Die Tour de Romandie Féminin sollte in diesem Jahr nicht nur sportlich spannend werden, sondern auch technisches Neuland betreten. Die UCI hatte geplant, während der drei Etappen erstmals ein GPS-basiertes Sicherheitssystem im Frauen-Straßenradsport zu testen. Jede Mannschaft sollte eine Fahrerin benennen, deren Rad mit einem 63 Gramm leichten Tracker ausgestattet wird.
Ziel des Tests
Hintergrund ist unter anderem der furchtbare Unfalltod von Muriel Fuhrer bei der WM in Zürich im Herbst letzten Jahres. Die Geräte könnten im Ernstfall Rennleitung, Mediziner und UCI-Kommissäre in Echtzeit über den Standort einer Fahrerin informieren – ein System, das künftig bei Stürzen oder medizinischen Notfällen wertvolle Sekunden sparen soll. Der Test sei nicht nur für die Sicherheit relevant, sondern auch als Generalprobe für die Straßen-WM 2025 in Kigali gedacht, wo alle Fahrerinnen und Fahrer damit ausgerüstet werden sollen.
Doch nicht alle zogen mit, wie die UCI erklärte: Fünf WorldTour-Teams – darunter Lidl-Trek, Canyon//Sram, EF Education–Oatly, Team Visma Lease a Bike und Team Picnic PostNL – hätten die Teilnahme verweigert. Laut UCI seien sie damit automatisch von der Startliste gestrichen worden. Offiziell wird von "Nichtbefolgung der spezifischen Rennregeln" gesprochen.

Die Tour de Romandie Féminin startete mit einem Zeitfahren, vorher wurden jedoch fünf Top-Teams vom Start ausgeschlossen.
Hintergrund des Konflikts
Laut der offiziellen Pressemitteilung weist die UCI darauf hin, dass die meisten ausgeschlossenen Mannschaften zur Velon-Organisation gehören. Velon sei "owner of its own data transmission system and is working on the development of its own GPS tracking system" (Quelle: UCI-Pressemitteilung, Abschnitt "It should be noted…"). Daraus könnte sich ableiten lassen, dass neben sicherheitsrelevanten Fragen auch technologische und wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen. Dieser Aspekt ist allerdings nicht offiziell bestätigt und bleibt daher eine Annahme.
Für die UCI ist die Entscheidung der Teams ein Rückschlag. Der Verband betont seit Jahren, dass Sicherheit oberste Priorität habe. GPS-Tracking gilt als möglicher Gamechanger, gerade bei Rennen mit langen und unübersichtlichen Strecken. Die Tour de Romandie Féminin mit ihren drei unterschiedlichen Etappenformaten – Einzelzeitfahren, Punkt-zu-Punkt-Strecke und Rundkurs – wäre aus Sicht der UCI ideal gewesen, um das System unter realen Bedingungen zu erproben.
Lidl-Trek äußerte sich folgendermaßen auf X zu der Entscheidung der UCI:
Beobachter könnten hinter dem Eklat daher einen Machtkampf zwischen der UCI und Velon vermuten. Velon verfüge über ein eigenes Tracking-System, das bereits bei einigen Rennställen im Einsatz sei. Entsprechend hätten diese Mannschaften wohl ungern das von der UCI vorgesehene System übernehmen wollen. Leidtragende dieser Auseinandersetzung seien am Ende die Fahrerinnen, die nicht an den Start gehen dürfen.
Ob der Streit nun ein Einzelfall bleibt oder die Einführung der Technologie im Profiradsport verzögern wird und ob alle Parteien an einem Strang ziehen, muss sich spätestens im September bei der WM in Kigali klären.