Sonne, Sommer, Schwäbische Alb. Bei der Everve Gravel Tour herrschen beste Bedingungen für ein episch-staubiges Gravel-Event in hügeliger Landschaft, deren Wege an die Strade Bianchi erinnern. Und wir mit dem Carrera Eravel Gravelbike mittendrin. Also traumhaftes Erlebnis mit traumhaften Racer?
Radsport-Historie von Carrera
Kein unbekannter Player im Radsport ist Carrera, auf deren Rennrädern einst die Radsport-Legende Marco Pantani auf Punktejagd ging. Nach dem Engagement im Profibereich geriet die Marke aus dem Fokus, wobei die Räder in Fernost und den USA sich großer Beliebtheit erfreuen.
Jetzt möchte die kleine Familien-Bike-Schmiede mit Sitz am Gardasee mit ihren Rennern verstärkt auf dem deutschen Markt Fuß fassen – und dabei auch im Gravel-Segment mit dem Modell Eravel eine Duftmarke setzen.
Bei unserem erfrischend bunt lackierten Testbike kommen Shimanos 2×12-GRX-820-Schaltgruppe mit 48/31er-Kettenblatt vorn und 11-34er-Kassette zum Einsatz, ist ein modernes hauseigenes Carbon One-Piece-Cockpit montiert und der in Deutschland erhältliche Bike Beat "Freigeist" Gravel-Laufradsatz eingespannt. Zudem bietet der Rahmen ein "Flip-Ship"-Ausfallende, mit dessen Hilfe sich die Geometrie des Gravelbikes verändern lässt.
Das Eravel mit Fokus auf Race
Der Fokus des Bikes liegt ganz klar auf fulminanter Performance. Das erste Platznehmen auf dem bequemen Selle Italia-Sattel zeigt es deutlich: Stark nach innen gedrehte Hoods und ein langer Vorbau des Carrera-eigenen Cockpits lassen den Fahrer sportlich gestreckt und aerodynamisch auf dem Eravel sitzen. Kein Wunder, liegt der STR-Wert bei 1,44 in Rahmengröße M. Ein deutliches Anzeichen der engen Verwandtschaft zum Rennradbereich. Durch den längeren, keilförmigen Vorbau ist das Handling nicht übermäßig agil, der Lenker mit seinen aero-optimierten Formen liegt gut in der Hand.
So rollt es sich flott über die Wiesen- und Waldwege, der Vortrieb ist deutlich spürbar und bietet Suchtpotenzial. Lediglich die Vittoria Terreno Dry-Reifen sind etwas zäh auf Asphaltpassagen und trüben das Race-Erlebnis. Auf Schotterpisten bieten sie eine ordentliche Performance, am Hang kommen sie durch ihr Profil schneller an ihre Grenzen.
Auch hier fallen die Rennrad-Gene erneut auf: Viel mehr als eine 40-mm-Bereifung passt nicht in den schmalen Rahmen. Die Reifen, gerade am Heck, haben wenig Platz. Matsch im Herbst oder Winter kann sich, je nach Reifenwahl und Profil, schneller festsetzen.
Klasse: die an unserem Testbike montierten, robusten Bike Beat-Freigeist-Laufräder mit 40 mm Felgenhöhe, die für ein Systemgewicht von bis zu 150 kg ausgelegt sind und dennoch nur 1330 g wiegen. Auch die SuperLight Ratchet Straightpull-Nabe kommt von Bike Beat.
Der Race-Charakter macht sich auch beim Komfort bemerkbar. Schläge von unten kommen deutlich spürbar durch, trotz der tief angesetzten Sitzstreben. Auch an der Front im Cockpit geht es härter zu und führt mitunter zur Ermüdung der Hände.
Knackig zeigt sich die mechanische Shimano GRX 820-Schaltung, die in jeder Fahrsituation zuverlässig ihren Dienst versieht. Schade, dass für den Preis bei unserem Testbike für 6599 Euro nicht bereits eine elektronische Schaltgruppe montiert ist. Sie ist nur gegen Aufpreis erhältlich. Prima: Komponenten aller wichtigen Hersteller (u.a. Sram, Shimano, Campagnolo) können ab Werk nach Wunsch montiert werden.
Fazit
Carrera bietet mit dem Eravel ein sehr race-lastiges Gravelbike, dessen Rennrad-Gene nicht von der Hand zu weisen sind. An den aero-optimierten Rahmen und das Cockpit sowie die weit nach innen gedrehten Schalt- und Bremshebel werden auf Geschwindigkeit fixierte Fahrer ihre helle Freude haben, müssen dafür aber etwas weniger Gesamtkomfort in Kauf nehmen. Die robusten und schnelllaufenden Bike Beat Freigeist-Laufräder sind eine gute Wahl, bei den Reifen besteht noch Tuning-Potenzial. Die Verarbeitung ist auf hohem Niveau. Schade, dass für den Preis nicht bereits elektronisch geschaltet werden kann.
*Größe M





