Voll-Carbon-Rahmen, minimalistische, aber edle Ausstattung, kleiner Motor, mittlerer Akku – das Specialized Turbo Vado SL soll mit seinen ab 14,9 Kilo (Top-Modell) City-Radler höher schlagen lassen. Wir haben uns die "EQ"-Variante mit alltagstauglicher Vollausstattung ganz genau angesehen – für stattliche 6500 Euro erwarten wir Höchstleistungen. Wem das zu viel ist: Das Turbo Vado SL gibt's auch für weniger Asche, das Einstiegs-Modell mit Alu-Rahmen startet bei 4250 Euro, noch günstigere E-Bikes haben wir hier in der Test-Zusammenfassung.
Leicht, schön, schnell?
Als Herzstück würden wir dieses Mal nicht den Motor nennen, sondern den Voll-Carbon-Rahmen des Specialized-E-Bikes, in der City-Klasse gar nicht so oft anzutreffen, wie man vielleicht annehmen würde. "Satin Sky Red" nennen die Kalifornier den edlen Tropfen, mit dem sie den Rahmen benetzt haben – makellos, so wie man es bei dem Preis erwarten würde. Im Tretlager steckt vergleichsweise unauffällig der Mittelmotor-Antrieb. Dieser ist firmwareseitig von Specialized abgestimmt, die Technik stammt hingegen von Brose. Zum Light-Charakter passt dabei die Leistungsangabe: 50 Nm Drehmoment sind voll im Soll, maximal 320 Watt Spitzenleistung sind aber nach heutigem Stand auch für kleine Motörchen etwas wenig. Fluch und Segen ist hingegen der festverbaute Akku, den bekommt man nur bei raus, wenn man auch den Motor aus dem Unterrohr ausbaut. Eine echte Option ist das also nicht. Ansonsten ist die Peripherie auf dem Stand der Zeit: ein schönes, quadratisches und buntes Display thront auf dem Vorbau, eine kleine Fernbedienung links steuert den Motor. Und leicht ist das Rad auch noch: 18,8 Kilo sind – auch in Anbetracht des gar nicht mal so kleinen Akkus! – ein sehr guter Wert.
Sinnvoll-pfiffige Ausstattung
Keine Frage: Günstige Shimano-Schaltungen sind prima Dauerläufer. Doch für die aufgerufenen 6500 Euro gibt's natürlich wertigeres. Die US-Marke verbaut bei unserem Turbo Vado SL ein XT-Schaltwerk samt Armatur, Kette und Kassette sind von der etwas günstigeren SLX-Baugruppe. Den Unterschied zur Deore merkt man auch als unbedarfter schnell: Besonders der "Trigger" liegt besser am Daumen, die Schaltvorgänge sind einen Hauch schneller, knackiger, gefühlt noch präziser. Und besser sieht sie halt auch aus – und das macht bei so viel Zaster dann doch einen gefühlten Unterschied. Und dann haben wir noch gar nicht von der Bandbreite von 10 bis 51 Zähnen – also 510 % – gesprochen, die auch steilste Klippen fahrbar machen. Jetzt hätten wir uns noch über eine XT-Bremse gefreut, stattdessen gibt's eine gut zugreifende TRP-Bremse mit 180/160er-Bremsscheiben. Schwerere Piloten sollten aber hinten über eine größere Scheibe nachdenken. Die weiteren Anbauteile aus Spritzschützern, Front- und Rücklicht, Seitenständer und Gepäckträger sind wertige, nahtlos integrierte Bauteile und passen zur allgemein hohen Qualitätsanmutung. Das gilt übrigens auch für die Federgabel. Wie? Federgabel? Ja! Die Carbon-Gabel hat im Lenkkopf eine kleine Feder verbaut, die zumindest ganz grobe Unebenheiten wegbügeln soll. Drei verschiedene sind im Lieferumfang enthalten und lassen sich recht easy austauschen. Ob das was bringt?
Im Alltag gefahren: Specialized Turbo Vado SL 2 6.0 EQ Carbon
Irgendwas zwischen Fitness-Bike und zahmen Rennrad, so würden wir das Turbo Vado nach dem Aufsitzen beschreiben. Man sitzt nicht wirklich superhoch oder gestreckt, aber eben nicht klassisch-touristisch aufrecht. Wir finden es gefällig, zumal der Rahmen im Profil so pfeilschnell aussieht, wie es auch in der Ebene beschleunigt. Den Spezi-Motor hört man im Alltag quasi gar nicht, zudem unterstützt er so unmerklich, dass man sich manchmal fast wundert, ob er überhaupt an ist. Das geht am Berg dann zulasten der Sprintleistungen, ein kräftiger Wegbegleiter ist die Brose-Specialized-Kooperation eben nicht – was die Fahrwertung klar in Richtung Fitness verschiebt. Und sonst? Ist das Specialized wohltuend einfach zu fahren. Die Reifen aus der eigenen Entwicklung sind griffige Alltagspneus und machen auch leichte Forstwege prima mit, die TRP-Bremse stoppt vorzüglich und ist auffallend temperaturfest. Auch die kleine Federung in der Front tut ihr Übriges und bringt tatsächlich merklich Komfort auf Pendelfahrten in die Front. Auch in der Fahrdynamik-Wertung gibt es nur Bestnoten: Dank des geringen Gewichts und guten Schwerpunkts zirkelt es prima durch die Stadt, ohne dabei den Geradeauslauf bei Top-Speed zu vernachlässigen. Eine rundherum sehr gute Vorstellung also – bis auf eine größere hintere Bremsscheibe würden wir am Turbo Vado SL nichts ändern.
Test-Fazit: Specialized Turbo Vado SL 2 6.0 EQ Carbon
Hach, schwelg, seufz: Das Turbo Vado SL 2 fuhr uns alleine wegen der superedlen Lackierung direkt ins Herz. Aber wie bei jeder Liebe gibt es eben eine harsche Realität: 6500 Euro sind auch für ein größtenteils edel ausgestattetes City-E-Bike mit wunderschönem Carbon-Rahmen echt ein Wort. Dennoch: Wer ein entsprechend prall gefülltes Portemonnaie hat und auf der Suche nach einem ebenso toll aussehenden, fahrenden und eben preislich exklusiven City-Stromer ist, sollte unbedingt es Probe fahren.
👍 Das gefällt
- schön gemachter Carbon-Rahmen
- vergleichsweise leicht ...
- ... daher auch gute Reichweite aus "nur" 520 Wattstunden Akku
- dem Preis entsprechend hochwertig ausgestattet
- gute Zuladung
👎 Das weniger
- ausgesprochen teuer
- Motorünterstützung für Powerverwöhnte ggf. zu mau
💗 Das perfekte Rad für ...
- City-E-Biker mit dem Hang zu exklusiven Gadgets