Haro Bikes – nie gehört? Die 1978 gegründete US-Marke zählt zu den Pionieren der BMX-Szene, hat aber auch das Gravelbike Buzzard – wahlweise mit Carbon- und Alu-Rahmen – sowie das Straßenrennrad Rivette im Angebot. Letzteres gibt es ausschließlich mit Carbonrahmen – und man könnte sich damit stilecht in der boomenden US-Crit-Szene bewegen. Wer nicht über den großen Teich fliegen möchte, kann mit dem Rivette aber natürlich auch bei europäischen Kriteriumsrennen mitmischen.
Sportliche Ausrichtung
Denn der Charakter ist absolut sportlich: Das Handling des Rivette Carbon ist agil, die Lenkung präzise, nach Kurven tritt man unwillkürlich voll an. Und gerne drückt man auch im Vollsprint über größere und kleine Wellen drüber – das geringe Gewicht von gerade mal 7,3 Kilogramm in der getesteten Rahmengröße 58 verleitet dazu und macht auch bergauf Beine. Selbige sollten für Anstiege aber stramm sein, denn die montierte Übersetzung ist passend für flache, schnelle Kriteriumsrennen eher knackig: 48/35er Kettenblätter und 10-33er Kassette. Für Rennfahrerinnen und -fahrer reicht das auch im Mittel- und Hochgebirge, Hobbysportlerinnen und -sportler sollten lieber etwas leichtere und entsprechend flüssiger zu tretende Gänge montieren. Übrigens: Unruhe kommt nicht auf, wenn man mit hohem Tempo über den Kriteriumsparcours jagt oder schnelle Abfahrten unter die Reifen nimmt – der Geradeauslauf ist ausreichend ausgeprägt.
Die Sitzposition bietet ordentliche Überhöhung und Streckung, wobei Letztere auch auf den langen Vorbau zurückzuführen ist. Laut Hersteller ist dieser 110 Millimeter lang, was gut zur Testrahmengröße 58 passen würde. Realistischer erscheinen aber eher 120 bis 130 Millimeter – wo genau Haro an der optisch gefälligen Lenker-Vorbau-Einheit gemessen hat, um die nominell 110 Millimeter zu ermitteln, wird nicht klar. Angesichts des nicht zu langen Rahmens sowie einer Reifenfreiheit von bis zu 35 Millimetern könnte man das Rivette mit kürzerem Vorbau aber auch als sportlichen Tourer aufbauen.
Apropos Aufbau: Das getestete Rivette gehört zur in Europa auf 25 Exemplare limitierten "Extra-Power"-Edition mit Sram Red AXS und Vision Metron SL-Carbonlaufrädern. Die auffällig bunte Lackierung des Herstellerschriftzugs soll an Graffitis erinnern – was ebenfalls auf die urban geprägte Kriteriumsszene anspielt. Sollte die EP-Edition vergriffen sein: Zum gleichen Preis bietet Haro das Rivette gerade in einer LTD-Version mit stylischen Grafiken des britischen Illustrators Mark Ward. Hier definiert sich bereits eine Zielgruppe, die Haro scheinbar ansprechen will: individualistisch angehauchte US-Fans, die ein besonderes Statement setzen wollen abseits des Mainstreams von Specialized, Trek, Cannondale und Co.
Lob und Tadel
Zurück zum Handwerklichen: Die Sram Red AXS schaltet gewohnt präzise, die Bremsen sind fein dosierbar und das in der jüngsten Generation bei besonders geringen Handkräften – ein Finger reicht, um erstaunliche Bremskraft aufzubauen. Die Vision Metron SL-Laufräder tragen mit ihrem spürbaren Leichtgewicht zum agilen Handling bei, die Vittoria-Reifen rollen sehr schnell.
Drei Kritikpunkte aus der Praxis:
- Die Tubelessreifen wollten partout nicht über mehrere Tage hinweg die Luft halten, spätestens nach 48 Stunden war der Hinterreifen trotz mehrfachen Nachfüllens von Dichtmilch sowie Nachpumpens platt. Immerhin hielt die Luft immer so lange, dass man problemlos auch mehrstündige Ausfahrten abspulen konnte.
- Das Heck könnte komfortabler sein und Vibrationen effektiver dämpfen. 304 N/mm am Sattel sind zwar kein auffällig schlechter, aber eben auch kein sehr guter Komfortmesswert aus dem ROADBIKE-Prüflabor.
- Einen Powermeter sucht man vergeblich. Angesichts der sportlichen Ausrichtung des Rades (und auch des Preises von 8999 Euro) wäre es schlüssig, auch seine Wattwerte erfassen zu können.
Preis, Varianten, Fazit
Erhältlich sind Haro Bikes beim Fachhändler, bestellen kann man auch auf der Website. Das hier getestete Rad kostet 8999 Euro, das Rahmen-Set 3499 Euro, das günstigste Komplettrad mit Shimanos 105 Di2 4999 Euro. Top: sechs Jahre Garantie bei Produktregistrierung sowie 50 Prozent Crash Replacement im Falle eines material-mordenden Sturzes.
Das gefällt 👍
Leichtgewicht, Geometrie, Ausstattung – Haro stellt ein vielseitiges Rennrad mit sportlicher Note auf die Reifen.
Das weniger 👎
Etwas mehr Komfort wäre schön. Und angesichts der sportlichen Ausrichtung wäre ein Powermeter schlüssig.
Das richtige Rad für...
...Kriteriumsfahrerinnen und -fahrer sowie Fans einer sportlichen Gangart, die gerne mit einer hierzulande weniger bekannten US-Marke aus der Masse herausstechen wollen.
*Größe M, ohne Pedale





