Wer Leistung bringen will, braucht Energie. Je nach Intensität der Belastung greift dein Körper dabei auf unterschiedliche Brennstoffe zurück: Lang andauernde, weniger intensive Belastungen werden hauptsächlich über den Fettstoffwechsel gedeckt, während es für kurze und harte Belastungen wie Wettkämpfe und Intervalle Kohlenhydrate als schnelle Energiequelle braucht. So weit nichts Neues, hätte da nicht der weibliche Hormonzyklus ein Wörtchen mitzureden.
Der Schlüssel zu mehr Leistung
Denn für Frauen gilt dieses Prinzip nur bedingt: Zwar funktioniert ihr Energiestoffwechsel in Zeiten niedriger Hormonaktivität wie aus dem Lehrbuch, doch ändert sich das mit steigenden Hormonspiegeln in der zweiten Zyklushälfte. Die Folge: Alles steht kopf und funktioniert anders – von der Rennverpflegung über die Erholung bis hin zu Stagnation bei Muskelaufbau oder Gewichtsverlust. Doch woran liegt das?
Welchen Effekt haben weibliche Hormone auf den Energiestoffwechsel?
In der zweiten Zyklushälfte, der lutealen Phase (vgl. RB 09/23), werden zwei Hormone aktiv, die den Energiestoffwechsel beeinflussen und somit oft für Leistungseinbußen und Frustration bei sportlich aktiven Frauen sorgen: Östrogen verringert den Zugriff auf Kohlenhydrate: Um die begrenzten Kohlenhydratspeicher zu schützen, sorgt Östrogen dafür, dass der Körper diese nur sehr sparsam leert. Auch wenn die Speicher voll sind, lassen sie sich im Training daher nur beschränkt anzapfen.
Stattdessen setzt der Körper vermehrt auf den Fettstoffwechsel, was für das Grundlagentraining zwar hilfreich sein mag, für intensive Belastungen jedoch nicht optimal ist. Bei hohen Intensitäten läufst du dann Gefahr, dass dein Körper aus der Not heraus das Muskeleiweiß angreift, um den Energiebedarf zu decken.
In der ersten Zyklushälfte, wenn die Östrogenlevel gering sind, nimmt der Körper Pizza und Pasta dankend an. In der zweiten Hälfte hingegen kann er einen Eiweißshake oft besser gebrauchen. – Sophie Prange, B. Sc. Sportökonomie und freie Autorin
Progesteron wirkt hochgradig katabol: Die anabole, muskelaufbauende Wirkung von Testosteron ist wohl den meisten bekannt, doch nur wenige wissen von den katabolen, muskelabbauenden Eigenschaften von Progesteron. Hohe Progesteronaktiviät erschwert somit nicht nur die Reparatur und damit den Aufbau von Muskeln, sondern begünstigt sogar den Abbau der zuvor mühsam antrainierten Muskulatur.

Welchen Einfluss hat die Hormonaktivität auf Erholung, Muskulatur und Körperfett?
Hohe Hormonlevel sorgen nicht nur dafür, dass dir weniger schnell verfügbare Energieträger für intensive Belastungen zur Verfügung stehen, sie können auch maßgeblich deine Erholungsfähigkeit und auf Dauer sogar deine Muskelmasse und den Körperfettanteil beeinflussen. Wenn dein Körper aus Mangel an Kohlenhydraten Muskeleiweiß als Energiequelle heranzieht, geht das im Wortsinn an die Substanz und ist mit enormem Stress verbunden.
Die unschönen Folgen können Heißhungerattacken bis hin zu einem "Survival-Modus" sein, der dazu führt, dass dein Körper noch mehr Fett einlagern möchte. Isst du nun wie gewohnt eine gute Portion Kohlenhydrate nach dem Training, obwohl deine Speicher noch nahezu voll sind, kannst du eins und eins zusammenzählen, wie der Körper diese Energie dann speichert: Genau, als Fett.
Die 3 besten Tipps, wie du deinen Körper in der zweiten Zyklushälfte optimal versorgst
Vermeide Belastungen auf nüchternen Magen
Lege vor jedem Training eine gute Basis aus 10 bis 15 g Eiweiß und 40 g Kohlenhydraten. So stellst du sicher, dass dein Körper genug Energie zur Verfügung hat und gar nicht erst auf die Idee kommt, für Belastungsspitzen Muskeleiweiß zur Energiegewinnung zu verbrennen. Bei längerfristigem Energiemangel riskierst du nämlich, dass dein Körper in einen Survival-Modus umschaltet. Der unterstützt nicht nur den Muskelabbau und begünstigt vermehrte Fetteinlagerung, sondern kann durch Nährstoffmangel auch schwerwiegende gesundheitliche Folgen wie eine ausbleibende Periode und poröse Knochen zur Folge haben.
Iss bei längeren und härteren Trainingseinheiten unbedingt regelmäßig
Essen beim Training ist keine Schwäche! Gib deinem Körper, was er braucht: Denn obwohl der Fettstoffwechsel in der zweiten Zyklushälfte auf Hochtouren läuft, braucht es auch zur Fettverbrennung immer eine gewisse Menge an Kohlenhydraten. Für beste Leistungsfähigkeit bei Rennen in der lutealen Phase lautet die Empfehlung: pro Stunde 1 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht. Eiweiß ist als zweite Komponente, etwa in Riegeln, ebenfalls empfehlenswert, damit deine Muskeln „verschont“ bleiben.
Eiweiß hat nach dem Training Priorität
Wenn dein Körper hormonbedingt seine Kohlenhydratspeicher kaum antasten konnte, tust du deinem Körper mit einem Teller Nudeln nach dem Radfahren nichts Gutes. Gib ihm stattdessen 20 bis 25 g hochwertiges Eiweiß, damit er beschädigte und angegriffene Muskeln wiederherstellen kann – und zwar schnell: Am besten lässt sich der katabole Effekt von Progesteron innerhalb von 30 Minuten nach dem Training abdämpfen. Insgesamt solltest du bei hohen Trainingsbelastungen (!) knappe 2 g Eiweiß pro kg Körpergewicht pro Tag anstreben.