Wer träumt nicht davon, mit einem eigentlich voll auf Downhill gepolten Bike problemlos jeden Berg zu erklimmen? Ganz ohne Shuttle und Lift? Mit den beiden Bikes dieses Duells ist das kein frommer Freerider-Wunsch mehr. Dank des mit 85 Nm Drehmoment versehenen Bosch-Aggregats und eines properen 625-Wattstunden-Akkus im Unterrohr sind, je nach Körpergewicht, rund 1500 Höhenmeter möglich. Und bergab? Brennt der Berg lichterloh!
Ganz neu im Segment ist das Ransom E-Ride von Scott, das mit ebenso taufrischer, massiver Fox-38-Gabel und dickem Luftdämpfer (Fox Float X2) reichhaltige 180 mm Hub bereitstellt. Das Focus Sam² ist vom Namen her ein alter Bekannter. War der Vorgänger jedoch mit Shimano-Motor und einem einst einzigartigen Akku-Konzept – mit fest verbautem 375-Wh-Akku sowie Zusatzakku mit nochmals 375 Wattstunden – versehen, kommt es jetzt auch mit Bosch-Motor und -Akku. Apropos: Die Batterien beider Alu-Boliden sind entnehmbar und via Schloss gesichert. Alltagsfreundlich sind auch die Aufnahmen für die Seitenständer-Montage – willkommen im SUV-Zeitalter.

Zurück zu für uns wichtigeren Themen. In Sachen Federweg werkeln am Sam² 170 Millimeter, angeführt ebenfalls von einer Fox-38-Gabel – aber in edler "Factory"-Ausführung. Zudem verbaut Focus am Heck einen Stahlfederdämpfer, was den Downhill-Charakter unterstreicht. Generell fällt auf, dass Focus für weniger Geld – das Sam² ist 500 Euro günstiger – wertigere Ausstattung bietet. Am Ransom ist beispielsweise nur ein günstiger Sram-NX-Schalthebel verbaut, während am Focus eine solide XT/SLX-Kombi von Shimano arbeitet. Auch bietet das Focus mehr Features wie die Integration der Züge in den Vorbau sowie eine justierbare Kettenstrebenlänge.
Geometrieseitig zeigt sich das Scott lang und flach. Üppige 463-mm-Kettenstreben und ein sehr flacher 64°-Lenkwinkel versprechen Laufruhe. Anders am Sam²: Hier steht der Lenkwinkel mit 65° moderater, das Heck ist nur 450 mm lang – das steht beides für mehr Agilität. Die Focus-Kettenstrebenlänge lässt sich sogar noch per Flip-Chip auf 430 mm kürzen – dann muss allerdings ein 27,5"-Hinterrad verbaut werden. Generell ist das Sam² so konstruiert, dass man es wahlweise als 27,5"-, 29"- oder Mixed-Bike fahren kann. Wir fuhren es aber lediglich im 29"-Setup.

Da E-Bikes auch abseits der reinen Motorleistung bergauf Spaß machen sollen, ist die Sitzposition alles andere als unwichtig. Steile Sitzwinkel helfen, den Fahrer im Bike zu zentrieren. Das Ransom kommt mit 77°-, das Focus mit 76°-Sitzwinkel.
Last, but not least: Das Gewicht ist ein entscheidender Faktor für die Fahrdynamik. Stolze 1600 Gramm trennen die beiden Bikes. Das Focus hat mit 26,1 Kilo eindeutig ein paar Pfunde zu viel auf den Alu-Rippen, hier ist das Scott mit immer noch recht üppigen 24,5 Kilo im Vorteil.
Unter dem Strich gewinnt das leichtere, damit auch agilere Scott das Duell hauchdünn, es erweist sich als echtes Multitool von Tour bis Freeride. Das massige Focus hingegen begeistert alle, die im Downhill maximale Laufruhe suchen.
Scott Ransom E-Ride 910

perfekt ausgewogenes Handling
potentes 180-mm-Fahrwerk
(relativ!) geringes Gewicht
teils weniger wertige Parts
Auf den ersten Blick ist das neue Ransom nicht perfekt. Teils billige Komponenten wie der etwas undefiniert schaltende Sram-NX-Hebel stoßen bei einem Preis von 7000 Euro sauer auf. Dass die Federelemente nur aus der "Performance-Elite"-Klasse von Fox stammen, stört hingegen weniger. Abgesehen von der fehlenden goldenen "Kashima"-Beschichtung sind sie den Parts am Focus ebenbürtig.
Blickt man auf die Geometrie, erinnert das 460 mm lange Heck an sperrige E-Bikes aus der Vergangenheit. Und dennoch schafft es Scott, dem Ransom ein dermaßen geniales Handling einzuimpfen, dass jegliche Kritik im ersten Anlieger verpufft. Natürlich wedelt das 24,5 Kilo schwere Ransom nicht so flott ums Eck wie ein halb so schweres "Bio"-Trailbike, es zeigt sich aber perfekt ausbalanciert, das lange Heck fällt nie negativ auf. Hinzu kommt hohe Laufruhe im Groben, die von einem äußerst gelungenen 180-mm-Fahrwerk flankiert wird – heckwärts nicht ganz so sensibel wie am Focus, aber prima abgestimmt. Dank gutem "Popp" eignen sich zudem Wurzeln oder Kanten zum Absprung. Auch die Sitzposition ist so gelungen, dass man sich auf Anhieb pudelwohl fühlt und trotz des massigen Federwegs problemlos steilste Uphills hinaufpflügt. Auch dank des starken, sehr dynamisch abgestimmten Bosch-Motors.
Preis | 6999 €/Fachhandel |
Gewicht (komplett ohne Pedale) | 24,5 kg |
Rahmenmaterial | Aluminium |
Rahmengrößen | S, M, L, XL |
Motor | Bosch Performance Line CX |
Akku | Bosch Powertube, 625 Wh |
Display | Bosch Purion |
Federweg | Gabel 180 mm, Rahmen 180 mm |
Schaltung | 1 x 12 Gänge, 34 : 10–52 Zähne, Sram-X01/GX/NX-Schaltung |
Bremsen | Shimano XT (M8120) 203/203 mm |
Federgabel | Fox 38 Float Performance Elite Grip2 |
Federbein | Fox Float X2 Performance Elite |
Laufräder | Formula/Syncros X-30S |
Reifen | Maxxis Assegai/Dissector Exo+ TR 3C Maxx Terra 29 x 2,6" |
Vario-Stütze | Fox Transfer (175 mm) |

Focus Sam² 6.9

sehr sensibles Fahrwerk
tolle Ausstattung
clevere Details
sehr hohes Gewicht
Mit dem Sam² war Focus seiner Zeit voraus, denn der einst Shimano-befeuerte Bolide kam mit 375-Wh-Akku aus, um Gewicht zu sparen. Mehr Reichweite gab es nur via Zusatzbatterie. Ein Ansatz, den jetzt Hersteller wie Rotwild oder Orbea (S. 72) weiter verfolgen – wenngleich mit gedrosselter Motor-Power. Und Focus? Macht die Rolle rückwärts. Das neue Sam² ist alles andere als leicht. Dafür steckt ein 625-Wh-Akku im Unterrohr, und für den Schub sorgt Bosch. Dazu gibt es einen detailreichen Aufbau. So verschwinden Züge und Leitungen aufgeräumt im Vorbau, und der Flip-Chip in der hinteren Achsaufnahme erlaubt die Anpassung der Kettenstrebenlänge.
Im Vergleich zum Scott fällt das Mehrgewicht von 1,6 Kilo sofort auf. Das Sam² wirkt wuchtig, zudem fühlt sich der Schwerpunkt hoch an. Mit über 26 Kilo Gewicht klebt das Rad förmlich am Boden, braucht in Kurven Nachdruck. Lässt man es laufen, gibt das Sam² den Potenzprotz. Vor allem bei dicken Sprüngen und Drops fühlt es sich wohl, ist fehlerverzeihend. Dabei spricht das Stahlfederbein im Heck sagenhaft feinfühlig an, auch die Gabel performt top. Dass im Vergleich zum Scott 10 mm weniger Federweg zur Verfügung stehen, fällt nie auf. Im Gegenteil: Das Bike donnert über jeden noch so großen Hinkelstein hinweg. Und dank top Sitzposition, brachialer Traktion und starkem Motor macht das Schwergewicht auch bergauf durchaus Spaß.
Preis | 6499 €/Fachhandel |
Gewicht (komplett ohne Pedale) | 26,1 kg |
Rahmenmaterial | Aluminium |
Rahmengrößen | S, M, L, XL |
Motor | Bosch Performance Line CX |
Akku | Bosch Powertube, 625 Wh |
Display | Bosch Purion |
Federweg | Gabel 170 mm, Rahmen 170 mm |
Schaltung | 1 x 12 Gänge, 34 : 10–51 Zähne, Shimano-XT/SLX-Schaltung |
Bremsen | Shimano XT (M8120) 203/203 mm |
Federgabel | Fox 38 Float Factory Grip2 |
Federbein | Fox Van Performance Coil |
Laufräder | Novatec/Race Face AR30 |
Reifen | Schwalbe Magic Mary Super Trail/ Super Gravity Soft 29 x 2,6" |
Vario-Stütze | Fox Transfer Factory (175 mm) |
