Er ist der unangefochtene Rekordchampion, der Superstar. Nino Schurter: Zehnfacher Weltmeiter. 36 Weltcupsiege. Dekoriert mit olympischen Gold in Rio. Er gehört zu den Größen des XC-Sports. Nun hat der Schweizer verkündet, sein Bike an den Nagel zu hängen:
Nach dem großen Heimweltcup in Lenzerheide soll Ende September Schluss mit dem XC-Sport auf der höchsten Bühne, dem Weltcup, sein. Selbst die Übersee-Rennen in den USA und Kanada wird der Altmeister nicht mehr bestreiten.
Aber Entwarnung für alle Bike-Fans: Schurter wird wohl weiterhin bei Etappenrennen wie dem Cape Epic und bei Gravelraces an den Start gehen.
Wir blicken zurück auf eine außergewöhnliche Karriere von N1NO, den Menschen und sein Einfluss auf Material und Sport.

Nino Schurter kann auf eine einzigartige Karriere zurückblicken.
Wir beleuchten fünf Punkte, die du von Nino womöglich noch nicht wusstest:
Materialversessen!
Auch beim Thema Material prägte Nino die MTB-Szene mit, wie niemals ein XC-Biker zuvor. Noch lange bevor die verschiedenen Laufradgrößen ein großes Thema wurden, setzte der Schweizer auf Spezialreifen: Um möglichst niedrige Luftdrücke fahren zu können, setzte er auf Tubular-Modelle, die direkt auf die Felge geklebt werden, so wie man es etwa vom Cyclocross kennt.
Dann, in den frühen 2010er-Jahren, begannen 29er durch ihren Vormarsch über viele Kategorien auch den XC-Sport zu revolutionieren. Um gegen seinen langjährigen Konkurrenten Jaroslav Kulhavy speziell im technischen Geläuf passende Antworten zu haben, setzte Nino auf eine Zwischengröße: Statt wie Jaro 29 Zoll nutzte Nino 27,5-Zoll messende Laufräder – und erschuf so quasi den großen Hype um die "Mid-Size"-Größe. Dann dennoch der Wechsel: Seine großen Triumphe fuhr das Schweizer Ausnahmetalent auf den großen 29-Zoll-Laufrädern ein.
Experimentierfreudig gab er sich auch an der Schaltung: Als Mitglied der "Generation Umwerfer” war er bei der Entwicklung moderner 1×11 und 1×12 Antriebe für seinen Sponsor SRAM stets involviert. Als die US-Amerikaner mit deutscher Entwicklung dann mit einer elektronischen Funkschaltung durchstarteten, war Nino der erste Athlet, der das System im Wettkampf einsetzen durfte – wenn auch nicht ganz ohne Vorkommnisse. Im Short Track Rennen im deutschen Albstadt versagte die Schaltung, Schurter musste das Rennen aufgeben.
Auch dem Fullsuspension-Bike verhalf er zum Durchbruch: Mit seinen mutigen Bergabskills brachte er das Material auf den fordernden XC-Tracks ans Limit und darüber hinaus. Für seinen Sponsor Scott ist und war er stets eng in die Bike-Entwicklung eingebunden, sodass sich das Racefully-Spark immer mehr zu einem "Mini-Enduro” wandelte. Auch im Federweg legte es beachtlich auf nunmehr 120 mm zu.

Im Wettkampf war Schurter stets gnadenlos zu seinen sportlichen Gegnern.
Im Wettkampf gnadenlos
Dass Nino eine Klasse für sich ist, musste auch so mancher Teampartner beim knallharten Cape Epic in Südafrika erleben. Mathias Stirnemann und Lars Forster hatten sichtlich zu kämpfen, um das Hinterrad ihres Eidgenossen zu halten. Ihr Saisonverlauf danach? Sichtlich gezeichnet von der einen harten Woche in der Wildnis. Im harten Wettkampfeifer wurde aus Gentle-Nino auch gerne mal ein knallharter Konkurrent: 2019 warf ihm Cannondale Biker Henrique Avancini vor, im Rennen Konkurrenten zu beleidigen. "Es wäre gut, wenn wir Mirkofone an den Bikes hätten – dann würden die Leute wissen, wer Nino wirklich ist". Später entschuldigte sich der Brasilianer. Ein anderes Mal kam es zum Disput mit Mathias Flückiger, als dieser durch eine – aus Ninos Sicht unsaubere Aktion – im Zauberwald auf der Lenzerheide 2002 furios überholte und ihn so um den Sieg beim prestigeträchtigen Heimweltcup brachte. "Bist du noch ganz normal?" rief Nino Flückiger deutlich hörbar entgegen, weil dieser ihn an einer "ungmöglichen" Stelle zu überholen versucht und dabei "abgeräumt" hatte. Ein Streit, der auch die Boulevard-Gazetten der Schweiz über Wochen beschäftigte.
Treue Seele
Seit 2003 ist Nino bei seinem langjährigen Weggefährten und Altmeister Thomas Frischknecht unter Vertrag. Ganz nach dem Motto "Never change a winning Team”.
Privat ist Schurter übrigens mit der Dänin Malene Degn liiert, die im letzten Jahr ihre aktive Weltcup-Karriere beendete.
In den Bergen zuhause
Folgt man Nino auf Instagram, sieht man ihn fast ausschließlich beim Bergsport: Ob Alpin-Ski, Skitouren oder Trailrunning. Nino ist aktiv. Auch auf dem Rennrad schruppt er so manchen Kilometer im Training runter, einst versuchte er sich sogar im Straßensport-Zirkus, indem er kurzerhand bei der Tour de Suisse an den Start ging.

Im September endet seine einzigartige Sportkarriere. Vielen Dank für die jahrelange beste Sportunterhaltung.
Nino the Pilot
Wenn Nino Schurter abgehoben ist, dann nur in einem Zusammenhang: Der hubschrauberbegeisterte Schurter hat einen Flugschein und darf Helikopter selbst fliegen. Auf dem Instagram-Account "Nino the Pilot” sieht man in verschiedenen Teilen der Welt seiner Leidenschaft nachgehen.