Im Test: Continental Grand Prix TR vs. Michelin Pro 5

Neue Mittelklasse-Rennradreifen im Praxistest
Im Test: Continental Grand Prix TR vs. Michelin Pro 5

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Veröffentlicht am 30.04.2025
Neue Mittelklasse-Rennradreifen: Continental Grand Prix TR und Michelin Pro 5
Foto: Moritz Pfeiffer

Einleitung

Rennradreifen sind ganz schön teuer geworden: Knapp 90 Euro ruft Continental beispielsweise für seinen Top-Reifen GP 5000S TR auf, die Konkurrenz bewegt sich in ähnlichen Sphären. Wettkampf- oder Ganzjahresreifen kosten mitunter gar über 100 Euro. Auch wenn die tatsächlichen "Straßenpreise" oft deutlich unter der unverbindlichen Preisempfehlung der Hersteller liegen, sind nicht alle Rennradfahrerinnen und -fahrer bereit, für einen Pneu so tief in die Tasche zu greifen.

Umso erfreulicher, dass mit Continental und Michelin zuletzt zwei Hersteller ihre jeweilige "Nummer zwei" runderneuert haben: Der Continental Grand Prix TR und der Michelin Pro 5 liegen leistungsmäßig deutlich über reinen Trainingsreifen, kosten aber weniger als die Top-Modelle. Genau 61,95 Euro wollen beide Hersteller für ihre neuen Pneus haben, die sie zudem sehr ähnlich positionieren: Beide Reifen sind nun tubeless-fähig, kommen mit neuen Profilen, Gummimischungen und Konstruktionen und sollen ein ausgewogenes Verhältnis von Performance und Langlebigkeit bieten. Auch bei der Bezeichnung gehen Conti und Michelin den gleichen Weg: Da weder die Begriffe Top-Modell noch Trainingsreifen zutreffen, spricht man von Endurance-Reifen. Und beide Pneus gibt es in je vier Breiten und sowohl mit schwarzer als auch mit brauner Seitenwand. Doch während Continental bei den Breiten noch etwas konservativer agiert und mit schmalen 25 Millimetern beginnt und über 28 und 30 auf 32 Millimeter wächst, geht es bei Michelin erst bei 28 Millimeter los – neben 30 und 32 gibt es hier auch eine wuchtige 35-Millimeter-Variante.

Seitenwand des neuen Continental Grand Prix TR
Moritz Pfeiffer

Wir haben beide Modelle in 32 Millimetern in der Praxis getestet. Mit Laborwerten können wir noch nicht aufwarten – das sei der Fairness halber offen erwähnt. Ein größerer Test, der von gleich mehreren Herstellern die Nummer 1 mit der Nummer 2 vergleicht – darunter natürlich auch die hier bereits in der Praxis getesteten Modelle von Continental und Michelin – erwartet euch in ROADBIKE-Ausgabe 07/25, die ab 17. Juni 2025 am Kiosk und hier erhältlich sein wird. Bis dahin haben wir diese Praxiseindrücke für euch – viel Spaß beim Lesen!

Erster Eindruck

Continentals Grand Prix TR greift auf die Black Chili-Gummimischung zurück, auf die auch die GP 5000er-Familie setzt – und das riecht man auch: Der charakteristische Geruch erfüllt jeden Raum oder Bastelkeller und wird erst nach und nach schwächer, wenn Kilometer mit den Pneus abgeschrubbt werden. Im Gegensatz zu den GP 5000er-Reifen, produziert Conti den Grand Prix TR jedoch in China – auch ein Grund für den günstigeren Preis.

Der Michelin Pro 5 riecht chemischer, vor allem stechen aber die zahlreichen feinen Gummi-Härchen ins Auge, die sich rundum über den Pneu verteilen. Eine Funktion haben sie nicht, sie entstehen, weil beim Vulkanisierungsprozess Material in die kleinen Entlüftungskanäle der Reifenform gelangt, wo überschüssige Luft und Gummi während der Herstellung entweichen. Je nach Position auf dem Reifen sind die Härchen schnell abgefahren. Michelin produziert den Pro 5 übrigens in Thailand.

Seitenwand des neuen Michelin Pro 5
Moritz Pfeiffer

Gewicht

Minimaler Vorsprung für Michelin: In 32 Millimetern Breite wiegt der Pro 5 383 Gramm – Contis Grand Prix TR bringt 386 Gramm auf die Waage. Das ist so nah beeinander, dass es bereits im Bereich der Fertigungstoleranzen liegt. Beide Reifen sind damit etwas schwerer als Top-Reifen in dieser Breite, liegen aber auf einem Niveau mit den meisten, in der Regel deutlich teureren Allseason-Modellen, wie wir sie in ROADBIKE-Ausgabe 11-12/24 getestet haben.

Montage

Gleichstand auch bei der Montage: Beide Pneus lassen sich mit vertretbarem Kraftaufwand per Hand montieren, Reifenheber wurden bei verschiedenen Laufradmodellen nicht benötigt. Das ist insofern bemerkenswert, weil die Wulstkerne recht stark ausgeprägt sind – das ermöglicht zwar die Tubelessmontage und übrigens auch die Verwendung von beiden Reifenmodellen mit Hookless-Felgen, kann aber – je nach Reifen- und Felgendimensionen – die Montage zusätzlich erschweren. In diesem Fall aber wie gesagt nicht, erfahrene Schrauberinnen und Schrauber bringen die Pneus vergleichsweise stressfrei in Position.

Was die Tubelessmontage angeht, rasteten beide Pneus unter den Hüben einer normalen Standpumpe sofort, mit deutlich hörbarem Knacken und vollständig umlaufend in die Felge ein. Auch die Demontage ging in beiden Fällen einfach, wobei hierfür Reifenheber benötigt wurden. Kleiner Kritikpunkt bei Michelin: Die Prägung auf der Reifenflanke – etwa zu Laufrichtung des Reifens, maximalem Luftdruck oder Produktionsort – ist sehr filigran und entsprechend schwerer zu finden und zu entziffern als bei Conti.

Lauffläche des neuen Michelin Pro 5
Moritz Pfeiffer

Handling

Für die Praxiseindrücke wurden beide Reifen natürlich auf identischen Laufrädern montiert, mit demselben Luftdruck befüllt und sowohl unmittelbar nacheinander auf einer festgelegten Testrunde gefahren, als auch bei längeren Trainingsausfahrten genutzt.

Beide Pneus beschleunigen sehr ordentlich – hier lässt sich seriös kein Unterschied feststellen. Auffällig ist, dass sich Michelins Pro 5 beim Lenken deutlich ruhiger und gemütlicher gibt – Contis Grand Prix TR offenbart hier mehr Temperament und Sportlichkeit.

Rollwiderstand

Vorteil Continental: Der Grand Prix TR rollt subjektiv schneller und hat insbesondere zu seinem direkten Vorgänger – dem bisherigen Grand Prix – einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Anders ausgedrückt: Der Abstand zwischen GP 5000 und Grand Prix ist gefühlt deutlich kleiner geworden, was eine gute Nachricht für Sparfüchse ist – siehe Preisdiskussion weiter oben.

Michelins Pro 5 rollt nicht träge, im direkten Vergleich aber etwas langsamer und offenbart – wie schon beim Handling angemerkt – einen etwas gemütlicheren Charaker.

Komfort & Grip

Vorteil Michelin: Auf Kopfsteinpflaster, Schotter und allgemein etwas schlechterem Asphalt dämpft der Pro 5 Vibrationen etwas besser weg, Contis Grand Prix TR wirkt hier spürbar härter. Das mag auch damit zusammenhängen, dass der Pro 5 allgemein etwas besser am Boden zu kleben scheint – und in punkto Grip etwas mehr zu bieten haben scheint.

Profilansicht des neuen Continental Grand Prix TR
Moritz Pfeiffer

Pannenschutz

In punkto Pannenschutz lässt sich seriös keine Aussage treffen. Genauere Erkenntnisse muss der bereits angesprochene Prüfstandstest liefern, der in ROADBIKE-Ausgabe 07/25 erscheinen wird. Auf unseren Testfahrten hatten wir zumindest mit keinem Modell einen Platten.

Luftdichtigkeit

Hier hat wiederum Continental die Nase vorn: Tubeless montiert (aber ohne Dichtmilch) hielt der Grand Prix TR mehrere Tage lang vorbildlich die Luft, ohne dass nachgepumpt werden musste. Michelins Pro 5 hingegen war hingegen bei identischem Aufbau bereits nach einer Nacht im Keller platt – hier müsste zwingend Dichtmilch verwendet werden.

Fazit

Die beiden neuen Mittelklasse-Rennradreifen von Continental und Michelin liefern sich ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Mal begegnen sie sich auf Augenhöhe, mal liegt der eine Pneu geringfügig vorne, mal der andere. Wer ein eher sportliches Handling und geringen Rollwiderstand sucht, greift zu Contis Grand Prix TR, wer auf Fahrkomfort und ein etwas gemütlicheres Handling Wert liegt, sollte sich Michelins Pro 5 einmal genauer anschauen. Geschmackssache!

Als unverbindliche Preisempfehlung nennen beide Hersteller 61,95 Euro, am Markt sind sie zum Teil für unter 40 Euro zu haben – und damit deutlich günstiger als mancher Top-Reifen. Verstecken brauchen sich die beiden Mittelklasse-Newcomer indes nicht – gute Nachrichten für Sparfüchse.

Wulstkerne der beiden neuen Rennradreifen von Continental und Michelin
Moritz Pfeiffer