Rennorganisator: "Cyclocross profitiert auch vom Gravel-Boom"

Cyclocross-Rennserie NRW-Cross-Cup
„Cyclocross profitiert vom Gravelboom“

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Veröffentlicht am 28.08.2024
Teilnehmer eines Cyclocross-Rennens in Lünen
Foto: Carsten Arnold

Die Rennradsaison biegt langsam auf die Zielgerade ein, was bedeutet: Die Cyclocross-Zeit kommt näher. Auch 2024/25 gibt es wieder zahlreiche Rennen für Fans von Sandbunkern, Schlamm und Hindernissen. Immer beliebter werden dabei Rennserien, die mehrere Events zusammenfassen und eine Gesamtwertung anbieten. Neben der bundesweit ausgetragenen Cyclocross Bundesliga presented by BikeBeat, die bereits am 7. September mit dem Rennen in Bensheim startet, gibt es zahlreiche regionale Rennserien (siehe Liste am Ende des Artikels).

Stellvertretend haben wir mit Stephan Rokitta gesprochen, dem Organisator des Bombtrack NRW-Cross Cup powered by Schwalbe & Bike-Components.

Interview Stephan Rokitta

ROADBIKE: Wie lange gibt es Eure Rennserie schon?

Stephan Rokitta: Die erste Austragung des NRW-Cross-Cups fand in der Cross-Saison 2017/18 statt und führte über vier Läufe. Der allererste Lauf überhaupt wurde in Dorsten ausgetragen, die weiteren Läufe fanden in Radevormwald, Hürth-Kendenich und Pulheim statt. Dies waren quasi die "Gründungsrennen" des Bombtrack NRW-Cross-Cups. Seinerzeit gab es nur noch vereinzelte Crossrennen im Radsportverband Nordrhein-Westfalen, obwohl es hier eine sehr lange und erfolgreiche Tradition im Querfeldeinsport gibt. Die Cross-Legenden und ehemaligen Weltmeister Rolf Wolfshohl (Köln) und Klaus-Peter Thaler (Gevelsberg) stammen beispielsweise beide aus Nordrhein-Westfalen. Mit dieser Serie sollte der Querfeldeinsport wiederbelebt werden, diese Idee haben wir dann mit viel Erfolg in NRW aufgegriffen und umgesetzt.

Stephan Rokitta vom Radsportverband Nordrhein-Westfalen
privat
Wie hat sich die Serie in den letzten Jahren entwickelt?

Erfreulicherweise sehr gut! Während wir bei den ersten Austragungen zwischen 150 und 200 Teilnehmern pro Lauf am Start begrüßen konnten, entwickelte sich ein wahrer Cross-Boom in NRW. Inzwischen fanden sogar Läufe mit rund 400 Teilnehmern statt, der Rekord liegt gar bei 478 in der Spitze, und der Durchschnitt liegt mittlerweile bei über 300 Starterinnen und Starter. Dabei haben wir nicht nur Teilnehmer aus Nordrhein-Westfalen, sondern aus dem gesamten Bundesgebiet und regelmäßig auch aus den angrenzenden Nachbarländern wie zum Beispiel den Niederlanden, Belgien und Luxemburg. Teilweise waren sogar schon Teilnehmer aus der Schweiz und Tschechien dabei. Manche Crosser, die in den weiter entfernten Bundesländern zu Hause sind, nutzen den Bombtrack NRW-Cross-Cup als Ziel für ein Cross-Wochenende in Nordrhein-Westfalen.

Vor dem Start eines Cyclocross-Rennens
Chris Planetenpuls

Auch was die Anzahl der Läufe und der Rennklassen betrifft, haben wir einen tollen Zuwachs. Ausgehend von ursprünglich vier Läufen hatten wir zwischenzeitlich bis zu neun Läufen pro Saison im Cup. In der kommenden Saison 2024/25 sind nun sechs Läufe geplant. Dazu zählen auch die Landesverbandsmeisterschaften, die am 27. Oktober in Emsdetten ausgetragen werden. Auch die gewerteten Alters- und Rennklassen wurden aufgrund der steigenden Teilnehmerzahlen von ursprünglich 13 verschiedenen Rennklassen auf jetzt 24 Rennklassen ausgeweitet. Von den Kinderklassen bis zu den Masters 4, von Hobby bis zur Elite – ein Renntag beim NRW-Cross-Cup deckt alles ab und verspricht Spannung und Spaß, auf und neben der Rennstrecke.

Terminübersicht NRW-Cross-Cup 2024
Bombtrack NRW-Cross-Cup
Welche Radfahrer zieht der Cup an, ausschließlich reine Cyclocrosser?

Die Bandbreite der Teilnehmer reicht von den Jüngsten im Alter von um die 10 Jahre bis hin zum Senior über 70 und vom absoluten Anfänger über den ambitionierten Breitensportler bis hin zum Lizenzrennfahrer. Für die Teilnahme braucht es – je nach Rennklasse – auch kein Cyclocrossrad: Bei den Hobbyrennen kann man bis zum 18. Lebensjahr auch mit Mountainbikes mitmachen, danach gehen aber auch Gravelbikes und Reifen, die breiter sind als die cross-spezifischen 33 Millimeter. Und auch bei den Nachwuchslizenzklassen sind bis zur U17 MTBs erlaubt. Daher zieht der Bombtrack NRW Cross-Cup viele verschiedene Radsportler an! Solche, die ambitioniert aufs Ergebnis schauen und ganz vorne landen wollen, andere, die einfach gerne im Gelände fahren und entweder schon über die Fahrtechnik verfügen oder diese auch über die Rennen verbessern wollen. Der Event- und Renncharakter ist mit Sicherheit auch eine Motivation, im Winter zu trainieren. Wir stellen dabei immer wieder fest, dass auch eingefleischte Straßenrennfahrer aufs Crossrad wechseln und beim Bombtrack NRW-CrossCup an ihrer Fahrtechnik feilen und an ihrer Form für die folgende Straßensaison arbeiten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
Wie schätzt du die Bedeutung von Rennserien für den Cyclocross-Sport ein?

Rennserien erhöhen die Sichtbarkeit eines Crossrennens. Natürlich heißt das nicht, dass Crossrennen, die keiner Serie angehören, "schlechter" wären – ich bin dankbar für jedes Rennen, zumal ja extrem viel ehrenamtliche Arbeit hinter einer Rennorganisation steckt. Aber jeder Verein, der ein Crossrennen veranstaltet, muss auch schauen, dass am Ende neben der vielen Arbeit auch ein paar Euro in der Vereinskasse für die Mitglieder und Helfer hängen bleiben. Wenn ein Rennen auf Dauer nur ein Verlustgeschäft für einen ausrichtenden Verein ist, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Vereinsmitglieder das Interesse verlieren und eine solche Veranstaltung wieder verschwindet. Mit der Zugehörigkeit zu einer Rennserie wird dieses Risiko deutlich reduziert. Die Aktiven profitieren ebenfalls, weil es mehr Möglichkeiten gibt, an Crossrennen teilzunehmen. Und eine Rennserie steigert auch die Motivation, bei möglichst vielen Events zu starten und in der Gesamtwertung aufzutauchen.

Bei einem Cyclocross-Rennen des NRW Cross-Cups
Christian Siedler

Konkret für unsere Serie kann ich sagen: Der Bombtrack NRW-Cross-Cup fördert neue Veranstaltungen und bietet großen Talenten eine Plattform. Als Beispiel sei hier das Cross-Rennen in Radevormwald genannt, eines der Gründungsrennen des NRW-Cross-Cups. Die Veranstaltung ist als kleines Event gestartet, Anfang 2024 wurden dann dort die Deutschen Meisterschaften im Cyclocross ausgerichtet! Oder die deutschen Cross-Nationalfahrer Jonas Köpsel und Silas Koech – beide haben ihre Cross-Karrieren in den Hobbyrennen des Bombtrack NRW-Cross-Cups begonnen. Inzwischen gehören sie zu den deutschen Top-Crossern bei internationalen Weltcups und nehmen für Deutschland an Welt- und Europameisterschaften teil.

Wie hat sich Cyclocross in Zeiten des großen Gravel-Hypes der letzten Jahre entwickelt, gibt es Berührungspunkte oder eine gemeinsame Affinität?

So mancher Teilnehmer, der nicht ursprünglich aus dem Cyclocross-Bereich kommt, hat den Weg über das Gravel-Rad gefunden. Es besteht definitiv eine gemeinsame Affinität zwischen dem Cyclocross- und Gravel-Bereich, diese liegt einfach in der Freude am Radsport im Gelände. Es sind viele Ähnlichkeiten vorhanden, sodass der Sprung vom Gravel-Rad zum Crossrad nicht groß ist. Daher profitiert auch der Bombtrack NRW-Cross-Cup vom Gravel-Hype.

Teilnehmer eines Cyclcross-Rennens
Christoph Klaßen
Was macht konkret Euren Cross-Cup aus, worin unterscheidet er sich zu andern Cyclocross Rennserien?

Natürlich geht es bei jeder Rennserie um Siege und Platzierungen. Aber wir bezeichnen den Bombtrack NRW Cross-Cup gerne auch als "Cup der guten Laune". Das heißt, wir fördern mit dem Cup die sportliche Entwicklung im Cross-Sport und besonders den Nachwuchsbereich, aber wir möchten auch Spaß und Freude am Cross-Sport vermitteln. Schon allein das gemeinsame Erlebnis in der Kälte, in der Nässe oder im Matsch schweißt zusammen. Jeder der durchgehalten hat, ob als Erster oder als Letzter, kann von sich sagen: Ich habe den Widrigkeiten getrotzt! Statt auf der Couch vor dem warmen Ofen zu liegen, habe ich mit Freunden beim Crossen einen tollen Tag im Gelände verbracht. Und dabei auch noch Sport getrieben und etwas für meine Gesundheit getan. Und danach kann bei Kaffee und Kuchen oder einem gepflegten Bierchen über das Erlebte gefachsimpelt werden. Das alles bringt nicht nur gute Laune, sondern auch ein Glücksgefühl und Lust auf mehr. Wir bringen die Cross-Gemeinschaft zusammen. Über die Jahre haben sich viele Freundschaften unter den Teilnehmern, aber auch unter den Betreuern und den Familien der Teilnehmer entwickelt. Das ist sehr familiär, man kennt sich und freut sich schon jetzt auf das Wiedersehen beim nächsten Lauf. Daher spielt gerade auch das Persönliche eine große Rolle und es geht nicht immer nur darum, möglichst als Erster über die Ziellinie zu fahren.

Teilnehmer eines Cyclocross-Rennens im Sandbunker
Kevin Kaup

Eine Besonderheit ist zudem, dass schon namhafte Straßenprofis bei unseren Rennen mitgefahren sind. So konnten wir bereits Nils Politt, Andre Greipel, Ben Zwiehoff, Juri Hollmann und Marcel Wüst bei Läufen zum NRW-Cross-Cup als Teilnehmer begrüßen. Auch die Cross-Legende Klaus Peter Thaler war im vergangenen Jahr bei einem Lauf des Cups am Start. Vor einigen Jahren begleitete Mehrfachweltmeister Rolf Wolfshohl den ganzen Tag über die Gesamtsiegerehrungen und stand für Gespräche und Fotos bereit. An der Strecke können wir auch immer wieder mal interessierte Profis und überregional bekannte Radsportler als Zuschauer begrüßen. Das macht natürlich auch eine gewisse Faszination aus: Solche bekannten Persönlichkeiten zu treffen, auf dem Rundkurs immer wieder vorbeiflitzen zu sehen und anfeuern zu können – oder als Teilnehmer mit ihnen und gegen sie zu fahren!

Andre Greipel und Nils Politt bei einem Cyclocross-Rennen
Peter Bock
Wie seht Ihr die Zukunft des Cyclocross-Sports, und was ist die konkrete Zielsetzung für Eure Rennserie?

Cyclocross entwickelt sich insgesamt positiv, auch dank prominenter Fahrer wie Mathieu van der Poel und Wout van Aert. Sollte Cyclocross tatsächlich, wie kolportiert, zu den Olympischen Winterspielen 2030 zu einer olympischen Disziplin werden, würde das die Sportart natürlich auch nochmal weiter pushen. Dazu trägt auch bei, dass seit einiger Zeit Cyclocross in TV-Beiträgen immer präsenter und damit öffentlich viel besser wahrgenommen wird. Das steigert natürlich das Interesse am Cyclocross, so gewinnt man neue Fans.

Teilnehmer eines Cyclocross-Rennens
Christian Siedler

Den Bombtrack NRW-Cross-Cup sehen wir als Langzeitprojekt und sind mit der Entwicklung und dem Status quo sehr zufrieden. Wir haben ein tolles und erfolgreiches Konzept für den Cup entwickelt und umgesetzt, dass wir im Wesentlichen so fortführen möchten. Sicherlich besteht immer die Möglichkeit zu Verbesserungen, sodass man hier und da Ansätze für Veränderungen findet. Natürlich ist unser Bestreben, den Teilnehmerkreis auszubauen und weitere Freunde für den Cross-Sport zu gewinnen. Aber hier setzen wir auf ein gesundes und nachhaltiges Wachstum, schließlich möchten wir noch möglichst lange den Bombtrack NRW-Cross-Cup erfolgreich veranstalten.

Cyclocross-Rennserien in Deutschland 2024/25

Cyclocross-Bundesliga presented by BikeBeat (bundesweit, 10 Rennen)

Stevens Cyclocross-Cup (Norddeutschland, 14 Rennen)

Stadler Weser-Ems-Cup (Norddeutschland, 8 Rennen)

Elektroland24.de Cyclocrosscup pb Wahoo (Südwestdeutschland, 6 Rennen)

Gunsha Cross Challenge (Mitteldeutschland, 8 Rennen)

Trek Cyclocrossserie (Hamburg, 5 Rennen)

Stephan Rokitta und Manuel Schürholz - zwei von vielen Verantwortlichen aus dem Organisationsteam des NRW Cross-Cups
privat