Unfassbar eintönig, öde, langweilig und einfach kein Ersatz für eine Ausfahrt in der Natur: Viele Radsportler können sich überhaupt nicht für das Rollentraining begeistern. Selbst diejeningen, die im Winter ab und zu auf der Rolle fahren, müssen dafür ihre Fähigkeiten zur Selbstmotiviation bis an die Grenze ausreizen.
Dabei gibt es viele, gute Argumente für das Rollentraining. Wer gezielt mit Trainingsplan trainieren möchte, hat auf der Rolle die besseren Möglichkeiten. Auf der Straße ändern sich Untergrund und Steigung, wegen des Verkehrs muss man mal bremsen, mal beschleunigen. Auf der Rolle hingegen lassen sich alle Faktoren genau kontrollieren. Außerdem kommen die meisten smarten Rollentrainer mit eingebauter Wattmessung, ein Vorteil für gezieltes Training.
Stellt sich nur noch die Frage mit welchen Apps das Training besonders effektiv (und vielleicht auch ein bisschen unterhaltsam) ist. ROADBIKE hat sich durch die Masse der Trainingsapps probiert und nennt Stärken und Schwächen.
Die beste Rollentrainer-Apps im Überblick
Zwift

Zwift ist wohl eine der bekanntesten Apps fürs Rollentraining. Je nach Wochentag fährt man mal auf der fiktiven Insel Wattopia, im New Yorker Central Park, in Frankreich oder sogar auf den WM-Strecken von Insbruck, London, Richmond oder Yorkshire. Und die virtuellen Welten werden stetig erweitert, jüngst kam die von Japan inspirierte Makuri-Island hinzu. Und dabei ist man nie allein! Zu fast jeder Tages- und Nachtzeit tummeln sich Tausende andere Rennradfahrer auf der Plattform, man kann sich auch mit Freunden oder Klubkollegen verabreden und gemeinsam fahren. Mit dem richtigen Smart-Trainer (siehe unten) kommt man sogar in den Genuss von Windschatten von seinen Mitstreitern.
Zusätzlich zum unstrukturierten Fahren kann man aber auch eine Fülle von Trainingsplänen absolvieren, an Gruppenausfahrten und echten Rennen teilnehmen – auch die gibt es quasi rund um die Uhr. Mit dem entsprechenden Rollentrainer wird dann der Widerstand an das ausgewählte Programm angepasst. Unabhängig davon, ob es auf Wattopia gerade bergauf oder bergab geht. Die Trainingspläne umfassen einzelne Einheiten (z.B. Sweet-Spot-Training oder Sprint-Intervalle) oder komplette mehrwöchige Aufbaupläne (z.B. 6-Wochen-FTP-Bosster, 12-Wochen-Winterplan).
Kombiniert mit dem Vorteil, dass man statt eintöniger Trainingsdiagramme durch eine abwechslungsreiche virtuelle Landschaft fährt, ist Zwift für viele "Drinnen-Fahrer" die erste Wahl. Virtuelle Trophäen und optische Upgrades wie neue Trikots und Hochprofil-Laufräder geben noch einen zusätzlichen kleinen Anreiz, das Rollentraining nicht zu früh zu beenden. Per "Drops", der In-Game-Währung, lassen sich zudem schicke Rennräder von Marken wie unter anderem Canyon, Specialized, Trek oder Cervélo freischalten. So lässt sich mit der Zeit ein ganz persönlicher, individueller Avatar erstellen. Der Fakt, dass manche Strecken oder Ausrüstungsteile erst mit einem gewissen Level freigeschaltet werden, erhöht die langfristige Motivation deutlich.
Die virtuelle Rennrad-Welt hat ihren Preis. Das Zwift-Abo gibt es für 15 Euro im Monat. Dafür hat man Zugriff auf alle Trainingspläne von Zwift (Übersicht der Trainingspläne auf whatsonzwift.com).
Stärken und Schwächen
- kurzweiliges Training dank virtueller Umgebung
- großer Umfang an verschiedenen Workouts
- Möglichkeit, mit Freunden zu fahren
- hohe Langzeit-Motivation dank Belohnungssystem
- nicht jeder mag den Gaming-Charakter
- ROADBIKE-Urteil: Sehr gut
TrainerRoad

Die App TrainerRoad gibt es für Tablet oder Smartphone (iOS, Android), sie kostet aktuell 19,95 USD/Monat. Nach der Installation legt man sein Profil mit seinen Daten (Geschlecht, Gewicht, Einheiten, etc.) an und gibt eine erste Einschätzung seines Fitness-Levels. Anschließend rät die App zu einem ersten FTP-Test, um die Trainingsbereiche festzulegen. Dazu wird ein Stufen-Test gemacht, bei dem sich der Widerstand jede Minute erhöht, bis man nicht mehr kann. Aus den Ergebnissen errechnet die Software schließlich den persönlichen FTP-Wert. Anschließend kann man sich aus einer Vielzahl an Trainingsplänen etwas Passendes auswählen. Dabei hilft, dass die Pläne in 3 Kategorien (Base Phase, Build Phase und Speciality Phase) gegliedert werden. Dahinter verbergen sich dann die einzelnen Trainingspläne über 6 bis 8 Wochen, wobei bei jedem Plan die Anzahl der Einheiten, die Zeit pro Woche und der Trainingsstress (TSS) angegeben werden. Je nach Zielsetzung finden sich spezielle Pläne etwa für Triathleten oder Marathonfahrer. Alle Workouts können aber auch direkt einzeln ausgewählt und mit einem angeschlossenen Rollentrainer gefahren werden.
Gut gefällt, dass während der meisten Workouts erklärende Texte eingeblendet werden, die den Sinn und die Ziele der Einheiten erklären. Absolvierte Einheiten des Trainingsplans werden abgehakt, der Fortschritt wird in Prozent angezeigt. Zwar fehlen unterhaltende Elemente wie virtuelle Rennen, dafür bietet TrainerRoad das beste Angebot und die beste Nutzerführung für diejenigen, die wirklich effektiv trainieren möchten. Gut gefällt außerdem, dass neben reinem Fitness auch die Technik auf dem Rad verbessert wird, beispielsweise durch Intervalle mit einbeinigem Fahren oder solchen, bei denen ein runderer Tritt gefördert wird.
Stärken und Schwächen
- sehr gute Nutzerführung
- vielzahl von speziellen Trainingsplänen
- viele Workouts
- Erklärungen während der Einheiten
- keine virtuellen Rennen
- vergleichsweise teuer
ROADBIKE-Urteil: sehr gut
Wahoo SYSTM (vorher: The Sufferfest)

Ähnlich wie TrainerRoad legt man bei Wahoo SYSTM großen Wert auf effektives Training, bemüht sich aber auch darum, die Workouts auch unterhaltsam aufzubereiten. Die englischsprachige App kostet 16,49 Euro pro Monat. Es gibt aber eine 14-tägige, kostenlose Testphase zum Ausprobieren. Nach der Anmeldung empfiehlt SYSTM einen Test, um das jeweilige 4DP(4-Dimensional-Power)-Profil des Nutzers zu ermitteln. Denn laut SYSTM sagt der reine FTP-Wert nur wenig über das individuelle Fahrerprofil und die jeweiligen Stärken und Schwächen aus. Der 4DP-Test beeinhaltet beispielsweise kurze Maximalbelastungen, aber auch eine 20-minütige Dauerbelastung.
Danach wird man beispielsweise als Sprinter, Zeitfahrer, Kletterer oder Rouleur eingeteilt und kann mit den jeweiligen Trainingsplänen an seinen individuellen Stärken und Schwächen arbeiten. Diese gibt es in mehreren Varianten und können an das jeweilige Zeitbudget angepasst werden, rund 3-5 Stunden pro Woche muss man aber schon investieren. Das große Plus bei den Workouts: Ergänzend zu den Daten und den anstehenden Intervallen werden Rennszenen mit passender Musik eingeblendet, die bei der Motivation helfen sollen. Hinzu kommen erklärende Texte.
Weiteres großes Plus des neuen Wahoo SYSTM: Neben Einheiten auf der Rolle lassen sich auch ergänzende Einheiten in die Trainingspläne integrieren, wie beispielsweise Yoga, Rumpfkräftigung oder auch Mentaltraining. So bietet SYSTM ein rundes, sehr vielseitiges Paket. Auch die Nutzerführung ist im neuen SYSTM deutlich besser als im Vorgänger Sufferfest. Nachdem man sein Profil erstellt hat, kommt man mit wenigen Klicks zu einem FTP-Test und im Anschluss daran an einen abgestimmten Trainingsplan.
Stärken und Schwächen
- Fokus auf effektives Training
- unterhaltsame Workouts
- interessantes 4DP-Profil
- viele unterschiedliche Trainingspläne und Workouts
- zusätzliche Einheiten mit Yoga, Core-Training oder Mentaltraining möglich
- kein Belohnungssystem für die langfristige Motivation
ROADBIKE-Urteil: sehr gut
Elite My E-Training

Von Elite kommt die kostenpflichtige "My E-Training" App (iOS, Android). Zum Ausprobieren darf sie pro Tag 10 Minuten in vollem Umfang genutzt werden, der "Training nach Niveau"-Modus kann permanent kostenlos genutzt werden. Will man jedoch den kompletten Funktionsumfang, sind 10 Euro pro Jahr fällig
was immer noch nicht viel ist. Bei einigen Elite-Rollentrainern (wie dem Drivo) ist zudem eine lebenslange Premium-Mitgliedschaft enthalten. Dafür gibt es die Möglichkeit, zum einen die offiziellen RealVideos von Elite abzuspielen und nachzufahren (die einzelnen Videos kosten jedoch extra). Aber auch andere Nutzer können per Actioncam Videos erstellen und einbinden, diese sind meist kostenlos nachfahrbar. Dafür ist aber auch die Qualität höchst unterschiedlich.Zweiter großer Bereich ist das Training. My E-Training bietet die Möglichkeit, nach voreingestellten Widerständen zu fahren oder fertige Workouts zu nutzen. Ebenfalls interessant: Über GPS aufgezeichnete oder importierte Strecken können mithilfe von Google Maps nachgefahren werden. Ebenfalls enthalten sind Trainingstests, um die Leistungsfähigkeit zu bestimmen. Optional (und kostenpflichtig) ist eine Trittanalyse.
Was ist zu bemängeln? Die My E-Training-App bietet recht viel, lässt den Nutzer aber ungeführt zurück. Fertige Trainingspläne fehlen. Es fehlt somit an Langzeit-Motivation.
Stärken und Schwächen
- Import von GPS-Strecken
- Video-Wiedergabe
- keine Nutzerführung
- keine Trainingspläne
ROADBIKE-Urteil: gut
RGT Cycling

RGT-Cycling (www.rgtcycling.com) - früher als "Road Grand Tours" gestartet - positioniert sich ein bisschen als Alternative zu Zwift. Ein großer Vorteil: In einer Basis-Version kann RGT kostenfrei genutzt werden, allerdings stehen dann nicht alle Strecken zur Verfügung, auch Gruppenfahrten können nicht organisiert werden. Mit aktuell 8,99 Euro/Monat ist die Premium-Version aber auch vergleichsweise günstig. Der große Unterschied zum Platzhirsch Zwift: Wo dort irgendwelche, zwar an der Wirklichkeit orientierte, aber dennoch fiktive Welten befahren werden, versucht RGT die echten Vorlagen wie das Stilfser Joch oder die Straße zum Cap Formentor deutlich realistischer nachzubilden. Der Strecken-Umfang wächst stetig, angeboten werden unter anderem der Mont Ventoux, Abschnitte der Ronde van Flanderen oder ganz aktuell in Teil der WM-Strecke aus dem belgischen Leuven.
Der Nachteil wiederum: Die einzelnen Strecken sind deutlich kürzer, die Längen betragen zwischen 27,8 km (Iron Horse Bicycle Classic) und 1 km (Canary Wharf/Tempelhofer Feld). Und wer Geselligkeit sucht: Auf Zwift ist immer noch deutlich mehr los. Wo man auf Zwift permanent von Gruppen überholt wird und sich anderen Fahrern anschließen kann, ist bei RGT der nächste Fahrer mitunter mehrere 100 Meter entfernt und nicht so leicht einzuholen. Zudem sieht die Umgebung zwar sehr realistisch aus, wirkt aber mitunter etwas kühl und leblos (beispielsweise der WM-Kurs in Leuven), beeindruckend ist aber andererseits, wie gut das Stilfser Joch gelungen ist. Ein Tipp: Bei diesen Kursen unbedingt die Rollentrainer-Schwierigkeit herabsetzen, um die Landschaft besser genießen zu können.
Ein weiteres Feature sind die "Magic Roads". Jeder Premium-Nutzer kann dafür beispielsweise seine Hausrunde im gpx-Format hochladen, RGT generiert dann aufgrund des Höhenprofils eine virtuelle Strecke in einer virtuellen Landschaft, die dann als Strecke indoor nachgefahren werden kann.
Außerdem können auch auf RGT gemeinsame Touren geplant werden und es werden teils Events angeboten - allerdings deutlich weniger als bei Zwift. Zudem stehen auf RGT auch einzelne Workouts zur Verfügung, allerdings fehlt die Möglichkeit, daraus ganze Trainingspläne zu bekommen, sondern man muss sie sich selbst zusammenstellen.
Etwas aufwendiger als bei der Konkurrenz ist die EInrichtung, denn für RGT werden zwei Endgeräte gebraucht, idealerweise Laptop und das Smartphone, auf beiden muss die jeweilige RGT-Version installiert werden. Das Smartphone dient dann als Steuerungsgerät, auf dem Laptop wird die Strecke dargestellt, eine Steuerung nur über den Laptop ist nicht möglich, genauso wenig, wie einfach nur auf dem Smartphone zu fahren. Die Geräte verbinden sich allerdings automatisch und die Steuerung über die App funktioniert sehr gut.
Schön: Wie auch bei Zwift kann der eigene Avatar inklusive Rennrad und Trikotset/Helm individuell aus einer Auswahl an Rädern und Kits gestaltet werden. Diese stehen auch gleich zur Verfügung und müssen nicht wie bei Zwift per Drops verdient werden. Dafür ist die Änderung auch nur rein optisch, Aero- oder Gewichtsvorteile wie bei Zwift gibt es bei den Rädern nicht.
Unterwegs gibt es bei RGT immer wieder einzelne Segmente, auf denen Bestleistungen erzielt werden können. Weil auch nicht so viele Konkurrenten auf RGT unterwegs sind, sind die Bestzeiten sogar für mäßig trainierte Fahrer in Reichweite.
Stärken und Schwächen
- kostenlose Basisversion, Premium-Version mit 8,99 Euro günstig
- sehr realitätsnah nachempfundene Strecken
- eigene Strecken (=Magic Roads) können importiert werden
- begrenzter Streckenumfang, Strecken selbst eher kurz
- noch wenig andere Fahrer
ROADBIKE-Urteil: Gut
BKool Indoor
Die BKool-Indoor-App (30 Tage gratis, danach 10 Euro/Monat) kombiert Workouts und virtuelle Rennen. Die Strecken können dabei im Video oder auch in einer virtuellen 3D-Landschaft gefahren werden. Wer möchte, kann auch seine Hausrunde als Strecke erstellen lassen und sie virtuell nachfahren.
Nahezu permanent sind Live-Rennen verfügbar, denen man sich anschließen und so seine Kräfte mit anderen Rennradfahrern aus der ganzen Welt messen kann. Außerdem gibt es die Möglichkeit, seine eigene Session auf der Lieblingsstrecke zu planen und statt realer Mitfahrer auf eine Reihe von Bots zu setzen, die mit ihren verschiedenen Eigenschaften eine Herausforderung darstellen. Zusätzlich gibt es Velodrom-Spiele, wo sich die Nutzer auf der Bahn austoben können.
Stärken und Schwächen
- Vielzahl an Online-Rennen
- Workouts
- eigene Strecken können importiert werden
- 3D-Landschaft bei anderen schöner
- keine Nutzerführung beim Training
ROADBIKE-Urteil: sehr gut