2013 nahm der Fahrrad- und E-Bikehersteller Poison aus dem pfälzischen Nickenich bei Koblenz seine Produktion auf. Ende 2020 krempelte Thomas Wiesel und Gattin Jessica Lilly alles auf links und starteten neu durch. Das Poison Arsen ist ein komfortorientiertes Trekking E-Bike mit einem außergewöhnlichen Antriebskonzept.
Neodrives Z20: die Kraft aus dem Hinterrad
Hecknabenantriebe als Getriebemotoren sind vor allem in E-Gravelbikes oder E-Urbanbikes recht häufig anzutreffen. Der getriebelose Hecknabenmotor Alber Neodrives Z20 wird leider selten verbaut. Zu Unrecht, denn der Hecktriebler kann gegenüber einem Mittelmotor mit einigen Vorzügen aufwarten. Wer einmal damit gefahren ist, vergisst es nicht mehr: die außergewöhnliche Laufkultur des Neodrives, der völlig leise unterstützt. Wer jetzt denkt "na ja, da kommt halt auch nix", irrt: mit seinen 40 Nm direkt am Hinterrad agiert der Hecktriebler äußerst kräftig und außerordentlich harmonisch. Vibrationen kennt der Antrieb nicht, auch die Wartung beschränkt sich auf die üblichen Intervalle, die ein E-Bike sowieso benötigt, eher seltener.
Eine weitere Besonderheit ist sicherlich die Rekuperationsfunktion des Antriebs. Durch Umschalten des Motors in einen Generator übers Display ist es vor allem Bergab möglich, verbrauchte Energie wieder zurückzuführen.
So weit, so gut. Und wenn du einen Platten am Hinterrad hast? Kein Problem! Ein abgekanteter Systemstecker im Hinterrad kann ganz leicht abgezogen werden und das Hinterrad auch dank der Steckachse leicht heraus gebaut werden. So geht Hinterradantrieb heute!
Bedient wird das System über den Taster am Lenker, System- wie Tachometerinformationen liefert der wireless Sigma-Radkomputer am Vorbau.
Tretlagergetrieb Pinion C.1.12
Clever kombiniert Poision den Neodrives mit einem Tretlagergetriebe von Pinion. Der Übersetzungsumfang des C1.12 am Testrad beträgt üppige 600 % vom kleinsten auf den größten Gang. Konkret bedeutet dies beim Arsen: Der kleinste, am kürzesten übersetzte Gang liegt bei einer Entfaltung von unter 1,5 m pro Kurbelumdrehung. Damit kurbel man überall hinauf.
Geschaltet wird das Getriebe mit einem Drehgriffschalter, der beim Drehen – also beim Schaltvorgang – exakt einrastet. Die Tretunterbrechung, die wir von der Nabenschaltung her kennen, muss nur in folgenden Kombinationen berücksichtigt werden: die Gangpaare 1-4, 5-8 und 9-12 können schnell durchgeschaltet werden. Bei den Gangsprüngen zwischen 4/5 sowie 8/9 und von oben zurück in die kleinen Gänge bedarf es einer kurzen Unterbrechung der Tretkraft wie bei der Nabenschaltung. Klingt schwierig, ist es aber nicht.
Gates Riemenantrieb
Im Bereich der Touren- oder Stadträder verdrängt der Gates-Riemen so ganz allmählich die Kette. Grund: Schmierung braucht der Riemen grundsätzlich keine, eine Wartung entfällt gänzlich. Darüber hinaus erzeugt der Gates keinerlei Geräusche und gilt als langlebig. Im Gegensatz zu einer Kette, die die Tretkraft direkt ans Hinterrad weitergibt, hat der Gates ein klein wenig Schlupf. Er federt die Tretimpulse fast unmerklich ab, was insgesamt zu einem sanften Tretgefühl führt, dessen Komfort man dann wieder vermisst, sobald man auf einem Rad mit Kettenantrieb sitzt.

Poison Arsen: Klassiker mit Federgabel
Neben den modernen Antriebszutaten setzt Poison beim Arsen auf ein bewährtes Konzept: starrer Alurahmen mit einer Federgabel. Die Kombi bewährt sich im Tourenradbau seit Jahrzehnten und gelingt auch im Arsen. Die Rahmengeometrie ermöglicht eine komfortabel aufrechte Sitzposition, sodass das Arsen auch beim Test problemlos mit dem Stuttgarter Großstadtverkehr zurechtkam: Gute Übersicht und der elastische Hecknabenmotor zeigten ein mehr als gelungenes Konzept. Der Antrieb ist extrem kultiviert und unterstützt sehr leise. Im Auf und Ab des Stuttgarter Kessels bewies der Neodrives seine gute Elastizität und Antriebskraft. Beim Ampelstart beschleunigt der Hecktriebler zurückhaltend kräftig und zieht bis 25 km/h gleichmäßig durch. Im Flachen kann man locker ohne Unterstützung treten, ohne gleich in Schnappatmung zu fallen. Der starre Rahmen ist recht straff, eine komfortable Dämpfung des Hecks ermöglicht der passende Druck der griffigen Conti-Reifen.
Fazit
Poison präsentiert mit dem Arsen ein komfortables, unkompliziertes Tourenrad mit Pendlerambitionen und modernster Technik, dessen Tretlagergetriebe und der Neodrives Hecknabenmotor eine gelungene Symbiose darstellen.
Ergebnis
Punkte: 746 // Note: gut
👍 Das gefällt
leiser, sehr kultivierter und kräftiger Hecknabenmotor
robuste, wartungsarme und hochwertige Komponenten
komfortabel mit agilen Fahreigenschaften
👎 Das weniger
Gewicht
Für ein Tourenrad würden wir uns etwas mehr Akkukapazität wünschen
💗 Das perfekte Rad für...
... Touren übers Land, Tagesausflüge, Pendler