Tradition verpflichtet und trübt aber auch mitunter den Blick für die Moderne. Nicht so beim alteingesessenen Fahrrad- und Pedelec-Hersteller Gudereit in Bielefeld. Mit dem neuen City E-Bike Gudereit EC-8.5 Evo setzen die Westfalen neue Akzente: Mit einem vollgefederten Rahmen, einem Gates Antriebsstrang und Shimanos kompakter 5-Gang-Nabenschaltung eröffnet Gudereit ein Spektrum, das bisher so kein anderer besetzte. Maximaler Komfort bedeutet beim EC-8.5 Evo Fahrkomfort wird durch Wartungsarmut und entschleunigtes Schalten ergänzt. Setzt das neue EC-8.5 Evo tatsächlich Maßstäbe?
Rahmen mit gefedertem Hinterbau
Im Trekkingrad-Bereich haben die Radhersteller die Komfortabilität des gefederten Hinterbaus aus dem Mountainbike-Bereich schon seit einiger Zeit entdeckt. Aber warum nicht auch für ein Stadtrad? Konsequent kombiniert Gudereit im neuen EC-8.5 Evo zur maximal 140 mm dämpfenden Federgabel
einen gefederten viergelenkten Hinterbau und versucht auf diesem Wege die straßen- und wegetypischen Unwägbarkeiten so mancher Metropole abzufedern; im wahrsten Sinne des Wortes. Der Rahmen ist bei Gudereit sowohl als Diamantrahmen und auch – wie unser Testrad – als durchstiegsleichter Tiefeinsteigerrahmen verfügbar.Mit den 27,5 Zoll Laufrädern geht Gudereit einen gelungenen Kompromiss zwischen Agilität und souveränem Geradeauslauf ein. Auf richtig ruppigem Untergrund haben die 2,4" breiten Super Moto X Schwalbe-Pneus ihre Chance und bieten mit passendem Luftdruck richtig guten Grip.
Doch nicht nur auf das komfortable Fahrwerk wurde Wert gelegt, auch die Gepäcksituation haben die PMs beachtet: wird der Gepäckträger – wie am starren Rahmen üblich – nur am Hinterbau montiert, rüttelt sich das Gepäck schon auf den ersten Metern zurecht. Folgerichtig fixiert Gudereit den Gepäckträger mit vier kräftigen Schrauben am Sitzrohr und versteift diesen mit einem zusätzlichen sechsfach verschraubten Gestänge. Seitlich lassen sich am Untergestell rechts und links sehr gut Packtaschen anbringen. Mit der Ladekapazität von max. 25 kg entspricht die Kapazität dem üblichen Standard. Durch die konstruktionsbedingt verhältnismäßig hohen Montagepunkte der Taschen wird das EC 8.5 etwas kopflastig, das muss beim Handling des beladenen Rades beachtet werden. Demgemäß muss bei entsprechender Ladung auch die Dämpfung des Hinterbaus angepasst werden.
Außergewöhnliche Kombi: Bosch Performance Line CX mit Nexus 5E und Gates
Über den kräftigsten der Bosch-Antriebe im neuen smarten System ist schon viel geschrieben worden, deshalb hier die Basics in aller Kürze: 85 Nm maximaler Drehmoment bei 340 % maximaler Unterstützung (zusätzlich zur eigenen Tretleistung), maximale Motorleistung 600 %, gesteuert wird das System mit der LED-Remote am linken Lenker, das neue abnehmbare Intuvia 100 Display ist schön übersichtlich, klar und schnell erfassbar. Energie spendet der 625er-Akku, der im Rahmen untergebracht ist.
Als Antriebsstrang findet ein langer Gates-Carbonriemen Verwendung, der mittels eines Spanners am Tretlager beim Ein- und Ausfedern stets auf der idealen Vorspannung gehalten wird. Dieser überträgt Motor- und Tretleistung auf Shimanos Inter 5E Nabenschaltung, die mit einem Übersetzungsumfang von 263 % vom kürzesten bis zum längsten Gang eine für den urbanen Verkehrsraum gute Entfaltung anbietet. Die Übersetzung von 50 Zähnen vorn an der großen Riemenscheibe und 32 hinten am Ritzel fällt – rein rechnerisch – recht stramm aus. Die Entfaltung im leichtesten Gang beträgt 3,50 m pro Kurbelumdrehung. Für entspanntes Anfahren reicht das gut aus, mit oder ach ohne Unterstützung. Am Berg zeigte sich beim Test, dass an Steilstücken der erste Gang mit Boschs Auto- oder Turbomodus plus eigener Tretkraft das Gudereit recht geschmeidig über die Kuppe gleitet. In den darunter liegenden Unterstützungsstufen wird's an selber Stelle etwas zäh beim Treten.
Fahreigenschaften: Komfortabel und agil
Unterwegs im innerstädtischen Getümmel zeigte sich, dass sich die häufigsten verwendeten Gänge der Nexus bald bei den Gängen zwei und drei einpendelte. Im zweiten Gang legt man 4,50 m zurück und kommt so in einen flotten Tretrhythmus. Gang drei liefert schon 5,70 m pro Pedalumdrehung. Wer gerne gemütlich tritt, fährt dann locker mit einer 70 bis 78er Kadenz immer noch im Unterstützungsmodus unterhalb der 26,8er-Schwelle, bevor sich der Bosch ins freie Fahren verabschiedet. Die Mechanik der Drehgriffschaltung funktioniert bei exakter Einstellung sehr gut und man kann – eine kurze Tretunterbrechung einkalkuliert – sehr zügig schalten. Das schafft man mit etwas Routine locker am Berg.
Für Ausfahrten ins Flache lohnt der Tritt hinter die Kulissen, sprich den Unterstützungsmodus auch mal auszuschalten. Das gelingt in der Ebene überraschend leicht, an Steigungen benötigt das 31 kg City-SUV im Off-Modus solide Beinarbeit.
Spannend für uns stellte sich auch die Frage, inwieweit die Federung des Gudereit das Fahrverhalten beeinflusst. Bei aufs Körpergewicht individualisierter Dämpfung fährt sich das EC-8.5 Evo tatsächlich saubequem und man kann sich nach den ersten Kilometern nicht mehr vorstellen, auf ein Rad mit starrem Rahmen zurückzuwechseln. Das innerstädtische Kopfsteinpflaster ließ sich nur noch als ganz leichtes Ruckeln wahrnehmen, sonstige Kanten oder Treppenabsätze kann man plump herunterfahren. Die Federung samt der breiten Pneus schlucken den Aufprall locker weg. Die extrabreiten Felgen sind für solche Tortouren ausgelegt. Geschwindigkeiten im Rausch der Abfahrt erfordern eine stabile Lenkerführung.
Oft haben derart konzipierte Bikes die Agilität eines Zuges: Perfekt geradeaus, enge Kurven lassen sich nur entschleunigt meistern. Das EC 8.5 trotzt mit mehr als komfortablen Geradeauslaufeigenschaften diesem Stigma mit überraschender Agilität und flitzt munter um die Ecken und Kanten im Stadtdschungel herum. Auch die kommende 180°-Wende am Radweg in die abzweigende fast gegenläufige Richtung meistert das Gudereit klaglos, ohne dass man hier akrobatische Körperdrehungen anwenden muss.
Lohnt sich Vollfederung des Gudereit EC-8.5 Evo in der Stadt?
Bei einem Preis von 4699 Euro darf man schon die Frage stellen, ob das Gudereit auch den Erwartungen gerecht wird. Das Konzept und die darauf basierende Ausstattung sind mehr als grundsolide und ihr Geld wert. Das Rad in der vollgefederten Variante mit dem Wave-Rahmen hat seine Pfündchen, ist für diejenigen lohnend, die sich ein extra-komfortables Rad mit wenig Wartungsaufwand wünschen. Der getestete Tiefeinsteiger spricht als auch Radfans an, die sich mit dem Schwingen des Beins über den Rahmen schwertun und auf ruppigen Straßen Entlastung für die Wirbelsäule brauchen.
Fazit
Das Gudereit EC 8.5 Evo zeigt sich mit der üppigen Ausstattung zwar als kräftiges, dennoch agiles City E-Bike Konzept mit maximalem Komfort und simplem Hinterradnabengetriebe für Schaltmuffel. Neben Radfahren pur im urbanen Gürtel sehen wir das City-SUV ebenso gut für Tagesausflüge ins Grüne geeignet.
Ergebnis
Punkte: 718 // Note: gut
👍 Das gefällt
- unkompliziertes City E-Bike mit maximaler Komfortabilität
- Dämpfungskomfort und Wendigkeit
- gute Bereifung für Asphalt und Feldwege
- kräftiger Antrieb
👎 Das weniger
- Gewicht: Dies hemmt die Handhabung gerade in der Stadt
💗 Das perfekte Rad für …
- ... Alltagspedaleure mit hohem Komfortanspruch sowie für Ausflügler ins Umland
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