Jan Frodeno im Interview

Jan Frodeno im Interview
Ruhestand, aber ohne Ruhe bitte

ArtikeldatumZuletzt aktualisiert am 19.09.2025
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Jan Frodeno mit HUAWEI GT 6 Pro
Foto: Huawei
Jan, du hast vor zwei Jahren deine aktive Karriere als Profi-Triathlet beendet. Wenn dich jetzt jemand fragt, wer du bist – was antwortest du?

Das ist lustig, weil ich zwei Wochen nach meinem Rücktritt in die USA geflogen bin und da hat mich der Zollbeamte gefragt, wer ich denn bin und was ich mache. Ich bin gerade selbst dabei, das für mich zu beantworten, meine Rolle und meinen Platz zu finden. Ich bleibe definitiv Sportler und werde das auch immer sein. Ich liebe den Sport und habe das auch für mich als eine Sucht identifiziert. Daher bin ich jetzt einfach dankbar, dass ich ein bisschen mehr Risiko eingehen, mehr experimentieren und noch mehr Neugier zeigen darf gegenüber anderen Sportarten. Keine ewige Perfektionssuche mehr. Und ansonsten macht mir das Unternehmerische im Sportbereich auch sehr viel Freude und nimmt viel Zeit in Anspruch – ganz abgesehen von meiner privaten Rolle als Vater natürlich.

Du sagst Sucht. Warum machst du Sport – und warum kannst du nicht ohne?

Ich suche mir jetzt bewusst Sportarten, die weniger messbar sind und wo ich auch schnell große Fortschritte erzielen kann, wie zum Beispiel beim Mountainbiken. Sportarten, die ich während meiner Karriere vielleicht zwei Wochen im Jahr ein bisschen vorsichtig ausprobiert habe, kann ich jetzt voll auskosten. Einfach weil der Risikofaktor nicht mehr ganz so wichtig ist und ich mich ausprobieren kann. Für mich ist Sport nicht der Vergleich oder dieses Steckenbleiben in alter Zeit, sondern eher, dass ich weiß: Bewegung ist ein großer Teil von mir. Da spielt sich hormonell und energetisch etwas in meinem Körper ab, was für mich nicht wegzudenken ist – damit ich als Mensch halbwegs funktioniere, ausgeglichen bin und auch meinen Mitmenschen gegenüber ein besserer Jan bin. Sucht sage ich deshalb, weil ich merke: Wenn ich es auslasse, komme ich sehr schnell aus dem Gleichgewicht. Ich muss täglich noch etwas machen, auch wenn es mal nur eine halbe Stunde Sport ist.

Es gibt große Unterschiede zwischen Triathlon und Mountainbiken, aber auch Gemeinsamkeiten. Was überschneidet sich, was hast du aus deiner aktiven Zeit mitgenommen?

Naja, beim Triathlon fährt man natürlich auch Rad [lacht], aber zwischen Triathlon-Bike und 200 mm Federweg liegt ein weiter Weg. Für mich ist es die Liebe für Geschwindigkeit, auch für eine gewisse Perfektion. Sogar am eigenen Hausberg: Da suche ich eine perfekte Linie und weiß, dass mein Bremspunkt immer später wird. Natürlich ist es aber auch meine Begeisterung für Technik, diese Affinität kann ich auch bei MTBs ausleben: elektronische Fahrwerke, Reifendruck und -profile. Diese Unterschiede finde ich wirklich faszinierend. Aber auch die Fahrtechnik gehört für mich dazu, weil man große Schritte macht, wenn man sich da reinfuchst.

Was hat dir am meisten geholfen – hast du einen Tipp für Einsteiger*innen?

Am Anfang dachte ich: Ein Maximum an Federweg kompensiert ein Minimum an Können (lacht). Irgendwann habe ich dann verstanden, dass die Dämpfung dafür da ist, die Räder am Boden zu halten – und nicht, um jeden Schlag wegzunehmen. Und dass die Fahrposition essenziell ist. Die Ellbogen und Kniegelenke sind eigentlich der Federweg deines Körpers. Als ich meine Fahrweise daran angepasst habe, kam ich auch mit 120 mm Federweg deutlich besser parat – weiter, als ich je gedacht hätte. Selbst bei großen Sprüngen geht es deutlich smoother zu, wenn man seinen ganzen Körper benutzt und nicht nur darauf vertraut, dass das Rad alles für einen macht.

Du warst 2011 mal 12. bei der Cross-Triathlon-WM auf Maui. Bist du während deiner Karriere öfter auf dem MTB unterwegs gewesen?

Mountainbiken war während der aktiven Zeit nie ein wirklicher Teil des Trainings. Ich kenne mich einfach gut. Ich weiß: Wenn ich damit einmal anfange und es mag, bleibe ich da hängen. Die sechste oder siebte Grundlagen-Radausfahrt in der Woche macht auch nicht mehr so viel Spaß. Singletrails zu suchen und dort die Intensitäten zu fahren, wäre schon geiler gewesen. Aber ich war immer zielorientiert und wusste: Da spiele ich wegen meines persönlichen Suchtpotenzials mit dem Feuer. Spaß an etwas zu finden, während es nicht zur sportlichen Zielsetzung passt – die perfekte Vorbereitung auf Olympia oder Hawaii –, ist kontraproduktiv. Das Verletzungsrisiko ist das eine, die körperliche Anpassung in der Oberkörpermuskulatur das andere. Es war nicht kompatibel, also habe ich es strikt gemieden.

Du hast deine Sportbegeisterung selbst bremsen müssen?

Ganz genau so ist es. Das war schon eine sehr fokussierte Phase bei mir, weil ich relativ bald gecheckt habe: Okay, so viele Chancen hast du nicht. Und ich bin dann auch ein Mensch, der sich dem hundertprozentig widmen möchte – auch wenn es ein schwieriger Spagat ist.

Und zu deiner aktiven Zeit hattest du ja ohnehin schon drei Disziplinen zu trainieren … betreibst du aktuell noch alle drei?

Die ersten 18 Monate im Ruhestand saß ich fast nur auf dem Rad, weil sich mein Körper auch von fast 25 Jahren Profisport erholen musste. Ich brauche es nicht mehr, diesen Schmerz zu übersteigen. Der ewige Zwang ist nicht mehr da. Aber seit kurzem haben sich meine kleinen körperlichen Baustellen an Schulter, Knie und Achillessehne auch gelöst, sodass ich wieder ein bisschen schmerzfrei laufen kann. Ich komme gerade aus dem Sommerurlaub – und im Mittelmeer schwimmt es sich halt auch deutlich schöner als im 25-Meter-Pool. Wobei ich wiederum kein regelmäßiges Schwimmtraining mache.

Du lebst in Andorra. Warst du auch mal in Pal Arinsal beim XC-Weltcup? Ist das nah von daheim?

Ja, ich schaue gerade sogar drauf. Die Trails rund um Pal Arinsal sind meine Hometrails, wobei es hier kaum mehr XC-Strecken gibt. Es ist alles auf Bikepark ausgerichtet, weil es sehr steil ist und im Winter eben Skipisten sind. Und leider ist die Kultur hier nicht so, dass man auch Uphill-Trails baut. Hier gibt’s nur Downhill-Trails. Was ein bisschen schade ist, weil mir so ein Bikepark-Tag zwar Bock macht, aber sportlich nicht ausreichend ist. Auch wenn es sauanstrengend ist, die Trails runterzufahren, sitze ich den halben Tag nur im Lift. Nach acht Minuten Abfahrt bin ich fix und fertig. Aber daran reizt mich mehr der Adrenalinkick und die große Überwindung, einen Sprung zum ersten Mal zu fahren. Das ist mental extrem herausfordernd und befriedigend, wenn es dann klappt. Aber sportlich ist es schon so, dass ich lieber noch hochfahren würde, um mir die Abfahrt zu verdienen.

Fährst du dann nur Biobike – oder sitzt du auch mal auf dem E-MTB?

Auch E-MTB, absolut. Ich muss ehrlich sagen: Ich liebe E-Bikes. Das hätte ich selbst vorher auch nie gedacht. Das Coole ist einfach, dass ich mit dem E-Bike direkt hier ins Skigebiet hochfahren kann, auch wenn das gleich mal 1000 Höhenmeter sind. Feierabend-Touren, die ich mit dem E-MTB in unter zwei Stunden schaffe, dauern mit einem Cross-Country-Bike locker drei Stunden. Ich kann so auch mit meinem Sohn, der dann das E-MTB meiner Frau nimmt, richtig schön unsere Gegend erkunden. Und deswegen bin ich persönlich ein großer Fan – auch wenn sich die Endurance-Community natürlich immer gleich beschwert ...

War das auch so, als es vor ein, zwei Jahren die ersten Videos vom mountainbikenden Frodeno gab?

Natürlich wird das irgendwie belächelt. Und sind wir mal ehrlich: Zu Beginn war das ja auch belächelbar. Aber das ist Teil des Ganzen. Ich habe beim Biken nicht den Anspruch an Perfektion. Trotzdem kann ich mit meinem Kumpel Greg Minnaar [Ex-Downhill-Profi & 4-facher Weltmeister] fahren gehen – wir kommen zwar nicht gleichzeitig unten an, und doch wissen wir beide, wo wir uns dann auf unser Feierabendbierchen treffen. Und das ist auch völlig cool so. Es macht mir Spaß – und dann möchte ich das natürlich auch teilen, egal was die anderen sagen oder denken. Ich habe sogar eher bewusst nach den konstruktiven Kommentaren gesucht, um Tipps zur Fahrtechnik zu bekommen und das beim nächsten Mal umzusetzen. Und das Gute an unserer Sport-Community ist, dass es eigentlich immer gut gemeint ist. Es wird sich eher unterstützt, als dass man sich fertig macht.

Welche Art von Trail macht dir am meisten Spaß?

Hier in Pal Arinsal gibt es einen Flow-Trail, der die perfekte Mischung hat: Drops, Gaps, schnelle Passagen und schöne Kurven. Am Anfang war das super, aber inzwischen merke ich, dass es fast zu gebaut ist – am Ende geht es dort vor allem um die richtige Geschwindigkeit, weniger um Fahrtechnik. Deshalb machen mir mittlerweile auch wurzelige, steinige Trails Spaß, weil ich dort wirklich Fortschritte merke. Das gibt mir ein besseres Gefühl für Linienwahl und macht das Fahren spannender. Einfach nur langsam runterrollen ist nicht mein Ding – ich liebe es, wenn ich jedes Mal etwas Neues dazulerne.

Wie zeichnest du deine Rides auf? Immer mit Radcomputer oder eher Sportuhr?

Bei Ausdauereinheiten habe ich immer eine Form von Computer dabei. Neuerdings immer eine Smartwatch. Aber im Park brauche ich jetzt keinen Radcomputer am Lenker, obwohl ich es schon mag, ein paar meiner Daten vor mir zu haben – zum Beispiel den Drei-Sekunden-Watt-Schnitt. Ganz abgeben kann ich meinen Daten-Fanatismus noch nicht. Die Sportuhr ist für mich aber vor allem ein Alltagstracker, mehr als nur für den Sport und dadurch superwertvoll. Standardfunktionen wie Bewegungsanalyse helfen mir als Motivationsstütze: War ich heute ausreichend unterwegs? Die spielerischen Features nutze ich hin und wieder, vor allem die Schlafaufzeichnung.

Welche Erfahrung hast du spezifisch mit den Smartwatches von Huawei gemacht?

Es sind super Sportuhren, die sämtliche Funktionen abdecken, dazu toll und sportlich ausschauen und als Sportuhr halt einfach funktionell sehr gut sind. Ich mag die Optik und lasse sie auch guten Gewissens im Alltag an. Und das zu einem deutlich besseren Preispunkt als viele Konkurrenten.

Bist du jemand, der seine Uhr permanent trägt – auch nachts?

Ja, absolut. Ich habe einmal angefangen zu tracken und jetzt hat das für mich schon eine hohe Relevanz. Da richte ich sogar manchmal mein Training nach aus. Sieben Stunden Schlaf sind meine Schmerzgrenze. Wenn ich weniger geschlafen habe, lasse ich mental fordernde Sessions auf fahrtechnischen Tracks eher aus. Das sind bei mir ausnahmslos die Tage, an denen ich mir dann irgendwie den Knöchel überdehne oder mir ein Fahrlässigkeitsfehler im Park unterläuft. Supercool finde ich bei der Huawei-Uhr aber auch die Funktion der FTP-Bestimmung. Das ist vor allem für Hobby-Sportlerinnen eine große Motivation, die Trainingsbereiche nochmal besser bestimmen zu können. Wenn du sonst als Alltagssportlerin rausgehst, ist ja oftmals das Problem, dass du entweder viel zu hart oder viel zu locker trainierst.

Hast du die Funktion selbst auch schon genutzt?

Ich habe über 23 Jahre meine FTP professionell ermittelt und weiß genau, wie mein Körper funktioniert und bei welchem Puls oder Wattbereich er wie reagiert. Aber da muss ich ganz ehrlich sagen: Der Wert hat relativ genau übereingestimmt. Also ich habe es einmal beim Shooting der neuen Huawei GT6 Pro probiert – in der Mittagspause bin ich einfach mal 20 Minuten den Berg Vollgas hochgefahren. Die von der Uhr errechnete Zahl hatte vielleicht maximal 10 Watt Unterschied zum tatsächlichen Wert. Das hat echt gut funktioniert: Ich liege bei etwa 350 Watt, und die Uhr zeigte 360 W an.

Gibt’s noch eine andere Sportart, die dich komplett catcht – wo du nicht selbst angreifen, aber mal zuschauen willst?

Ich liebe grundsätzlich Hochleistungssport. Letztes Jahr war ich bei Olympia in Paris und habe es total genossen, mir zig verschiedene Sachen anzuschauen, das macht mir unheimlich viel Spaß. Ich schaue liebend gern Basketball, würde aber auch zu einem Surf-Contest gehen – Hauptsache, es geht zur Sache! Außer beim Fußball, da bin ich nicht so tief drin. Andorra ist auch ein Eldorado für Rallyefahrer:innen, Radsportler:innen oder Trailläufer:innen. Lauter Sportarten, wo ich sage: Wir haben alle auf eine ganz bestimmte Art und Weise unsere Meise und das große Glück, unseren Lebenstraum ausleben zu können. Das weiß ich sehr zu schätzen und schaue es mir auch gerne an. Ich versuche, möglichst viel mitzunehmen, weil es nicht nur für mich, sondern auch für meine Kinder relevant ist. Ich will nicht unbedingt, dass sie Profisportler:innen werden – das müssen sie schon selber wollen. Aber als Teil des Lebens halte ich Sport für extrem wertvoll. Sie sollen sehen, wie facettenreich Sport ist.

Du wirst von allen immer Frodo genannt – ob du willst oder nicht. Nervt es dich oder findest du das gut?

Die Herkunft des Spitznamens ist eigentlich superlustig. Damals, 2002, in meinem allerersten Trainingslager auf Lanzarote war es Daniel Unger, der mich so genannt hat. Der sagte: "Hey Junge, du bist so besessen von Olympia!" Dieser olympische Gedanke hatte mich wirklich gepackt. Daher kam dann mein passender Spitzname in Bezug zu Herr der Ringe und Frodo. Das ist ein Teil von mir und meiner olympischen Geschichte. In dieser Phase war das mein großer Traum, sodass es mich nie gestört hat – und wenn ich ehrlich bin, denke ich selten darüber nach.

Du gehst nicht den typischen Nachkarriereweg als Trainer, Funktionär oder Angestellter bei einem Ex-Sponsor, sondern bist selbst Unternehmer und Gesellschafter. Das begann schon während deiner Karriere – wie kam es dazu?

Ich hatte relativ früh das große Glück, mit meiner eigenen Bekleidungsmarke Ryzon sowas überhaupt erst einmal zu entdecken. Es gab zwischendurch eine Phase, wo sich solche Sachen immer wieder aufgetan haben – und ich die Chance dann auch oft ergriffen habe. Nicht alle dieser Wetten, die ich unternehmerisch eingegangen bin, haben funktioniert. Bei Ryzon läuft es aktuell sehr gut, aber wir hatten auch krasse Höhen und Tiefen. Ich glaube, es war eher die Neugier, die ich dort ausleben konnte, die ich zum Beispiel beim Mountainbiken lange nicht ausleben konnte. Aufgrund meiner finanziellen Sicherheit, die ich mir während meiner Karriere aufgebaut habe, kann ich solche Wetten eingehen – und mir ist bewusst, dass das ein großes Privileg und Luxus ist, an solchen Projekten mitwirken zu dürfen. Das habe ich schon während der Karriere genossen. Einerseits fordert es mich intellektuell, andererseits bringt es mich persönlich weiter. Und es kann natürlich auch einen überproportionalen Wert erzeugen.

Eine Fangfrage zum Schluss: Wenn du den Rest deines Lebens nur noch mit einem Rad verbringen dürftest – für welche Kategorie würdest du dich entscheiden?

Das ist echt schwierig, weil es auch sehr ortsabhängig ist. Hier im Umland macht Straßenradfahren echt Spaß, weil jede*r anderthalb Meter Platz lässt und es auch kontrolliert wird. Sonst wo ist das nicht so, und dann ist es halt nicht so geil. Insofern würde ich mich wahrscheinlich doch für ne Option entscheiden, die auch Offroad funktioniert. Wie Gravel oder auch CC-Bike. Damit komme ich überall durch und kann fast alles abdecken. Wenn du die Reifen gut aufpumpst, fährst du damit sogar auf der Straße flott.

Perfekt! Damit können wir als MOUNTAINBIKE gut leben: Jan Frodeno ist inzwischen hin und wieder ein echter Mountainbiker. Danke dir – und alles Gute!