Im Test: Reichmann Senduro

Bikes „Made in Germany“
Test: Reichmann Senduro

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Zuletzt aktualisiert am 18.07.2023

Das hat uns gefallen:

 sehr viele Einstellmöglichkeiten

 extrem laufruhig

 antriebsneutral im Uphill

 maximal potentes Fahrwerk

 "krasse" Optik

Das hat uns nicht gefallen:

 extrem hohes Gewicht

 steiler Sitzwinkel ist Geschmacksache

 kurzes Oberrohr

 kein Flaschenhalter möglich

Downhiller und Ingenieur Mathias Reichmann baut seit mehr als zwölf Jahren Rahmen – genauer gesagt, er lässt sie bauen. Denn Reichmann gibt die Schweißarbeit in erfahrene Hände ab. Ingo Müller aus Karlsruhe kümmert sich um die Herstellung. Geometrie und Kinematik zeichnet Reichmann in Immenstaad am Bodensee wiederum selbst. Das erste Werk des hauptberuflich als Fahrwerksentwickler in der Kfz-Branche tätigen Ingenieurs war das Downhill-Bike RIP. Das markante Bike gibt es bereits in der fünften Entwicklungsstufe. Jetzt will Reichmann mit dem Senduro auch im Enduro-Segment Fuß fassen. Das Ziel: die DNA des Downhillers weitestgehend auf das Enduro zu übertragen, dabei aber gute Uphill-Eigenschaften zu gewährleisten. Mit Blick auf Federweg und Geometrie scheint Letzteres aber dennoch eine untergeordnete Rolle zu spielen. Stolze 195 mm Heckfederweg stehen zur Verfügung, vorne pariert Reichmann diesen mit der exotischen Italo-Gabel EXT Era mit ebenbürtigen 190 mm Hub. Der aufwendige siebengelenkige Hinterbau funktioniert ähnlich wie ein VPP-Heck. Das Senduro soll so eine konstant ansteigende Progression bieten, die zudem in drei Stufen am oberen Link verstellt werden kann. Apropos: Die drehbare, tauschbare Dämpferaufnahme vorne ermöglicht es, auf Mullet umzubauen oder einen kürzeren Dämpfer zu fahren und so "nur" 170 mm Hub aus dem Heck herauszukitzeln. Ein Flip- Chip ermöglicht es zudem, zwischen superflacher Geo oder einer mit etwas höherem Tretlager, für bessere Pedalierbarkeit, zu wählen. Außerdem ist die Hinterbaulänge in drei Stufen von 440 (nur mit 27,5") bis 460 mm verstellbar. Eine weitere Besonderheit kann optional bei Reichmann geordert werden. Über einen patentierten Steuersatz kann man den (Gabel-)Offset um +/– 4 mm variieren. Die vielen Features trösten vielleicht darüber hinweg, dass im Rahmendreieck kein Platz mehr für eine Trinkflasche geblieben ist.

Viel wichtiger ist aber, dass die Performance auf dem Trail stimmt. Beim ersten Aufsitzen fällt der extrem steile Sitzwinkel von fast 80° auf! Man tritt deutlich von vorne-oben herab – was Geschmacksache ist. Zudem ist das Oberrohr sehr kurz gezeichnet, was eine kompakte Sitzposition mit sich bringt. Bergauf tritt sich das antriebsneutral agierende Senduro trotz des brachialen Gewichts von 17,5 Kilo erstaunlich gut. An Sprints sollte man aber selbst als gut trainierter Endurist keine Gedanken verschwenden. Richtig zur Sache geht es mit dem Reichmann ohnehin im Talschuss. Das Bike giert geradezu nach Speed. Der flache 63,5°-Lenkwinkel sorgt für Laufruhe pur. Das lange Heck sowie der üppige Reach passen perfekt dazu. Und der besagte Siebengelenker mit virtuellem Drehpunkt? Der zeigt auch dank EXT-Stahlfederdämpfer ein superfeines Ansprechverhalten und bietet im oberen Federweg genügend Gegenhalt für härteste Trailaction. Dass hier 195 mm bereitstehen, spürt man nur bei den ganz dicken Schlägen.


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Testfazit: Send it! Einzigartige Optik, fast unendliche Verstellmöglichkeiten sowie ein perfekt abgestimmtes Fahrwerk zeichnen das neue Senduro von Reichmann aus. Bergauf braucht es ob des sehr hohen Gewichts ordentlich Schmackes in den Beinen – oder man spart bei der Anschaffung gleich für das ein oder andere Liftticket.

Testurteil: Sehr gut

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