Rund 15 Jahre ist es her, dass Tubeless seinen Siegeszug antrat. Zwar gab es bereits ab 1999 das von Mavic, Michelin und Hutchinson erfundene und später auch von Shimano genutzte, schlauchlose "UST"-System. Dieses konnte sich aber aufgrund des sehr hohen Reifengewichts nicht durchsetzen. Erst die Milch machte es dann! Das Prinzip: Eine Dichtflüssigkeit (auch Dichtmilch genannt) wird in den Reifenmantel gefüllt und dichtet diesen dann von innen ab, wodurch die Reifenmäntel selbst nicht absolut dicht und damit leicht sein können. Möglich machen dies kleine Partikel in der Flüssigkeit. Letztere waren zunächst auf synthetischer Latex-Basis, inzwischen gibt es umweltfreundlichere Alternativen.
Hauptvorteil von Tubeless-Systemen ist der erhöhte Pannenschutz. Buchstäblich platt gesagt: Was nicht da ist (also der Schlauch), kann auch nicht kaputt gehen. Die gefürchteten "Snakebites" nach Durchschlägen sind also passé. Zudem vermögen es die Partikel, kleine Löcher bis um circa 5 mm Durchmesser, wie sie etwa nach einem Dornendurchstich passieren, selbst abzudichten. Größere Löcher lassen sich mit Tubeless-Plugs ("Salamis") relativ einfach schließen. Da eine Milchfüllung weniger wiegt als ein Standardschlauch, kann Tubeless auch das Gewicht der rotierenden Masse senken. Schlussendlich fällt die Walkarbeit zwischen Schlauch und Mantel weg. Diese benötigt Energie, die quasi von der Trittleistung abgezogen wird. Anders gesagt: Ein schlauchlos montierter Reifen rollt mit geringerem Widerstand.
Was gegen Tubeless spricht, ist der erhöhte Aufwand vor allem bei der Erstinstallation. Viele scheuen zudem die "Schweinerei" in der Werkstatt, die etwa durch verschüttete oder überlaufende Milch entsteht. Mit unserer Schritt-für-Schritt-Anleitung in Zusammenarbeit mit den Experten von Silca zeigen wird dir, wie das Umrüsten zum einen zuverlässig, zum anderen sauber funktioniert.
Diese Produkte brauchst du für den Tubless-Umbau

Für den Umbau ist ein Tubeless-Kit nötig, das aus passendem Dichtband, Dichtflüssigkeit, Ventilen und Ventilkern-Tool besteht. Das gibt es auch alles einzeln. Zudem benötigst du Entfetter (oder Isopropanol), eine Schere und/oder ein Messer sowie eine Standpumpe (ggf. mit Tubeless-Booster, alternativ Kompressor). Reifenheber sind optional, eine Spritze mit Schlauchkanüle ist praktisch.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: So funktioniert der Tubeless-Umbau
Ein Tubeless-Umbau an deinem Fahrrad bietet viele Vorteile, wie z.B. einen besseren Pannenschutz, weniger Rollwiderstand und weniger Gewicht. Hier ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie du deine Laufräder von einem herkömmlichen Setup mit Schlauch auf Tubeless umrüstest.
Milch entfernen oder erneuern

Ein Nachteil von Tubeless-Aufbauten ist, dass die Dichtflüssigkeiten nicht ewig halten. Ganz im Gegenteil, nach zwei bis drei Monaten fangen sie oft bereits an zu verhärten. Einige Mittel neigen wiederum dazu auszudampfen und wässrig zu werden. Je nach äußeren Bedingungen (Temperatur, Sonneneinstrahlung usw.) kann der Alterungsprozess kürzer oder länger dauern. In der Regel wird der Reifen dadurch nicht undicht, er verliert aber seine „Selbstheilungseigenschaften“, kann also einen Durchstich nicht mehr abdichten. Daher sollte die Flüssigkeit regelmäßig entfernt (etwa mit dem Silca Sealant Remover, 24 Euro, 473 ml) und erneuert werden. Eine Alternative ist der Ultimate Tubeless Sealant Replenisher (49 Euro, 946 ml), der verhärtete Milch „auffrischt“.
Im Interview: Silca-CEO Josh Poertner
MOUNTAINBIKE: Bietet ein Tubeless- Aufbau in der Praxis auch für "Otto-Normal"-Bikerinnen und -Biker wirklich mehr Vorteile im Gegensatz zum guten alten Schlauch?Josh Poertner: Vor zehn Jahren hätte ich "Nein" gesagt, aber die Technologie an sich ist inzwischen so gut, dass es ein klares "Ja" ist. Die Qualität von Reifen und Dichtmitteln ist so weit fortgeschritten, dass heute die geschmeidigsten, am schnellsten rollenden und griffigsten Reifen für schlauchlos optimiert sind. Die Dichtmittel sind zudem in der Lage, mindestens 90 Prozent der üblichen Reifenpannen zu verhindern, was ein schnelleres, effizienteres Biken mit weniger Ablenkungen und Problemen am Wegesrand bedeutet.
Wir verwenden einen Naturlatex, der schneller versiegelt als ein synthetischer Latex, und wir verwenden ihn in einer höheren Konzentration als die meisten Marken, damit er größere Löcher besser abdichtet. Wir fügen zudem eine recycelte Kohlefaser zusammen mit einem Schaummittel hinzu, das es den Kohlefasern ermöglicht, im Schaum zu schweben, während sich der Reifen dreht. Wenn du eine Panne bekommst, fließen die Blasen im Schaum zur Punktion, wobei die enthaltenen Fasern zusammenbrechen und an der Lochstelle eine Ansammlung bilden. Dies hat zur Folge, dass aus einem großen Loch Hunderte von winzigen Löchern zwischen den Fasern werden, die das Dichtmittel dann besser verschließen kann. Sobald das Dichtmittel ausgehärtet ist, dienen die Faseransammlung und das ausgehärtete Dichtmittel dann dazu, die Reifenkarkasse im Bereich der Reifenpanne zu verstärken, sodass es viel unwahrscheinlicher ist, dass sie sich in Zukunft wieder öffnet.

Silca-CEO Josh Poertner kennt sich mit Tubless & Co. bestens aus.
Am einfachsten ist es natürlich, das Bike in die Werkstatt zu einem geübten Mechaniker zu bringen, der im Umgang mit Tubeless in der Regel viel Erfahrung besitzt. Alternativ kann man etwas Zeit auf Youtube verbringen und sich etwa unsere Tutorials anschauen. Was die Reinigung betrifft, so ist Latex nicht das Monster, das viele denken. Wir empfehlen, den Großteil der ausgetretenen, überschüssigen Flüssigkeit zuerst abzuwischen und dann zu entsorgen. Reste auf dem Boden oder der Werkbank kannst du dann mit Wasser bestreichen. Das Wasser lässt die Dichtflüssigkeit zu einer Haut aushärten, die dann abgezogen werden kann. Für größere Verschüttungen oder bereits ausgehärteten Latex haben wir aber auch einen speziellen Dichtmilch-Entferner entwickelt, der eine Technologie enthält, welche die chemische Bindung zwischen dem Latex und den meisten Oberflächen aufbricht. Den Entferner sprüht man einfach auf die Verschüttung, wartet ein paar Minuten ab – und kann das Ganze dann abziehen. Für Kleidung lässt sich der Sealant Remover übrigens ebenfalls nutzen: aufsprühen, eine kleine Bürste verwenden, fertig.
Unser Dichtstoff hält zwei bis drei Monate, bevor man ihn auffüllen beziehungsweise erneuern muss. Aber auch da haben wir eine alternative Lösung. Sobald die Flüssigkeit anfängt einzudicken, kann man den Sealant Replenisher hinzufügen. Dieses Auffrischungsmittel erweckt die Dichtflüssigkeit für weitere zwei bis drei Monate neu zum Leben. Bei kontinuierlichem Nachfüllen hält das Dichtmittel sogar die gesamte Lebensdauer des Reifens.
Ja, der bereits angesprochene Dichtmittelentferner kann auch helfen, sowohl nasses als auch hartes Dichtmittel aus dem Reifen zu entfernen. Ist das Dichtmittel im Reifen ausgehärtet, lässt es sich in der Regel aber auch recht einfach von Hand herausziehen. Wenn es noch flüssig ist, kann man es mit Wasser ausspülen und dann die restlichen Stücke herausschälen, die ausgehärtet und zurückgeblieben sind.