High-End-Rennrad im Test: Factor Ostro VAM

Factor Ostro VAM im Test
Aero über alles? Was kann der Allrounder von Factor?

Inhalt von
Veröffentlicht am 18.04.2025

Der Aero-Renner aus England kann wirklich vieles richtig gut. Entspanntes Dahinrollen zählt allerdings nicht dazu. Wer so unvorsichtig ist, das Factor Ostro VAM am Unterlenker zu packen, ist sofort verloren. Denn der Renner mit seinen aerodynamischen Rohrprofilen, vor allem aber den hohen und dabei ausgesprochen leichten Laufrädern giert förmlich nach Tempo. Ein wenig Druck auf dem Pedal genügt, und schon prescht das Ostro nach vorn und nimmt Fahrt auf. Plötzlich lautet die Devise nur noch: Oberkörper runter, klein machen und mit Vollgas über die Straßen jagen. Ja, dann ist das Ostro in seinem Element!

Keine Überraschung: Factor betont, dass die Aerodynamik als eins der wichtigsten Entwicklungsziele für die zweite Generation des Ostro VAM im Lastenheft stand. Von vorn nach hinten habe man das Rad in fünf Zonen unterteilt, jede einzelne davon auf den jeweiligen Anspruch und Nutzen hin optimiert. Und dabei neue Laufräder gleich mitentwickelt. In Zone 1, 2 und 4 (Gabelscheiden, Steuerrohr und Sitzrohr/Sitzknoten) habe man größtmöglichen Wert auf geringen Luftwiderstand gelegt, in Zone 3 (Oberrohr) möglichst viel Gewicht gespart und beim Tretlager/Zone 5 den besten Kompromiss aus Steifigkeit und Leichtbau gesucht.

Factor Bikes,Ostro VAM,2025,Test,Rennrad,Action,sitzend
Bjoern Haenssler

Das Ergebnis dieser Detailverliebtheit: Am Rahmen will Factor im Vergleich zum Vorgänger 45 Gramm eingespart haben, insgesamt summiere sich der Gewichtsvorteil beim "Premium Package" aus Rahmen, Gabel, Sattelstütze, Cockpit und Laufrädern auf 268 Gramm. Das Komplettrad haben wir im ROADBIKE-Labor mit 7,2 Kilogramm gewogen, damit liegt es exakt auf dem gleichen Niveau wie Canyons neues Aeroad CFR. Trotz des optisch klar erkennbaren Aero-Anspruchs ist es deshalb wenig verwunderlich, dass sich das Ostro VAM als ambitionierter Kletterer erweist.

Problemlos erklimmt der Brite steilste Rampen und endlose Passstraßen mit der dafür notwendigen Ausdauer. Die Übersetzung der gewohnt schnell und präzise schaltenden Sram-Topgruppe Red AXS mit 48/35-Semikompakt-Kurbel und einer 10–33er-Kassette erfordert zwar ein bisschen Power in den Beinen. Aber das Ostro richtet sich auch eindeutig an Sportlerinnen und Sportler, die es gern etwas zügiger angehen lassen. Das wird schon bei der sehr sportlichen Sitzposition mit ausgeprägter Sattelüberhöhung deutlich und setzt sich bei der recht straffen Abstimmung fort. Die flächige Sattelstütze mag aerodynamisch optimiert sein, in Sachen Komfort bleibt hier jedoch spürbar Luft nach oben. Viele moderne Aero-Renner federn mittlerweile deutlich besser.

Christian Brunker, ROADBIKE-Redakteur
Christian Brunker
Testredakteur

Dass Profi-Athleten bei der Entwicklung ein Wörtchen mitreden durften, lässt sich dagegen beim agilen Handling spüren: Erst wenn die Laufräder den Luftstrom bei höherem Tempo stabilisieren, gewinnt das Ostro an Laufruhe. Bei niedrigen Geschwindigkeiten reagiert das Rad doch sehr direkt auf Lenkbewegungen. Dafür liegt das Cockpit sehr angenehm und ergonomisch in der Hand.

Auffälliges Detail am Testrad: der Schaltwerkkäfig von Ceramicspeed mit Oversized-Umlenkröllchen als optionales Extra. Für stolze 599 Euro.

Das gefällt 👍

Langsam fahren? Nicht mit dem Ostro, der Renner giert nach Tempo. Und macht dabei ordentlich Beine.

Das weniger 👎

Günstig? Factor verlangt für das Ostro VAM einen tiefen Griff in die Tasche – egal in welcher Ausstattungsvariante.

Das perfekte Rad für...

... alle, die einen faszinierend schnellen und ausgesprochen leichten Aero-Renner suchen, der sowohl im Flachen wie auch auf Bergetappen überzeugen kann.

*Größe 56, ohne Pedale