Highrise-Lenker im Test: Stilbruch mit Aha-Effekt

Highrise-Lenker im Experiment
Wie fühlt es sich an mit einem Highriser zu fahren?

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ArtikeldatumVeröffentlicht am 07.08.2025
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High Riser Josh Bryceland
Foto: Agron Beqiri

Unter den Redaktionskollegen gelte ich als trendfeindlich, habe jedoch nie einen Trend pauschal und ungetestet abgelehnt. Statt das tubeless, wireless E-MTB mit Monocockpit und innenverlegten Zügen zu feiern, bin ich lieber stressless unterwegs und bevorzuge praxistaugliche Lösungen, auch wenn sie vielleicht komisch aussehen. So wie die aktuell im Downhill-Sport für Aufsehen sorgenden Highriser, die jedem Bike im Handumdrehen eine fesche Bonanzarad-Note verleihen.

Wo kommt es her?Im Downhill-Weltcup sorgten Highriser Bars zuletzt für Furore und Diskussionen.
Riser Bars fürs MTB gibt es bereits seit den 90ern, moderne Geometrien haben sie aber eigentlich überflüssig gemacht. Stars wie Dakotah Norton und Josh Bryceland sind trotzdem "high" unterwegs. Viele
Bielsko Biala Mountainbike Worldcup
Getty Images Europe

Bonanzarad-Vibes und ein bisschen Nostalgie

Da werde ich als Kind der 70er prompt sentimental und wünsche mir Doppelbrücke, Zierfedern, Konsolenschaltung und Sitzbank herbei. Protaper A76, ein extremes Teil mit 76 mm Rise und 80 cm Breite, thront jetzt auf meinem Gabelschaft und soll laut Mechaniker Jens schlechte Aerodynamik, zu wenig Druck auf dem Vorderrad, Schwerpunkt zu weit hinten-oben und ein unausgewogenes Fahrverhalten erzeugen. Er betont aber, das Experiment noch nicht gewagt zu haben.

Christian Zimek
Redakteur

Erster Eindruck: Affenarme und Abenteuer

Ich denke mir: rein theoretisch macht ein sieben Zentimeter höherer Lenker mit meinem Oberkörper und Schwerpunkt doch nichts anderes, als wenn ich sieben Zentimeter längere Arme hätte. Und die erste Testrunde fühlt sich auch sonderbar affenarmig an: Der Trail ist weit weg, das Lenkverhalten seltsam schlenkernd-unbekümmert, ich vergesse, mich auf die Linie zu konzentrieren, weil ich mich supersicher und als "Herr der Lage" fühle, bremse Kurven zu spät an und muss mich folglich mehrfach fluchend aus dem Gebüsch befreien.

Generell bin ich kein Gewohnheitstier, gewöhne mich schnell an Neues, und schon im zweiten Anlauf zeigt sich ein komplett anderes Bild: Das Ding macht bergab verdammt schnell, die Linienwahl passt perfekt, die Arme sind insgesamt stärker gebeugt, wodurch ich agiler und ohne Überschlaggefühle übers Vorderrad fahren kann.

High Riser Josh Bryceland
Agron Beqiri

Schnell vertraut: Der Aha-Moment

Unausgewogen? Für mich fühlt es sich einfach nur sicher, komfortabel und schnell an. Okay, bergauf muss ich die Arme ebenfalls mehr beugen, um Druck aufs Vorderrad zu kriegen, aber dabei bleibt der Rücken schön entspannt, ohne erzwungene Überstreckung oder Katzenbuckel. Und auf Straßen bergab muss ich mich für mehr Speed mehr ducken, aber da hat ein Mountainbike auch nichts verloren. Die hundert Gramm Mehrgewicht zum Vorgängerlenker nehme ich gern in Kauf.

Nur eins passt nicht: Durch die stärker angewinkelten Arme knicken die Handgelenke bei 80 cm Breite ab. Ich argumentiere mit der Säge und einige mich mit Händen und Lenker auf einen Kompromiss von 77 Zentimetern.

Barends: Eine vergessene Ergonomie-Lösung?

Barends, auch bekannt als Lenkerhörnchen, waren ein praktisches Feature für Radfahrer. Sie boten viele Griffpositionen und verbesserten so den Komfort und die Ergonomie, insbesondere bei langen Fahrten. Doch warum sind sie heute fast verschwunden? Wir haben Ergonomie-Experte Dr. Kim Tofaute gefragt, warum Barends einst beliebt und heute so selten sind.