Test: Light E-Mountainbike Fantic Rampage

Fantic Rampage im Test
Ganz nah am Fahrrad

Zuletzt aktualisiert am 17.01.2024

Was für ein gewaltiger technologischer Sprung das neue E-MTB Fantic Rampage im Vergleich zu den ersten E-MTBs darstellt: Waren in den Pionierzeiten bleischwere Hecknabenantriebe und am Rahmen aufgesetzte Akkupakete Standard, ist das neue Rampage sogar technisch ausgereifter und leichter als ein normales Fully aus der damaligen Zeit, trotz Antrieb!

Rampage – die E-MTB-Eigenentwicklung des Motorradherstellers Fantic

Viele Motorradhersteller sind auf den E-Bike-Zug aufgesprungen und bieten Pedelecs mit deren Label an. Als einer der wenigen darunter entwickelt und produziert der italienische Motorradspezialist Fantic seine Bikes komplett selbst. Unsere Frage, ob die Fantic E-Bike-Rahmen fix und fertig aus Fernost importiert werden, beantwortet ein Blick in die heiligen Hallen unweit Venedig: Die eigene Entwicklungsabteilung um R&D Manager Enrico Fidelfatti umfasst die Entstehung vom Reisbrett über die Testwerkstatt bis zur Produktion. Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Im eigenen Testlabor prüft Fantic regelmäßig die Entwicklungen selbst.

Das vollgefederte Rampage mit dem neuen TQ-Systems-Mittelmotor bringt in der Top-Variante gerade mal knapp 16 kg auf die Waage – ein Spitzenwert für ein vollgefedertes E-MTB. Der Rahmen, der Hinterbau und die Umlenkung zur Schwinge (Rocker) des Rampage sind komplett aus Carbon. Auf ein Mullet-Konzept hat Fantic verzichtet, 29"-Mavic-Laufräder drehen sich in der Gabel und im Hinterbau.

Ausgelegt ist das Rampage entweder mit 120 bzw. 100 mm Federweg vorne und hinten wie im Testrad 1.2 Factory oder mit 140/120 mm Federweg der 1.4er-Modellreihe. Für adäquate Dämpfung sorgen die RockShox SID Ultimate Gabel und der RockShox SID Luxe Dämpfer beim getesteten Topmodell. Dank des im Ausfallende integrierten Flipchips kann die Position des Hinterrades variiert und auf die eigenen Bedürfnisse eingestellt werden: entweder mit kürzerem Radstand für mehr Agilität oder mit einem rund 10 mm längeren Radstand für ruhigeren Geradeauslauf, wer's gerne schnell mag.

Aus der eigenen Entwicklung stammt ebenso die leichte Carbon-Lenker-Vorbau-Einheit mit dem 780 mm breiten Cockpit. Geschaltet wird natürlich auch elektrisch: Srams 12fach-Schaltwerk XX SL Eagle Transmission lässt die Kette vom 10er Ritzel aufs 52er klettern und wieder zurück.

Der neue TQ-Systems HRP50 Mittelmotor leitet eine neue Ära ein

Hatte vor rund 10 Jahren der Münchener Hersteller Fazua die Kategorie der leichten E-Bikes erfolgreich initiiert, setzt TQ-Systems mit seinem leichten Mittelmotor HRP50 diese Entwicklung fort und legt die Messlatte höher. Der mehr als kompakte Mittelmotor ist auf den ersten Blick gar nicht zu erkennen, so klein fällt die Drive Unit aus. Selbst die Kollegen fragten erst mal nach, ob das Rampage tatsächlich ein E-MTB sei. Die Energie für den Motor spendiert der integrierte 360 Wh Akku. Im Grunde sind in Zeiten von 750 Wh-Akku-Containern 360 Wh erklecklich wenig und dennoch im Rampage passend platziert. Denn hier steht nicht die Quantität der absoluten Energie für den Support im Vordergrund, sondern die Qualität bei der Unterstützung. Und die hat es in sich.

Und was kann TQs HRP-50 Drive Unit?

Zunächst muss man schon genau hinhören, dass man akustisch überhaupt Notiz vom aktivierten TQ-Antrieb nimmt. Im Gelände wird das Arbeitsgeräusch von den Reifen und dem Fahrtwind überlagert. Feinfühlig und nicht brachial setzt die Drive Unit beim Beschleunigen ein, das Umschalten der Unterstützungsstufen mit dem Taster am linken Lenker funktioniert spielend. Am ersten flachen Hügel schaltet unser Tester die Unterstützung zunächst aus. Der leichte Anstieg über den Feldweg lässt sich noch ohne Schnappatmung im Sitzen mit eigener Muskelkraft erklimmen. Ein "normales" E-MTB mit einem Mittelmotor der üblichen Verdächtigen lässt sich erfahrungsgemäß nicht so derart souverän moderate Steigungen hinauf treten. Eher fühlt es sich an wie das Pedalieren mit einem normalen Mountainbike.

Im kleinsten Modus I ist die Unterstützung moderat, aber so intensiv, um völlig entspannt die moderaten Steigungen der Testrunde hinaufzufahren. Bravo! Um die Fahrtabschnitte zu kontrollieren und einen Vergleich zwischen Unterstützung und eigener Tretleistung zu erhalten, eignet sich der Screen, der Antriebs- und Fahrleistung gleichzeitig anzeigt, ideal.

Nun wird's steiler und unser Tester tritt mit voller Wucht in Stufe III in die Pedale: Die Antriebsleistung pendelt sich kurz oberhalb von 300 W ein, die Tretleistung liegt (naja, für ca. eine Minute oder so) deutlich darüber. Das leichte Rampage klettern echt flott die Rampe hoch und in den engen Kurven oder wurzeligen und unruhigen Abschnitten zahlt sich das schlanke Gewicht mit leichtem Handling richtig gut aus. Das Rockshox-Fahrwerk unterstützt und reagiert wie erwartet sensibel. Auch bergab "schiebt" das E-MTB nicht wie E-MTB-mäßig durch Kurven oder über Absätze hinab gewohnt, sondern begeistert mit ganz, ganz nah am Fahrrad erlebter Fahrdynamik.

Hervorzuheben ist die sehr leise und auch harmonische Unterstützung des TQ HRP-50, die man ja nach Unterstützungslevel mehr oder weniger tatsächlich wahrnimmt; es wird dennoch deutlich, dass dieser moderne Antrieb durch seine

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Reichen die 360 Wh beim Rampage?

Man kann in Bezug auf die Reichweite auch fürs Rampage keine konkreten Aussagen treffen. Da gilt das gleiche wie für jedes E-Bike, die Einflussfaktoren wie Systemgewicht, Reifenrollwiderstand, Luftwiderstand etc. gelten auch hier. Und natürlich ist die unterstützte Reichweite auch von der Intensität und Quantität der Nutzung abhängig.

Vom Charakter her ist das Rampage als Light E-MTB mehr Fahrrad, weniger E-Bike. Und so mag es auch gefahren werden: Die Unterstützung kommt nur dann zu Einsatz, wenn’s bgvsesteil oder zu lang wird, sozusagen als richtige Reserve. Das setzt vom Biker auch eine gewisse Mindestfitness und entsprechende MTB-Skills voraus. Dies vorausgesetzt, entwickelt das Rampage für seinen Fahrer einen richtig tollen Mehrwert.

Als Vergleich: Beim Test hatte unser Tester mit seinen rund 70 kg Körpergewicht und der restlichen Sommerfitness nach rund drei Stunden im hügeligen Gelände immer noch ca. 60 % Akkukapazität im Tank. Kurbelte er doch überwiegend ohne Antrieb oder im Ier Modus. Die energieintensiveren Modi setzt er nur punktuell ein. Beim kräftigeren Test-Mitstreiter sah es da schon anders aus, da war fast nix mehr übrig.

Wem 360 Wh grundsätzlich zu wenig sind, der kann optional einen Range Extender mit zusätzlichen 160 Wh im Flaschenhalter mitnehmen.

Fazit

Mehr Mountainbike als E-Mountainbike; die Fahreigenschaften des Fantic Rampage 1.2 Factory eröffnen eine neue Dimension des E-Mountainbikings. Die Kombination Fantic-Carbon-Fahrwerk und TQ-Antrieb ist mehr als gelungen und fordert gerade diejenigen, die bisher lieber ohne E unterwegs waren, zu mehr Spaß und längeren Rides.

Ergebnis

Punkte: 744 // Note: gut*

* Ein technischer Fehler führte zu einer falschen Berechnung. Bepunktung und Benotung haben wir nun korrigiert. An der textlichen Beurteilung ändert sich nichts.

👍 Das gefällt

  • geringes Gewicht
  • hervorragende Agilität
  • Kletterstark
  • Fahrdynamik wie ein Fahrrad

👎 Das weniger

  • Preis
  • Bereifung dürfte etwas grobstolliger sein

💗 Das perfekte Rad für...

  • ... sportlich orientierte Biker, die sich selbst gerne fordern und Unterstützung nur punktuell beanspruchen.

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