Was treibt jemanden zu diesen extremen sportlichen Belastungen?
Warum nimmt jemand freiwillig körperliche und mentale Herausforderungen auf sich, die mit Schlafmangel, Schmerzen und Erschöpfung einhergehen? Tom Terbeck, Redakteur bei BikeX, gehört zu denjenigen, die solche Erfahrungen bewusst suchen. Seine sportliche Laufbahn besteht aus Neugier, um eigene Grenzen zu verschieben, und dem Interesse an außergewöhnlichen Situationen auf dem Gravelbike oder Rennrad.
Dieses Porträt zeigt einen Menschen, der sich regelmäßig in Grenzbereiche begibt – aus eigener Motivation und das Wichtigste: mit Freude.

Die Spaß-Komponente ist wichtig für Tom. "Wenn ich solche langen Geschichten fahren möchte, muss es vorher diesen Wow-Effekt haben und mich nicht mehr loslassen", sagt er.
Ultracycling als Selbstversuch
Zusammen mit seinem besten Bike-Buddy Timo nahm Tom kürzlich am ASA Epic 2025 teil – einem 1.000 Kilometer langen Ultracycling-Rennen durch die Niederlande und Deutschland. Die Teilnahme, wie bei den meisten Events dieser Art, erfolgt selfsupported, nonstop, möglichst mit minimalen Pausen. Und ständige Eigenverantwortung: für Navigation, Ernährung und Entscheidungen über Pausen oder Weiterfahren.
Insgesamt hatten die Teilnehmer 132 Stunden Zeit, die beiden schafften es unter 76 Stunden – und gewannen die Teamwertung.

Tom gewann mit seinem kongenialen Partner und Bike-Buddy Timo nach 1000 Kilometern die Team-Wertung des ASA Epic 2025.
Tom sucht in solchen Projekten nicht den blanken Nervenkitzel. Er braucht auch keine Bühne oder Applaus. Vielmehr geht es ihm um das Sammeln von Erfahrung und das Gesamterlebnis an sich. Außerdem kommt die körperliche Komponente hinzu: "Wie weit kann ich meinen Körper treiben? Wo sind meine psychischen und physischen Grenzen?", beschreibt Tom einen Teil seiner Motivation. Schließlich sei er kein Profi-Athlet, sondern einfach jemand, der gerne auf seinem Bike in der Natur unterwegs ist.
Und das tatsächlich auch gerne nachts. "Wenn alles um mich herum zur Ruhe kommt, bin ich als Fahrer zwangsläufig im Mittelpunkt des Geschehens. Alles, was ich sehe, ist der Lichtkegel, der ein winzig kleines Stück der Bühne vor mir beleuchtet. Die Geräusche links und rechts wirst du niemals so bei Tage wahrnehmen, die Gerüche der Wälder, Wiesen und der friedlichen Natur nie so intensiv wie zur Nachtzeit. Für mich fast schon magisch, doch vielen Menschen geht dieses Geschenk der Natur in der heutigen Zeit abhanden."

"Nachts zu fahren, wenn alles dort draußen etwas zur Ruhe kommt, ist immer wieder ein tolles Erlebnis".
Selbstbeobachtung unter Belastung
Tom begegnet solchen Herausforderungen gerne mit möglichst präziser Vorbereitung. Das gilt sowohl für die Streckenführung, das benötigte Equipment als auch dem vorherigen Training.
Das Ziel beim eigentlichen Event, wie es auch beim The Bright Midnight im vergangen Jahr in Norwegen war, ist dabei nicht der Vergleich mit anderen, sondern die persönliche Auseinandersetzung mit Schwäche, Zweifel und Belastbarkeit. Eine gewisse Portion Selbstreflexion gehört dazu, damit eine Weiterentwicklung stattfinden kann.
Teamgeist und Eigenverantwortung
Tom geht sportliche Projekte oft gerne im Team an, Vertrauen zu seinem Partner ist dabei äußerst wichtig. "Auf solchen Strecken gehören Kompromisse beim Miteinander dazu. Wenn diese Grundvoraussetzung nicht gegeben ist, sollte man in der Konstellation erst gar nicht starten", sagt Tom.

Tom fährt gerne in einem Team, kommt aber auch alleine auf Langstrecke zurecht. Er sagt: "Im Team musst du lernen, Kompromisse einzugehen, alleine bist du nur für dich verantwortlich. Beides hat seinen Reiz."
Beim Start als Einzelfahrer entscheidet man allein über Tempo, Schlaf und Belastung. Wann man eine vernünftige Pause macht und oder einfach mal kurz vom Rad absteigt.
Für beides gilt jedoch: Wer hunderte Kilometer am Stück auf öffentlichen Straßen oder Gravelpisten abseits des Verkehrs zurücklegt, entwickelt nicht nur eine neue Wahrnehmung für Risiken, sondern auch eine gewisse Bescheidenheit gegenüber äußeren Einflüssen und den eigenen Fähigkeiten.
"Wer so in der Natur unterwegs ist, schärft seine Sinneswahrnehmung und entwickelt eine gewisse Demut vor Mutter Erde. Das hilft im Alltag, um geerdet zu bleiben."

"Die Einsamkeit in der immensen Einöde und dennoch imposanten Schönheit der Natur in Norwegen beim The Bright Midnight Langstrecken-Rennen, den Witterungsbedinungen Tag und Nacht ausgesetzt - da wird man sehr demütig gegenüber unserer Mutter Erde."
Balance durch Bewegung
Für Tom bedeutet Radfahren nicht nur Sport, sondern auch einen qualitativ hochwertigen Ausgleich zum Alltag. Während andere Ruheorte aufsuchen, um Abstand zu gewinnen, benötigt er nur eine Runde auf dem Rennrad oder Gravelbike, um wieder einen klaren Fokus zu bekommen.

Sicherlich werden noch weitere Herausforderungen auf Tom warten.
Bleibt die Frage, was als Nächstes kommt? "Da gibt es sicherlich einiges. Alpenpässe mit dem Renner oder das Heathland Gravel in den Niederlanden stehen noch auf der Liste für 2025. Ein weiteres Großprojekt gibt es aktuell nicht, ich bin aber sicher, das wird nicht lange auf sich warten lassen", sagt Tom mit verschmitzten Lächeln.