Infos – inklusive des PIN-Codes für die Wegfahrsperre. Die App ist praktisch für Feintuning, und die eingebaute SIM-Karte macht das Diebstahlmanagement easy.
Ein Highlight ist die Lichtanlage, vor allem der Frontscheinwerfer, der sehr ordentlich ausleuchtet. Auf komplett dunklen, unbeleuchteten Wegen kommt die Reichweite des Lichts an ihre Grenzen. Wer gerne und oft (sehr) schnell unterwegs ist, sollte sich über das optionale ABS aber Gedanken machen.
Test-Fazit: Stromer ST3

Ein S-Pedelec wie das ST3 wäre für mich als Pendler eine echte Alternative zur Bahn. Damit bin ich schnell und sauber unterwegs, zeitlich komplett flexibel. Was mich stört, ist der Sonderstatus, den ich als S-Pedelec-Fahrer einnehme. Und damit meine ich nicht die Kennzeichen-, Rückspiegel- oder Helmpflicht – das alles ergibt absolut Sinn. Schwierig finde ich das „Sitzen zwischen den Stühlen“. Was wie ein Fahrrad aussieht und sich auch so anfühlt, ist rechtlich ein Leichtkraftrad. Heißt: Rad- und Wirtschaftswege sind damit tabu! Fährt man stattdessen auf der Straße, wird man nicht selten weggehupt und von Autofahrern als rollendes Hindernis betrachtet – mit Verweis auf den neben der Straße verlaufenden Radweg. Besonders ärgerlich, da ich genau diese Rad- oder Wirtschaftswege viel lieber nutzen würde. Das zweite Problem: Andere Verkehrsteilnehmer rechnen nicht mit den hohen Geschwindigkeiten, die S-Pedelecs erreichen – weder Auto- noch Radfahrer, genauso wenig Fußgänger. Deshalb kann es schneller zu brenzligen Situationen kommen, wenn man nicht permanent für andere mitdenkt.
👍 Das gefällt
- erstaunlich kräftiger Nabenmotor
- je nach Fahrweise erstaunliche Reichweite möglich
- voll alltagstauglich ausgestattet
- quasi wartungsfreier Riemenantrieb
👎 Das weniger
- eher knackig-sportlich, kein Komfortwunder
- nur ein einziger Trinkflaschenhalter
- ABS nur gegen Aufpreis
- teuer
💗 Das perfekte Rad für ...
- Pendler mit Zeitdruck und/oder Faible für Speed





