Wer sagt, dass ein Gravelbike nicht auch pfeilschnell sein darf? Mit dem Callis will Avona zeigen, dass Schotterabenteuer und Race-Gene kein Widerspruch sein müssen. Das Rad sei nicht nur auf Speed getrimmt, sondern es wurde auch Wert gelegt auf Komfort und Anpassbarkeit. Und genau da soll seine Stärke liegen. Doch wer steckt überhaupt hinter der neuen Marke?

Avona bringt mit dem neuen Callis ein auf Race programmiertes, pfeilschnelles Gravelbike auf dem Markt.
Die Gründer von Avona: Jonas Müller und Max Koch
Avona wurde von Jonas Müller und Max Koch gegründet – beide mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Fahrradbranche. Müller war unter anderem bei BMC, Santa Cruz und DT Swiss tätig, gründete bicycle.engineering sowie die Marke ARC8, und ist seit seiner Kindheit tief im Radsport verwurzelt. Max Koch begann 2006 als Fahrradmechaniker, wechselte später ins Produktmanagement und gründete 2021 MK Bicycles. Beide eint ihre Leidenschaft für Performance und Technik, die sie in Avona einbringen.
Kurz & knapp: Avona Callis
- Rahmenmaterial: Carbon
- Rahmengewicht: 980 g/ Größe M
- Reifenfreiheit: 50 mm
- Reifen: Hutchinson Caracal Race, tubeless
- Laufrad Testrad: DT Swiss GRC 1400, 50 mm, nicht am Serienmodell verbaut
- Besonderheiten: kommt mit gewachster Kette, Staufach
- Systemgewicht: 110 kg
- Preis Testrad: ca. 6700 Euro, Vorserienmodell
- Preis: ab 3.499 Euro (Frameset) bis 9.999 Euro (mit Sram Red/PM/ DT Swiss GRC1100)
Was das Callis besonders machen soll
Avona scheint bei der Entwicklung des Callis, was frei übersetzt so viel wie "Pfad, "(Schotter)Weg" oder auch "Gasse" bedeutet, tief in die Trickkiste gegriffen zu haben. CFD-Analysen, Windkanaltests und ein hauseigenes Rohrform-Archiv seien die Grundlage für das Aero-Design gewesen. Dabei hätten sich sogar kleine Details wie die Form und Länge des Steuerrohrs oder der Gabelkronen-Übergang spürbar auf den Luftwiderstand ausgewirkt. Am Ende sollen satte 44 Watt bei 35 km/h eingespart worden sein – ein Wort für ein Gravelbike. Zusätzlich gibt Avona an, dass Faserwerk Luftschneider-Cockpit und die DT Swiss GRC-Laufräder in Kombination einen aerodynamischen Vorteil von 16,3 W bei 45 km/h bieten sollen. Ob das viel Luft um Nichts und spürbar ist, erfährst du weiter unten im Test.
Doch auch der Komfort sei kein Nebenschauplatz. Eine flexible D-Shape-Stütze, großzügige Reifenfreiheit bis 50 mm und die Integration eines Staufachs im Unterrohr sollen das Callis für Langstrecken qualifizieren. Wer auf ruppigen Wegen unterwegs sei, dürfte sich über die vertikale Nachgiebigkeit der Sattelstütze, die auch durch ein leicht abfallendes Oberrohr erzielt wird, und durchdachte Detaillösungen wie eine saubere Kabelintegration freuen.
Fokus auf Individualisierung
Weil kein Fahrer wie der andere ist, setzt Avona auf ein Custom-Konzept: Kurbellängen, Vorbaulängen, Lenkerbreiten sowie Laufräder oder Reifen sollen auf Wunsch abgestimmt werden können. Selbst lackierte Framesets seien kein Problem. Bei den Schaltgruppen reicht die Bandbreite von Sram Rival bis Sram Red, inklusive Mullet-Option. Einzig Shimanos GRX Di2 2x12 steht als Alternative zur Auswahl. Wer’s exklusiv mag: Eine Limited Edition mit dem in der Radszene bekannten Künstler Dr. Curtis Bullock steht ebenfalls in den Startlöchern.
Geometrie
Auch hier verspricht Avona einen Spagat: Die Agilität eines Straßenrads, kombiniert mit der Geländegängigkeit eines Gravelbikes – aber ohne in MTB-Sphären abzudriften. Wie sich das Ganze tatsächlich fährt, haben wir im Wettkampfmodus beim Wörthersee Gravel Race und auf diversen Touren herausgefunden.
In der Praxis
Beim Wörthersee Gravel Race im österreichischen Kärnten konnten wir das Avona Callis unter Wettkampfbedingungen testen. Die Optik ist aufgeräumt, wenn auch nicht spektakulär. Kein Heischen um Effekte.
Auffällig ist die angenehme, etwas kompaktere und nicht zu stark gestreckte Race-Geometrie, die unseren Testfahrer bereits nach wenigen Metern überzeugte. Der Komfort der D-Shape-Sattelstütze – offizieller Name: Faserwerk Wuthocker – ist hoch, auch dank des abfallenden Oberrohrs, das der Sattelstütze mehr Flex bringt. Das Sitzrohr weiter unten legt sich leicht um den Reifen. Ebenso passt das abgeflachte Cockpit ins "Aero"-Konzept des Bikes, der Griff in die Hoods gefällt.

Highspeed schottern vor der traumhaften Kulisse Kärtens. Das Avona glänzte beim Wörthersee Gravel Race in Österreich.
Zu dem Fahrkomfort gesellt sich feinste Race-Power des leichten Gravelbikes. Der Vortrieb des Callis mit der an unserem Bike montierten Sram Force AXS 1-fach-Schaltgruppe ist beeindruckend, bei jeder Pedalumdrehung giert das Bike nach mehr – und konnte unseren Testfahrer damit weit vorn im Peloton abliefern. Der Einsatzzweck ist deutlich, die Auslegung auf Renn-Performance bei jeder Carbonfaser spürbar. Die DT Swiss GRC 1400-Laufräder tragen in Kombination mit den flinken Hutchinson Caracal Race-Pneus in 40 mm zum rasanten Tempo bei. Dazu muss man wissen: Die Serienmodelle kommen in leicht abgeänderter Konfiguration, wir haben noch ein Vorserienmodell gefahren.
Über 50 km/h auf schottrigen Feldweg im Härtetest – da bekommt selbst unser Fahrer Backenflattern. Die kurzen Kettenstreben dienen der besseren Manövrierbarkeit und sicherem Fahren unter Vollgas. Außerdem bedeutet dies eine bessere Traktion im Wiegetritt, wie wir auf rutschigem Geläuf an steilen Rampen festgestellt haben.
Im äußerlich leicht wuchtigeren Unterrohr befindet sich das praktische Staufach für den Not-Powerriegel oder das wichtigste Werkzeug. Gut zu wissen für nach dem Wettkampf: Die werksseitig bereits gewachste Kette hält den allermeisten Dreck fern. Prima: Der Rahmen erlaubt 50 mm breiten Reifen und bietet dadurch selbst auf sehr groben Geläuf guten Grip und einen Mehrwert an Komfort. Montagepunkte für Bikepacking-Ausrüstung oder Schutzbleche sucht man vergebens, alle Zeichen stehen auf Race.

Schon nach wenigen Metern im Sattel denke ich: „Das Ding geht nach vorn wie ein Rennrad!“ Die Geometrie passt zum Einsatzzweck: vorn nicht zu hoch. Ausreichend lebendig, aber nicht nervös. Ausreichend komfortabel, dabei sehr spursteif. Wer Druck aufs Pedal bringt, kann mit dem Callis jederzeit ganz vorn mitfahren. Wenn das nicht klappt, liegt es sicher nicht am Rad ...
Persönliches Fazit: Ich fühle mich wohl auf dem Callis, weil die Sitzposition auf dem Rad genau mein Ding ist. Nicht extrem, aber doch sportlich. Schnell, aber nicht kompromisslos. Kurz: Exakt das, was ich mir von einem Gravelracer erwarte.
Ausgewogene Race-Geometrie
Sehr schnelles Gravelbike
Hoher Fahrkomfort
Stimmiges Aero-Konzept
Durchdachte Details wie bspw. Staufach
Leichtgewicht
Individualisierbar
Top Race-Reifen, aber nicht für feuchten Untergrund geeignet
nicht günstig