Lage: Der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald umfasst 3500 km2 und erstreckt sich über Hessen, Baden-Württemberg und zu einem kleinen Teil auch Bayern. Er liegt ca. 70 km südlich von Frankfurt, 120 km nordwestlich von Stuttgart und ca. 360 km von München entfernt.
Beste Reisezeit: von April bis Oktober.
Anreise Auto: von Süden über die Autobahn A 5, Ausfahrten Weinheim, Heppenheim, Bensheim, Zwingenberg.
Anreise Bahn: Mit dem ICE bis Darmstadt, Bensheim oder Mannheim. Per S-Bahn weiter nach Lorsch.
Bike-Verleih und Guiding: Bei Odenwaldbike in Lorsch werden Bikes verliehen und geführte Touren angeboten. Tel. 06251/8540582, www.odenwaldbike.de
Einkehrtipps: In der Waldgaststätte „Alt-Lechtern“ gibt es Gerichte der regionalen Küche und hausgemachte Spezialitäten wie Kochkäse. Altlechtern 1, 64658 Fürth, Tel. 06253/3150. www.altlechtern.de. Im „Toscana Bistro“ lockt ab und zu Livemusik. Kaffee und Kuchen genießt man hier im historischen Innenhof. Obergasse 9, 69488 Birkenau, Tel. 06201/33450, www.toscana-bistro.de
Übernachtung: Wald-Michelbach: Hotel-Restaurant Kreid acher Höhe, vier Sterne, gute Anbindung zu allen MTB-Strecken, Baumkronen-Kletter-Erlebnis-Hochseilpark im Bau, Tel. 06207/92220, www.kreidacher-hoehe.de. Rimbach: gute Küche und entspannender Wellnessbereich, Tel. 06253/981800, www.berghof.de
Tourentipps: Auf der Seite vom Geo-Naturpark gibt es ein Streckennetz, und es lassen sich die Daten von verschiedenen Rundkursen downloaden. www.mtb-geo-naturpark.de
Karte: Wanderkarten des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald, Topographische Freizeitkarten TF 20, Maßstab 1:20000
Bikepark: Bikepark Beerfelden, Öffnungszeiten von April bis Ende Oktober, Eberbacher Weg 180, 64743 Beerfelden, Tel. 06068/47329, www.bikepark-beerfelden.de
Info: www.odenwald.de
Touren
Odenwald-Reportage: Nibelungen-Wald
Es ist Donnerstagabend, Zeit für Feierabendbier in meiner Stammkneipe in Frankfurt. Ich frage in die Runde, ob es ein lohnendes Bike-Ziel in der Nähe gibt, bei dem nicht schon durch die Anreise das halbe Wochenende verloren geht. „Warst du denn noch nie im Odenwald?“ so die prompte Reaktion. Auf mein Achselzucken folgt umgehend ein Schwall an Informationen: Nur etwa 40 Kilometer von meiner Studentenbude entfernt, wartet ein Mountainbike-Paradies mit Trails und Touren durch Traumnatur!
Als Unesco-Geopark erstreckt sich der Odenwald mit 3500 Quadratkilometern über das Dreiländereck Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. 37 seiner Gipfel erreichen Höhen von etwa 500 Metern. Auch geschichtlich ist die Gegend spannend: Die Überreste des Homo heidelbergensis, des ältesten Mitteleuropäers, wurden hier gefunden. Auch ein dramatischer Teil der Nibelungensage hat sich hier abgespielt. Der Verräter Hagen von Tronje durchbohrte aus dem Hinterhalt mit einem Speer die durch Drachenblut unverwundbare Haut Siegfrieds an der durch ein Lindenblatt einzig ungeschützten Stelle. Sagenhaft, dass gleich mehrere Gedenkstätten den Namen Siegfriedquelle tragen!
Nach etwas Internetrecherche und 45 Minuten Autofahrt stehe ich am Samstagmorgen startklar mit meinem Bike vor der Zentrale des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald in Lorsch. Hier werde ich mit gutem Kartenmaterial versorgt und erhalte von den Jungs im Fahrradverleih nebenan zusätzlich auch noch einige Tipps und Tourenvorschläge. Los geht‘s! Die ersten 15 Kilometer verlaufen ohne Anstrengungen in der Ebene. Rechter Hand nähert sich der Melibokus, der mit seinen 517 Metern von unten schon ziemlich beeindruckend wirkt. Dann will der erste Anstieg in Angriff genommen werden – gut, wenn man sich ordentlich warm gefahren hat! Und noch besser, wenn man weiß, dass die Ankunft auf dem Berg von einem Aussichtsturm mit herrlichem Blick ins Tal versüßt wird.
Himmel, ist das steil hier! Damit hatte ich nicht gerechnet. Doch die Landschaft mit ihren schönen Ausblicken lenkt vom zähen Pedalieren ab, und im Nu habe ich mir eine erste Abfahrt verdient. Über flowige, nur stellenweise technische Trails führt die Route durch den Wald und an Wiesenrändern entlang. An Hügeln mangelt es nicht, bald haben die Beine 1000 Höhenmeter intus und die Lunge jede Menge frische Luft . Andere Biker und Wanderer zeigen sich kaum, und so verlieren sich die Gedanken in der Stille der Natur. Wahnsinn! Mit einem Traumrevier derart nah an der Rhein-Neckar-Region hatte ich nicht gerechnet. Doch die vielen Wanderwege auf der Karte beweisen, dass andere den Odenwald schon für sich entdeckt haben.
Besonders beliebt ist der Nibelungensteig. Dieser Wanderweg führt von der Bergstraße auf 124 Kilometern und 4000 Höhenmetern bis Freudenberg am Main – überwiegend auf naturbelassenen Pfaden. Teilweise ist er auch mit dem Bike befahrbar.Besonders beliebt ist der Nibelungensteig. Dieser Wanderweg führt von der Bergstraße auf 124 Kilometern und 4000 Höhenmetern bis Freudenberg am Main – überwiegend auf naturbelassenen Pfaden. Teilweise ist er auch mit dem Bike befahrbar.
Warum fällt mir plötzlich ein, dass der Konditorenweltmeister ein Odenwälder ist? Jedenfalls läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Vor lauter Freude an diesem Bike-Revier habe ich völlig vergessen, eine Pause einzulegen! Jetzt machen sich allerdings die Muskeln bemerkbar, und der Magen schreit nach Nahrung. Im Biergarten fällt die Wahl auf eine deft ige lokale Spezialität: ein „Kochkäseschnitzel“, ein paniertes Schnitzel, das mit erwärmtem Käse übergossen wird.
Frisch gestärkt geht es weiter durch den farbenfrohen Mischwald, vorbei an einzigartigen Naturphänomenen. Eins davon ist das Felsenmeer im Lauertal – ein Muss für jeden Odenwaldbesucher! Es handelt sich um eine Felsenlandschaft , die durch sogenannte Wollsackverwitterung entstanden ist. Chemische und physikalische Prozesse haben hier die Kanten des Granits abgerundet. Die Felstürme sehen aus wie aufeinandergestapelte Kissen oder Matratzen – zu bestaunen auf fast einem Kilometer Länge und 250 Höhenmetern.
Doch nicht nur die Spuren der Verwitterung sind zu bewundern, sondern auch die der Römer. Die haben vor etwa 2000 Jahren den Granit gebrochen und Werkstücke hergestellt. Rund 300 davon sind noch heute da, eines davon die Riesensäule, gut 39 Meter lang und geschätzte 29 Tonnen schwer. Faszinierend: Menschen haben solche Brocken einst bewegt und teilweise bis nach Trier, zum Bau der Porta Nigra, transportiert! Wer sich nicht scheut, ein wenig zu klettern, der kann hier jede Menge Spannendes entdecken.
Doch dann geht es weiter – ich bin schließlich zum Biken hier! Trotzdem halte ich immer wieder an besonders schönen Stellen an. Die Ruhe im Wald tut gut, und die Orientierung fällt leicht, denn die Strecke ist prima ausgeschildert. Von jedem Bergkamm aus lässt sich die Region und vor allem die Rhein-Ebene gut überblicken. Unten gut zu erkennen ist die so genannte Bergstraße, ein etwa 83 Kilometer langer, recht fl ach verlaufender Radweg zwischen Darmstadt und Heidelberg, der an zahlreichen Sehenswürdigkeiten vorbeiführt.
Wow! Was für eine Abfahrt! Der nächste abenteuerliche Trail fordert volle Konzentration. Rasend schnell geht es bergab, verwurzelte Passagen, Absätze und Steinfelder inklusive. Völlig aus der Puste erreiche ich das Trailende und drehe mich um. Spiele mit dem Gedanken, das Ganze zu wiederholen, besinne mich jedoch darauf, dass sicherlich noch mehr solcher Überraschungen warten. Da erscheinen plötzlich doch noch weitere Mountainbiker. „Na, gefällt dir unser Feierabendtrail?“ werde ich gefragt, – und eingeladen, sie auf eine letzte Abfahrt zu begleiten.
Berauscht und noch voller Adrenalin folge ich im Anschluss der Straße nach Bensheim. Gleich nächstes Wochenende will ich wiederkommen und hoffe, meinen Freund mit ausgiebigen Schwärmereien für eine gemeinsame Tour zu begeistern. Und noch eine grandiose Idee kommt mir auf der Rückfahrt: Beim nächsten Stammkneipentreffen werde ich den Kumpels eine Mehrtagestour im Odenwald vorschlagen..




